Kylian Mbappe
Reuters/Dylan Martinez
FIFA WM 2022

England hat keine Angst vor Mbappe

Titelverteidiger Frankreich oder England: Ein Topteam des bisherigen Turnierverlaufes muss am Samstag (20.00 Uhr, live in ORF1) den Traum vom WM-Triumph in Katar begraben. Die Franzosen nehmen den mit Spannung erwarteten Viertelfinal-Schlager im Al Bayt Stadium von al-Chaur als leichter Favorit in Angriff, vor allem auch dank Kylian Mbappe. Dieser ist auf dem besten Weg, die WM-Torjägerkrone zu holen. Die „Three Lions“ sehen sich für den Ansturm von „Les Bleus“ und Mbappe aber gerüstet.

„Das sind zwei sehr starke Teams. Das führt zu großartigen Spielen. England gegen Frankreich ist immer speziell“, betonte der französische Tormann Hugo Lloris, für den die Partie als Tottenham-Spieler noch zusätzliche Brisanz birgt. Zum 32. Mal treffen die beiden Teams aufeinander, auf WM-Ebene gibt es allerdings keine große Geschichte. Die bisher einzigen beiden Duelle konnte England für sich entscheiden, diese liegen allerdings mit 1966 (2:0, in der Gruppenphase auf dem Weg zum einzigen Titel) und 1982 (3:1) schon sehr lange zurück.

Die Hauptprotagonisten von heute waren damals noch nicht einmal auf der Welt. Aufseiten der Franzosen ist das ganz klar Mbappe, der schon beim WM-Titel 2018 eine wichtige Rolle spielte und nun sein Ausnahmekönner-Standing mit bisher fünf Toren untermauerte. Sein Tempo, seine Wucht samt exzellenter Technik und Schusskraft stellen die gegnerischen Abwehrreihen oftmals vor ein unlösbares Problem.

Frankreich geht als Favorit ins Viertelfinale

Obwohl England bis dato die meisten Tore dieser WM erzielt hat, gilt der amtierende Weltmeister Frankreich als Favorit im Duell gegen die „Three Lions“. Das letzte WM-Spiel zwischen Frankreich und England liegt bereits vierzig Jahre zurück.

Frankreich ist nicht nur Mbappe

„Wir haben auch andere gefährliche Spieler. Das hilft uns, dass wir nicht zu abhängig sind. Aber Kylian ist Kylian – und das wird immer so sein. Er kann den Unterschied ausmachen. Im letzten Spiel hat er nicht seine Topform gezeigt und war trotzdem entscheidend“, sagte Frankreichs Teamchef Didier Deschamps. Da hatte der 23-jährige Stürmer beim 3:1 im Achtelfinale gegen Polen doppelt getroffen.

Die Engländer sind jedenfalls gewarnt, darunter auch Kyle Walker, der es als Außenverteidiger schon einige Male auf dem Feld mit Mbappe zu tun bekam und nun neuerlich vor dieser großen Aufgabe steht. „Ich werde ihm nicht den roten Teppich ausrollen. Ich weiß, was ich zu tun habe, und das ist, ihn zu stoppen. Das ist einfacher gesagt als getan, aber ich habe schon gegen viele großartige Spieler gespielt“, verlautete der 32-jährige Manchester-City-Verteidiger.

Kyle Walker
Reuters/Marko Djurica
Kyle Walker sieht sich für das Duell mit Kylian Mbappe gerüstet

Zudem sei es wichtig, das Thema nicht zu hoch zu hängen. „Mbappe ist aktuell einer der besten Spieler der Welt, wenn nicht der Beste. Das Spiel ist aber nicht England gegen Mbappe, sondern England gegen Frankreich“, betonte Walker.

Auch Kane ein möglicher Unterschied

Aufseiten der Engländer sind sehr viele Blicke auf Harry Kane gerichtet, der aber beim 3:0 gegen Senegal erst sein erstes Tor – bei drei Assists – im laufenden Turnier erzielte. Bei Tottenham spielt der WM-Schützenkönig von 2018, der mit einem weiteren Treffer mit Englands Rekordhalter Wayne Rooney (52 Tore) gleichziehen würde, mit Lloris zusammen. „Er ist ein echter Leader und ein Vorbild. Er macht den Unterschied“, sagte der Goalie über seinen Clubkollegen in London.

FIFA WM 2022, Viertelfinale

Samstag, 20.00 Uhr (live in ORF1)

England – Frankreich

Al-Chaur, Al Bayt Stadium, SR Sampaio (BRA)

Mögliche Aufstellungen:

England: Pickford – Walker, Stones, Maguire, Shaw – Rice – Henderson, Bellingham – Saka, Kane, Foden

Frankreich: Lloris – Kounde, Varane, Upamecano, T. Hernandez – Tchouameni, Rabiot – Dembele, Griezmann, Mbappe – Giroud

Seine Hoffnung geht aber dahin, dass Mbappe das stärkere Ass im Ärmel sein wird. Der fünffache Katar-WM-Torschütze sei voll fokussiert auf seine Ziele und ignoriere das ganze Gerede um seine Person. „Er braucht das nicht und sieht sehr glücklich aus“, so Lloris.

Großer gegenseitiger Respekt

Sein Coach warnte vor dem Gegner, indem er auf die Schwächen Englands angesprochen antwortete: „Sie haben keine.“ Die Engländer gewannen bisher nur beim 0:0 gegen die USA nicht und blieben in den jüngsten drei Partien ohne Gegentreffer. Zudem haben sie mit zwölf bisher die meisten Tore (bei nur zwei Gegentreffern) erzielt.

Das Selbstvertrauen passt also vor dem Duell mit der „Equipe Tricolore“. Großer Respekt ist trotzdem vorhanden. „Das ist der größte Test, der uns erwarten kann. Sie sind Weltmeister, sie haben Tiefe, sie haben Talent, sie haben herausragende Spieler. Es ist eine fantastische Herausforderung“, sagte Teamchef Gareth Southgate.

In seiner Elf könnte auch der am Freitag ins Teamcamp zurückgekehrte Raheem Sterling eine Rolle spielen; durch seine Abwesenheit in den letzten Trainingstagen wohl aber eher nur als „Joker“ einer Ersatzbank mit vor allem offensiv enormer Qualität.

England 2022 wie Frankreich 2018?

Englands Team erinnert ein bisschen an Frankreich vor vier Jahren. Auch die Franzosen hatten in den Jahren davor schwere Niederlagen in großen Spielen hinnehmen müssen, zum Beispiel im EM-Finale im eigenen Land. So ging es auch den „Three Lions“ im Vorjahr.

Die dadurch erlangte Reife soll nun helfen, eine 56 Jahre lange Titelflaute zu beenden. „Wir haben das WM-Halbfinale (2018, Anm.) erreicht, wir haben das EM-Finale (2021, Anm.) erreicht. Und der Standard unserer Spieler ist noch einmal nach oben gegangen“, blickte Walker optimistisch nach vorne. Frankreich hingegen hofft auf die erste erfolgreiche WM-Titelverteidigung seit Brasilien 1962.