Xherdan Shaqiri, Aleksandar Mitrovic und Filip Kostic
APA/AFP/Ozan Kose
FIFA WM 2022

Brisantes Duell um letzten Aufstiegsplatz

Zum Abschluss der WM-Vorrunde wird am Freitag (20.00 Uhr, live in ORF1) in der Gruppe G noch der zweite Aufsteiger neben Brasilien gesucht. Die beste Ausgangsposition haben die Schweizer, die sich mit einem Sieg gegen Serbien alle Blicke auf das Parallelspiel zwischen Brasilien und Kamerun ersparen würden. Die Partie ist ein politisch aufgeladenes Deja-vu des WM-Duells vor vier Jahren, als Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri ihre Tore mit einer proalbanischen Geste feierten.

Es sei ein Spiel wie jedes andere auch, „eines wie jenes gegen Kamerun und jenes gegen Brasilien“, betonte Xhaka. Was aber freilich nicht stimmt. 2018 in Kaliningrad hatten die beiden Spieler beim Torjubel mit ihren Händen den Doppeladler geformt, also jenes Symbol, das die albanische Flagge ziert. Gegenüber Serbien, das die Abspaltung des mehrheitlich von ethnisch albanischer Bevölkerung bewohnten Kosovo bis heute nicht anerkennt, war das ein eindeutiger Affront.

Für die beiden selbst nur der emotionale Auswuchs von vernarbten Familiengeschichten: Xhakas Vater war drei Jahre in serbischer Gefangenschaft, wurde gefoltert. Häuser von Verwandten wurden niedergebrannt. Die Empörung danach war groß und brachte die Schweizer aus ihrem WM-Flow. Die FIFA verhängte nach dem 2:1-Sieg der Schweizer Geldstrafen gegen Xhaka und Shaqiri.

Serbien gegen Schweiz im Aufstiegsduell

In der Gruppe G kämpfen am Freitag Serbien und die Schweiz im direkten Duell um den Aufstieg in die K.-o.-Phase. Nach zwei Runden stehen die Schweizer auf Tabellenplatz zwei und gehen mit einem Vorteil in das direkte Duell.

Maulkorb für Xhaka und Shaqiri

Bei der laufenden WM hat der Weltverband bereits gegen Serbien eine Untersuchung eingeleitet, weil in einer Umkleidekabine eine Fahne mit den Umrissen des Kosovo unter den serbischen Nationalfarben zu sehen gewesen sein soll. Der Gedanke, dass das Match im Stadium 974 in Doha nicht vor einem politischen Hintergrund über die Bühne gehen wird, kann somit getrost verworfen werden. Auch wenn Xhaka sagte: „Wir sind professionell genug, um uns aufs Fußballspielen zu konzentrieren.“

Freitag, 20.00 Uhr, live in ORF1

Serbien – Schweiz

Doha, Stadium 974, SR Rapallini (ARG)

Mögliche Aufstellungen:

Serbien: V. Milinkovic-Savic – Milenkovic, Veljkovic, Pavlovic – Zivkovic, Maksimovic, Kostic – Tadic, S. Milinkovic-Savic – Vlahovic, A. Mitrovic

Schweiz:: Sommer – Widmer, Elvedi, Akanji, Rodriguez – Freuler, Xhaka – Shaqiri, Sow, Vargas – Embolo

Der Kapitän und auch der gegen Kamerun wegen leichten Oberschenkelproblemen fehlende Shaqiri werden am Freitag mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit spielen – was dem Dacapo noch mehr Brisanz verleiht. Allerdings wurden die beiden bewusst in den vergangenen Tagen fast komplett von den Medien abgeschirmt. Sie werden auch dann keine Interviews geben, wenn sie gemäß FIFA-Satzung reden müssten, also unmittelbar nach dem Match am Freitag in der Mixed Zone. Die Strafe, die dadurch droht, nehme man in Kauf, hieß es vom Schweizer Verband (SFV).

Schweiz mit besseren Karten

Sportlich hat die Schweiz, die mit drei Punkten Gruppenzweiter ist, die bessere Ausgangslage: Bei einem Sieg ist man sowieso weiter, holt die „Nati“ zum Abschluss der Gruppenphase ein Remis, dürfte gleichzeitig Kamerun nicht gegen Brasilien gewinnen. Damit es Serbien als eigenständiges Land in den heutigen Grenzen erstmals in die K.-o.-Phase schafft, muss schon etwas mehr passieren.

Denn selbst ein Sieg über die Eidgenossen könnte am Ende nicht reichen. Kamerun müsste entweder gegen Brasilien verlieren oder zwar gewinnen, aber seine Tordifferenz relativ zu Serbien verschlechtern. Derzeit liegt das afrikanische Land genau um ein Gegentor weniger vorne. Für die Truppe von Trainer Dragan Stojkovic, die bisher einen Punkt geholt hat, wäre daher ein hoher Sieg gegen die Schweiz zweckdienlich. Das direkte Duell gegen Kamerun endete 3:3, würde also in keinem Szenario eine Rolle spielen. 2010 in Südafrika und 2018 in Russland war für Serbien schon nach der Vorrunde Schluss.

Freitag, 20.00 Uhr

Kamerun – Brasilien

Lusail, Lusail Stadium, SR Elfath (USA)

Mögliche Aufstellungen:

Kamerun: Epassy – Fai, Castelletto, Nkoulou, Nouhou – Anguissa, Kunde, Hongla – Aboubakar, Choupo-Moting, Toko Ekambi

Brasilien: Ederson – Dani Alves, Eder Militao, Bremer, Alex Telles – Bruno Guimaraes, Fabinho, Everton – Antony, Gabriel Jesus, Martinelli

Kamerun möchte Minichance nutzen

Im Parallelspiel benötigt Kamerun gegen die bereits fix qualifizierten Brasilianer einen Sieg und ein entsprechendes Ergebnis beim Duell Schweiz gegen Serbien, um noch Chancen aufs Weiterkommen zu haben. Trainer Rigobert Song glaubte, dass der etatmäßige Kapitän Vincent Aboubakar und Bayern-Stürmer Eric Maxim Choupo-Moting nicht zusammenspielen können. Nach 1:3-Rückstand gegen Serbien ließ er sie in seiner Not zusammen los – und es kam die Wende zum 3:3. Deshalb könnten die beiden nun doch von Beginn an zusammen stürmen. Und Aboubakar dürfte von Choupo-Moting die Spielführerbinde übernehmen.

Die Brasilianer haben das Achtelfinal-Ticket bereits sicher, Nationaltrainer Tite wird deshalb ordentlich rotieren und vermutlich seine komplette Startelf verändern, unter anderem kommen wohl Ersatztorwart Ederson und der 39-jährige Dani Alves rein. Auf den weiterhin verletzten Superstar Neymar muss die „Selecao“ ohnehin noch verzichten. Im Idealfall soll der Angreifer zum Start der K.-o.-Runde wieder fit sein. Eine Entscheidung soll allerdings erst im Anschluss an das abschließende WM-Vorrundenspiel fallen.

Dann soll auch geschaut werden, wann die ebenfalls verletzten Außenverteidiger Alex Sandro und Danilo wieder einsatzfähig sind. „Alle drei befinden sich in einem Prozess. Neymar und Alex Sandro im Schwimmbad, Danilo auf dem Platz. Nach dem Spiel gegen Kamerun werden wir den Fokus auf diese Entscheidung richten“, sagte Assistenztrainer Cleber Xavier am Donnerstag in Doha. Die „Selecao“ hofft darauf, dass alle drei im Achtelfinale in Katar wieder zur Verfügung stehen.