Die 25 Kilogramm schwere Sid Waddell Trophy stellte Smith später ehrfürchtig in die Ecke seines Hotelzimmers. In der Nacht des großen Sieges postete der 32-jährige Engländer immer wieder Fotos aus seinem Hotelbett. „Kann das Ding jemand aus dem Kasten holen? Es ist zu schwer“, schrieb Smith. Das packende Endspiel samt Neundarter von Smith hatte die Massen und Experten derart elektrisiert, dass TV-Experte Wayne Mardle während des Spiels ausgetauscht werden musste, weil er keine Stimme mehr hatte.
Die Weltelite verneigte sich geschlossen vor dem Champion aus St. Helens, einer 100.000-Einwohner-Stadt zwischen Liverpool und Manchester. Der abgelöste Champion Gerwyn Price aus Wales schrieb: „Hoch verdient. Viele weitere werden kommen. Genieß es.“ Der 16-fache Weltmeister Phil Taylor fasste sich nach dem Spiel, das Darts-Promoter Barry Hearn als „Werbung für den Sport“ bezeichnete, kurz: „Willkommen im Club.“
Rückschläge prägen Karriere
Der Weg von Smith war lange von Rückschlägen und heftigen Niederlagen geprägt. Nun hat er in gerade einmal 44 Tagen seine Makel behoben und die Rangordnung geändert. Der Sieg beim Grand Slam of Darts im britischen Wolverhampton war im November sein erster Major-Titel, zuvor war Smith aus Mangel an Alternativen noch immer als Champion des Shanghai Darts Masters (2018) angekündigt worden. Nun ist der zweifache Familienvater auf dem Gipfel seines Sports angekommen.
„Das Gefühl, das ich direkt nach meinem Sieg hatte, wird niemals getoppt werden. Egal, was ich in diesem Sport in der Zukunft mache“, sagte Smith, der mit den Tränen rang und unmittelbar nach dem verwandelten Matchdart und einem Handschlag mit Verlierer van Gerwen von der größten Darts-Bühne der Welt rannte, um Frau und Kinder in seiner Box zu drücken. In den sozialen Netzwerken hat Smith schon vor langer Zeit verewigt, welche Prioritäten er in seinem Leben setzt. Zuerst seine Familie, dann seine Haustiere – im Anschluss der Rest, darunter Darts.
Spektakulärer Schlusspunkt
Der Neundarter im zweiten Satz war am Dienstag der spektakuläre Schlusspunkt einer spektakulären WM. Es war das wohl beste Leg in der Geschichte dieser Sportart, weil zuvor auch van Gerwen acht perfekte Darts spielte. Smith sagte später in Richtung der 3.500 verkleideten und wild feiernden Fans: „Das Publikum hat diesen Neundarter verdient.“
Für den Weltmeister soll der Triumph von London nur der Anfang einer Ära sein. Sein Ziel lautet Dominanz. „Ich möchte diesen Sport übernehmen, aber Michael ist immer noch hier“, sagte Smith. Es stehe nun 1:1 in WM-Finalduellen. „Aber ich glaube nicht, dass das unser letztes war.“