FIFA WM 2022

Argentinien beendet australischen Traum

Argentinien ist bei der WM-Endrunde in Katar ins Viertelfinale eingezogen. Die Mannschaft von Lionel Scaloni wurde am Samstag seiner Favoritenrolle im Ahmad Bin Ali Stadium in al-Rajjan gerecht und bezwang Australien mit 2:1 (1:0). In der Runde letzten acht trifft Argentinien am Freitag (20.00 Uhr, live in ORF1) auf die Niederlande.

Superstar Lionel Messi hatte die Argentinier der in der 35. Spielminute mit seinem ersten Tor in einer WM-K.-o-Runde in Führung gebracht, Julian Alvarez erhöhte nach einem schweren Patzer von Australiens Schlussmann Mathew Ryan auf 2:0 (57.), mehr als der Anschlusstreffer durch ein Eigentor von Enzo Fernandez (77.) war für Australien nicht drin.

Besonders im Fokus stand an diesem Abend Messi. Für den 35-Jährigen war es zugleich der dritte Treffer in Katar und der neunte insgesamt bei einer WM, womit er in der argentinischen Bestenliste endgültig Diego Maradona überflügelte, mit dem er in der Statistik bisher ex aequo als Zweiter geführt wurde. Rekordhalter bleibt Gabriel Batistuta mit zehn WM-Toren.

Alvarez erhöht auf 2:0

Nach einem Fehler von Tormann Mathew Ryan erhöhte Alvarez auf 2:0 (57.) für die Argentinier.

Favoritenrolle außer Zweifel

Über die Ausgangslage wurde im Vorfeld nicht diskutiert: Argentinien war als zweifacher Weltmeister Favorit, die Australier, gestärkt durch Siege gegen Tunesien und Dänemark in der Vorrunde, galten als gefährlicher Außenseiter. Auftrieb und Motivation dürfte die Niederlage der Argentinier gegen Saudi-Arabien gewesen sein. Nicht weniger als das erste WM-Viertelfinale in der Geschichte des australischen Fußballverbands stand im insgesamt zweiten WM-Achtelfinale für die „Socceroos“ auf dem Spiel.

Neues im Kader beider Teams: Bei Argentinien ersetzte Alejandro Gomez, der mit Kapitän Lionel Messi (1.000. Pflichtspiel) und Alvarez die Offensive bildete, Angel Di Maria (Muskelprobleme). Bei den Australiern bestritt Offensivmann Keanu Baccus sein erstes Länderspiel von Beginn an, dafür saß Craig Goodwin vorerst nur auf der Bank und drückte seinem Team die Daumen. Als Außenseiter galt die Devise: Wir haben nichts zu verlieren.

Keine Scheu vor großen Namen

Ebenso beherzt, mit Engagement und Härte gingen sie zur Sache, ohne Scheu vor den berühmten Namen. Argentinien versuchte, das Spiel an sich zu reißen, zu kontrollieren. In Erwartung nennenswerter Aktionen verflogen die ersten zehn Minuten, während Australien-Teamchef Graham Arnold seine Truppe wild gestikulierend motivierte. Defensiv passte vorerst alles, der australische Strafraum blieb für Messi und Co. Tabuzone. Wie lange, war die Frage bei 77:23 Prozent Ballbesitz für Argentinien.

Nach 21 Minuten gab es von Papu Gomez den ersten Schussversuch auf das australische Tor, für Argentinien und die Fans gestaltete sich die Partie erwartet zäh. Warm waren die Schlussmänner Emiliano Martinez und Ryan nicht geworden. Kampf war Trumpf, einen Schönheitspreis würde es an diesem Abend nicht zu gewinnen geben. Bei Eckbällen lag Australien nach 30 Minuten immerhin mit 2:0 voran, Preis gab es allerdings auch dafür keinen.

Tiefschlag für die Australier

Der Führungstreffer der Argentinier war sehenswert, wiewohl zu diesem Zeitpunkt unverhofft und schmeichelhaft: Die Chance nach präzisem Zuspiel von Nicolas Otamendi in den Strafraum ließ sich Messi aber nicht nehmen, mit links zog er unhaltbar für Ryan ins linke Eck ab. Der Bann schien gebrochen, das Kräfteverhältnis hergestellt. Die argentinischen Fans tanzten auf den Rängen und sangen, während sich auf dem Spielfeld in der Folge nicht mehr ereignete als vor Messis Tor.

Tor von Lionel Messi
AP/Petr David Josek
Mit der ersten Chance brachte Messi die Argentinier in Führung

Es lang an Australien, das Spiel zu machen. Was der Arnold-Truppe im Rückstand auch nach der Pause nicht gelingen sollte. Die Auftaktniederlage gegen die Saudis war für Argentinien längst abgehakt, vielleicht war sie sogar Motivation, wie die späten Siege gegen Polen und Mexiko zeigten. Gegen Australien knüpften sie mit Frontman an diese Erfolge an, freilich ohne vollauf zu überzeugen. Wobei die „Socceroos“ sich als unangenehmer Gegner erwiesen.

Entscheidung nach Tormannfehler

Viel Leidenschaft und Kampfgeist zeigten sie, den Argentiniern blieb kaum Platz für Kombinationen. Zu zwingenden Chancen auf den möglichen Ausgleich, worum es ging, kamen die Australier nicht. Dafür ermöglichte bzw. schenkte Goalie Ryan in Bedrängnis den Argentiniern den zweiten Treffer: Nach einem missglückten Dribbelversuch des Tormanns im eigenen Strafraum ließ sich Alvarez nicht zweimal bitten und platzierte den Ball ins leere Tor.

Die Moral der Australier war angeknackst, der Traum vom Viertelfinale damit wohl geplatzt. Argentinien war spät im Spiel angekommen. Immer mehr setzten sie die Australier unter Druck, von der anfänglichen Souveränität in der Defensive war nicht viel übrig. Unverhofft durften die Australier wieder hoffen: Einen Schuss des eingewechselten Goodwin lenkte Fernandez ins eigene Tor ab. Goalie Martinez stand auf verlorenem Posten. Kurz darauf vergab Aziz Behich sogar die Riesenchance auf den Ausgleich (81.).

Eigentor von Fernandez

Ein Schuss von Craig Goodwin wurde von Enzo Fernandez ins eigene Tor abgelenkt (77.)

Auf der Gegenseite vergaben bei in der Folge rollenden Angriffen Lautaro Martinez (89.) und Messi (88., 93., 95.). Die letzte Chance der Australier auf den Ausgleich durch den erst 18-jährigen Garang Kuol (97.) entschärfte im letzten Moment – einer überraschend spannenden Schlussphase – Martinez.

Stimmen zum Spiel

Lionel Scaloni (Argentinien-Trainer): „Es war ein schwieriges Spiel, sie haben uns ‚erstickend‘ unter Druck gesetzt. Es hat uns vor allem in der ersten Hälfte viel Kraft gekostet. In der Pause haben wir umgestellt. Ich denke, die Mannschaft hatte es nicht verdient, in den letzten Minuten so zu leiden. Wir hätten den Abstand vergrößern müssen. Das nächste Match wird ein sehr schönes Spiel zwischen zwei Traditionsteams. Es ist eine Ehre, gegen einen Trainer wie Louis van Gaal anzutreten.“

Lionel Messi (Argentinien-Kapitän): „Wir sind in Führung gegangen und haben das Spiel kontrolliert. Sie haben es uns am Ende schwer gemacht, aber das ist eine Weltmeisterschaft. Es war ein hartes Spiel, ein harter Tag, wir waren etwas müde. Ich habe heute erfahren, dass es das Spiel Nummer 1.000 war. Ich lebe den Moment, ich genieße es und bin froh, dass wir einen weiteren Schritt gemacht haben und im Viertelfinale sind.“

Graham Arnold (Australien-Coach): „Ich muss sehr stolz auf die Spieler sein. Wissen Sie, wir haben gegen die Nummer drei der Welt gespielt. Und das erste Tor von Messi war ein gutes Tor. Der Fehler dann hat uns gekostet. Ich hoffe nur, dass jeder in Australien unsere Leistung respektiert und stolz auf uns ist. Wir haben es ihnen gezeigt.“

FIFA WM 2022, Achtelfinale

Samstag:

Argentinien – Australien 2:1 (1:0)

Al-Rajjan, Ahmad Bin Ali Stadium, SR Marciniak (POL)

Torfolge:
1:0 (35.) Messi
2:0 (57.) Alvarez
2:1 (77.) Fernandez (Eigentor)

Argentinien: E. Martinez – Molina (80./Montiel), Romero, Otamendi, Acuna (72./Tagliafico) – De Paul, Fernandez, Mac Allister (80./Palacios) – Gomez (50./L. Martinez), Messi, Alvarez (71./La. Martinez)

Australien: Ryan – Degenek (72./Karacic), Souttar, Rowles, Behich – Leckie (72./Kuol), Mooy, Irvine, Baccus (58./Hrustic) – Duke (72./MacLaren), McGree (58./Goodwin)

Gelbe Karten: keine bzw. Irvine, Degenek

Die Besten: De Paul, Messi bzw. Irvine, Behich