Ski alpin

Shiffrin schreibt weiter Geschichte

Mikaela Shiffrin hat am Sonntag mit ihrem Sieg beim zweiten Riesentorlauf von Kranjska Gora das nächste Kapitel ihrer außergewöhnlichen Geschichte geschrieben. Die US-Amerikanerin egalisierte mit ihrem insgesamt 82. Sieg den von ihrer Landsfrau Lindsey Vonn aufgestellten Rekord. Die Skiwelt zog daher auch völlig zu Recht den Hut vor Shiffrin, der nun nur noch vier Siege auf Allzeitgröße Ingemar Stenmark fehlen. „Für sie ist der Himmel die Grenze“, adelte Vonn ihre neue Mitrekordhalterin.

Etwas mehr als zehn Jahre nach ihrem ersten Sieg im Weltcup – am 20. Dezember 2012 hatte Shiffrin in Aare erstmals in einem Slalom zugeschlagen – egalisierte Shiffrin auf dem Podkoren in Kranjska Gora mit ihrem achten Saisonsieg den Rekord ihrer 2019 zurückgetretenen Teamkollegin Vonn. Entsprechend euphorisch wurde die 27-Jährige im Zielraum empfangen, nachdem sie sich vor der Italienerin Federica Brignone und Lara Gut-Behrami aus der Schweiz ihren 17. Sieg in einem Riesentorlauf gesichert hatte.

Die Erleichterung über das Geschaffte war Shiffrin anzusehen, als sie den Einser im Ziel aufleuchten sah und ihren Emotionen freien Lauf ließ. „Ich war so nervös, ich hatte das Gefühl, dass ich ohnmächtig werde“, sagte die Ausnahmekönnerin daher auch im ORF-Interview. Vor dem Start habe sie in ihrem Kopf 100 verschiedene Szenarien durchgespielt, und nur eines davon hätte ein Happy End gebracht. Dass dieses eine Szenario dann eintraf, lag an einer entfesselt fahrenden Shiffrin selbst: „Das war heute vielleicht mein bestes Skifahren. Ich hoffe, ich kann das wiederholen“, meinte die Amerikanerin.

Historischer Triumph für Mikaela Shiffrin

Mit ihrem 82. Weltcup-Sieg beim Riesentorlauf in Kranjska Gora hat die US-Amerikanerin Mikaela Shiffrin am Sonntag den Rekord von Lindsey Vonn eingestellt. Damit ist sie jetzt gemeinsam mit ihrer Landsfrau die erfolgreichste Rennläuferin der Weltcup-Geschichte.

Vonn: „Freue mich wirklich für Mikaela“

Die 2019 zurückgetretene Vonn schickte auch sofort erste Glückwünsche an ihre ehemalige Teamkollegin. „Ich freue mich wirklich für Mikaela. Rekorde sind dazu da, um gebrochen zu werden. Und wenn jemand meinen Rekord bricht, bin ich wirklich froh, dass es eine Amerikanerin ist“, so die vierfache Gesamtweltcup-Siegerin, „ich wusste von Anfang an, dass sie diejenige sein würde, die alle Rekorde bricht. Aber dass sie das in einem so jungen Alter schafft, ist wirklich beeindruckend“, rühmte Vonn ihre Landsfrau. Zum Vergleich: Vonn war zum Zeitpunkt ihres 82. und letzten Sieges 2018 bei der Abfahrt in Aare bereits 33 Jahre alt.

Auch die aktuelle Konkurrenz verneigte sich neidlos vor der neuen Rekordhalterin aus den USA. „Sie ist jetzt einfach die Größte der Geschichte“, sagte die am Sonntag um 77 Hundertstelsekunden geschlagene Brignone als erste Gratulantin. Shiffrins Teamkollegin Paula Moltzan hob die mentale Stärke ihrer Landsfrau, die sich in Kranjska Gora einmal mehr zeigte, hervor: „Sie hat es tief verinnerlicht, perfekt zu sein. Die Kombination mehrerer Stärken zeichnet sie aus.“

Erfolgreichste Läuferin aller Zeiten

Shiffrin ist mit 27 Jahren endgültig zur erfolgreichsten Skifahrerin aller Zeiten aufgestiegen. Zwei Olympiasiege, sechs Weltmeistertitel und 82 Erfolge im Weltcup, dazu kommen vier große Kristallkugeln für den Triumph im Gesamtklassement. Im Weltcup feierte die US-Amerikanerin 51 Slalom-Siege, 17 Erfolge im Riesentorlauf, dazu fünf im Super-G, drei in der Abfahrt und einen in der Kombination. Dazu kommen noch fünf Siege in einem Parallelrennen.

Lindsey Vonn und Mikaela Shiffrin auf einem Foto vom Jänner 2017
AP/Alessandro Trovati
Shiffrin (r.) und Vonn teilen sich vorerst noch den Thron der erfolgreichsten Skifahrerin im Weltcup

Die im oftmaligen WM-Ort Vail geborene Shiffrin, die mit 17 Jahren ihren ersten Weltcup-Sieg feierte und sich 2013 in Schladming auch gleich zur Slalom-Weltmeisterin krönte, ist nicht erst seit Sonntag ein Synonym für Superlative. In Sotschi wurde die Frau aus Colorado als 18-Jährige die jüngste Olympiasiegerin im Slalom. Ende 2018 war sie die erste Skifahrerin, die in allen sechs möglichen Weltcup-Disziplinen (Slalom, Riesentorlauf, Abfahrt, Super-G, Kombination, Parallelbewerb) zumindest ein Rennen gewinnen konnte. 2019 stand Shiffrin die vierte WM hintereinander im Slalom ganz oben auf dem Podest.

Immer wieder Tiefs überwunden

Shiffrins Karriere ist aber auch durchzogen von Selbstzweifeln. Ihr über viele Siege aufgebautes Selbstbewusstsein schien phasenweise wie verschwunden. So wie etwa vergangenes Jahr bei den Olympischen Spielen in Peking, als die Amerikanerin nicht nur in ihren Paradedisziplinen Slalom und Riesenslalom ausschied, sondern erstmals bei einem Großereignis überhaupt leer ausging. Über Niederlagen grübelte sie oft lange. Doch irgendwie gelang es Shiffrin immer, sich aus Tiefs zu befreien. Auch aus jenem mentalen, nachdem ihr Vater Jeff 2020 überraschend gestorben war.

Damals dachte Shiffrin sogar an ein Karriereende. Die Motivation fehlte, um sich täglich auf den Pisten und in den Krafträumen zu quälen. Ihr Weg aus dem tiefen mentalen Loch führte auch über ihren Lebensgefährten Aleksander Aamodt Kilde. Im Sommer 2021 machten die Amerikanerin und der norwegische Abfahrts- und Super-G-Star ihre Beziehung öffentlich. „Alex (Kilde, Anm.) war einer der ersten Menschen, mit dem Mika wieder Spaß an Gesprächen hatte“, sagte Shiffrins Mutter Eileen einmal.

Shiffrins Weg zum Superstar

Die US-Amerikanerin Mikaela Shiffrin hat vor zehn Jahren ihren ersten Weltcup-Sieg gefeiert. Am Sonntag gelang ihr mit dem Triumph von Kranjska Gora ihr insgesamt 82. Sieg in einem Weltcup-Rennen, womit sie auch mit ihrer Landsfrau Lindsey Vonn gleichzieht. Nur noch vier Siege fehlen ihr, um den Rekord von Ingemar Stenmark zu brechen.

Rekord bleibt weiter Gesprächsthema

Noch ist Shiffrins Rekordjagd aber noch nicht vorbei, auch wenn die Amerikanerin in Kranjska Gora nur einen Wunsch äußerte: „Vielleicht können wir jetzt endlich aufhören, über den Rekord zu sprechen.“ Denn schon beim nächsten Rennen, dem Nachtslalom von Flachau am Dienstag (18.00 bzw. 20.45 Uhr, live in ORF1, Übertragungsbeginn 17.15 bzw. 20.15 Uhr), könnte sich Shiffrin zur alleinigen Rekordhalterin bei den Frauen aufschwingen.

Bis zur Bestmarke des legendären Schweden Stenmark mit 86 Weltcup-Siegen wären es dann auch nur noch drei Erfolge. Zumindest für Vonn wäre aber auch eine Egalisierung bzw. Überflügelung von Stenmark nur eine weitere Etappe auf dem Weg Shiffrins: „Ich glaube nicht, dass Stenmark unbedingt der Maßstab ist. Sie wird den neuen Standard setzen, und wir müssen einfach abwarten, wie hoch sie ihn setzen kann.“

Bestenliste Weltcup-Siege

1. Mikaela Shiffrin * USA 90
2. Ingemar Stenmark SWE 86
3. Lindsey Vonn USA 82
4. Marcel Hirscher AUT 67
5. Annemarie Moser-Pröll AUT 62
6. Vreni Schneider SUI 55
7. Hermann Maier AUT 54
8. Alberto Tomba ITA 50
9. Renate Götschl AUT 46
. Marc Girardelli LUX 46
11. Anja Pärson SWE 42
12. Pirmin Zurbriggen SUI 40
13. Marlies Schild AUT 37
14. Benjamin Raich AUT 36
. Aksel Lund Svindal NOR 36
. Katja Seizinger GER 36
* aktiv