Ski alpin

Mayer erklärt sofortigen Rücktritt

Paukenschlag im österreichischen Sport: Der dreifache Olympiasieger Matthias Mayer hat am Donnerstag in Bormio völlig überraschend und mit sofortiger Wirkung seinen Rücktritt aus dem alpinen Skisport bekanntgegeben. „Ich habe die letzten Tage nachgedacht und ich muss sagen, für mich ist es Zeit, dass ich aus dem alpinen Weltcup zurücktrete“, erklärte der 32-jährige Kärntner im ORF-Interview vor dem Super-G, den er nicht mehr bestritt.

„Es war letztes Jahr eine gewaltige Saison mit der dritten olympischen Goldmedaille und ich bin heuer gut reingestartet und bin zufrieden. Aber es reicht einfach. Ich möchte mich recht herzlich bei meinen Sponsoren und beim ÖSV bedanken, alle haben einen super Job gemacht, ich bin gespannt, wie es weitergeht“, erklärte Mayer mit feuchten Augen im Zielhang von Bormio, wo nach der Abfahrt, die Vincent Kriechmayr gewonnen hatte, nun ein Super-G ansteht.

Mayer war am Mittwoch wegen einer Magen-Darm-Erkrankung nicht angetreten. Das nach der Besichtigung der Super-G-Strecke obligatorische und in der ZIB um 9.00 Uhr live geführte Interview nahm dann plötzlich eine kuriose Wende. Auf die Frage, ob er fit sei, meinte der Kärntner zunächst noch, dass die Piste in gutem Zustand und er eben auch fit sei, ehe er seinen Rücktritt bekanntgab. Diese Entscheidung sei spontan in ihm gereift, wie er weiters festhielt.

TV-Tipp: „Matthias Mayer – Die Karrierehöhepunkte des dreifachen Olympiasiegers“, am 1. Jänner um 15.50 Uhr in ORF1

„Habe nicht mehr so den Biss“

„Ich habe heute meine letzte Besichtigung gemacht und das reicht mir. Ich habe nicht mehr so den Biss“, erklärte Mayer. „Der Sport ist sehr wichtig für die Menschheit und so soll es auch weitergehen, aber für mich ist es okay“, erklärte der Speed-Spezialist seinen schnörkellosen und spontanen Rücktritt. „Wir sind alle anders, die einen machen es so, die anderen so. Ich freue mich, den Schritt zu machen“, betonte Mayer, der es weder den Teamkollegen noch seiner Familie gesagt hatte. Er ist bereits aus Italien abgereist und auf dem Weg in seine Heimat. Auf die Frage, was er vorhabe, meinte Mayer mit einem Lächeln: „Leben!“

Mayer über seinen Rücktritt

Der dreifache Olympiasieger Matthias Mayer hat am Donnerstag in Bormio völlig überraschend und mit sofortiger Wirkung seinen Rücktritt aus dem alpinen Skisport bekanntgegeben. Im Interview spricht er darüber, warum es zu der Entscheidung gekommen ist.

Die schlichte Verlautbarung mutete unorthodox an, passte aber zu seinen gewohnt unaufgeregten Medienauftritten. „Ich will nicht sagen, dass das jetzt ein großer Entschluss war. Ich habe mir immer schon ein bisserl gedacht, dass ich es spontan machen könnte. Heute hat der Zeitpunkt ganz gut gepasst“, erklärte er im folgenden Ö3-Interview.

Schnörkelloser Abgang passt zu Mayer

Er höre auf sein Gefühl, betonte der elffache Weltcup-Sieger, der vor allem durch seine drei „Goldenen“ tief in Österreichs Skigeschichte verankert bleiben wird. „Ich habe den Skisport irrsinnig geliebt, ich habe es gern gemacht, bin aber jetzt zufrieden, dass es so ist.“ Körperliche Beschwerden habe er nicht, betonte er. „Ich bin topfit, könnte noch lange weiterfahren, aber es reicht mir einfach.“

ÖSV-Fahrer Matthias Mayer mit olympischer Goldmedaille
Reuters/Jorge Silva
Das plötzliche Ende einer goldenen Ära: Dreifach-Olympiasieger Mayer beendete völlig überraschend seine Karriere

Bei einem ersten kleinen Blick zurück auf seine Bilderbuchkarriere meinte Mayer: „Die letzten zehn Jahre waren natürlich sehr speziell, das ist ganz klar – die Olympiasiege, die Weltcup-Rennen. Aber mit dem Team unterwegs sein, im Mannschaftsgefüge zu leben, die Menschlichkeit, die da einfach drinnen war, das war unglaublich. Das hat mich sehr gefreut, jetzt freue ich mich aber auf die Zukunft.“

Noch vor wenigen Wochen hatte er von Rücktrittsgedanken nach Olympiagold in Peking 2022 gesprochen. Er habe diese aber wieder verworfen. Denn „das Feuer brennt nach wie vor sehr“, hatte Mayer damals angefügt. „Ich könnte es mir nicht vorstellen, dass ich daheim sitze und mir das vorm Fernseher anschaue. Mir taugt es, dass ich da bin, und ich freue mich auf das Wochenende.“ Umso überraschender kam nun der Rücktritt. Und der alpine Abfahrtssport verliert nach Beat Feuz binnen weniger Tage einen zweiten Superstar. Der Schweizer hört nach den Kitzbühel-Rennen im Jänner auf.

„Ich habe keinem was gesagt“

Laut Mayers Erklärung ließ er bis zuletzt auch seine Familie sowie den Verband samt Teamkollegen im Unklaren über die Entscheidung. „Ich habe eigentlich noch keinem was gesagt, also ich bin runtergefahren, es sind alle bei der Besichtigung. Ich habe jetzt meinen Rücktritt bekanntgegeben, mir reicht’s!“ ORF-TV-Experte Hans Knauß und auch andere Kollegen aus der Branche hatten beobachtet, wie Mayer etwa „am Start ungewohnt 20 Minuten lang ins Tal starrte. Nun scheint es so, als hätte er sich da entschieden“, erklärte Knauß danach weiter.

ÖSV-Fahrer Matthias Mayer während der Trainingsabfahrt in Bormio
GEPA/Mathias Mandl
Am Dienstag raste Mayer im Training noch die Stelvio hinunter, seit Donnerstag ist die Karriere vorbei

Mayer wurde 2014, 2018 und 2022 jeweils Olympiasieger, zunächst in Sotschi in der Abfahrt und dann in Pyeongchang und heuer in Peking im Super-G. Mit einer weiteren Bronzemedaille heuer in der Abfahrt in China übertrumpfte er gar den legendären Toni Sailer (dreimal Gold).

Zudem gewann er insgesamt elf Weltcup-Rennen. Heuer verbuchte er auch schon zwei Podiumsplätze, wurde in Lake Louise (Super-G) und in Gröden (verkürzte Abfahrt) jeweils Dritter. Während es bei Olympia wie am Schnürchen lief, ging Mayer bei Weltmeisterschaften leer aus – auf die Titelkämpfe in Meribel/Courchevel 2023 verzichtet er nun.

Steckbrief Matthias Mayer

Geboren: 9. Juni 1990 in St. Veit an der Glan/Kärnten

Wohnort: Afritz am See/Kärnten
Größe/Gewicht: 1,80 m/93 kg
Verein: SC Gerlitzen

Größte Erfolge:

  • Olympia (3-0-1): Gold Abfahrt 2014 Sotschi, Super-G 2018 Pyeongchang und Super-G 2022 Peking, Bronze Abfahrt 2022 Peking, 6. Riesentorlauf 2014, 9. Abfahrt 2018
  • WM: 4. Super-G 2015 Vail/Beaver Creek, 5. Super-G 2013 Schladming und Abfahrt 2019 Aare, 6. Super-G 2021 Cortina
  • Weltcup: 11 Siege (7 Abfahrt, 3 Super-G, 1 Kombination), Gesamtvierter 2019/20 und 2021/22, Zweiter im Abfahrtsweltcup 2020/21
  • Europacup: 2 Siege, Super-G-Gesamtsieger 2010/11
  • Junioren-WM: Silber Super-G 2008 Formigal