Ski alpin

Kilde schnappt sich Super-G in Wengen

Aleksander Aamodt Kilde hat das Lauberhorn-Wochenende in Wengen mit einem Erfolg eröffnet. Der norwegische Speed-König schnappte sich am Freitag den Sieg im Super-G und verdarb damit auch den Schweizern die Party. Denn Kilde ließ mit Überraschungsmann Stefan Rogentin und Weltcup-Spitzenreiter Marco Odermatt gleich zwei Eidgenossen hinter sich. Als bester Österreicher reihte sich Vincent Kriechmayr auf Rang vier ein.

Bis zur Startnummer 15 sah es nach einem Schweizer Feiertag aus, doch Kilde bremste die Party der Gastgeber mit seiner Siegerzeit von 1:47,84 Min. aus. Rogentin, der es erstmals im Weltcup auf das Podest schaffte, fehlten am Ende 0,27 Sek. auf seinen ersten Sieg. Odermatt hatte 66 Hundertstelsekunden Rückstand auf den Sieger, der seinen 18. Sieg im Weltcup und den neunten in einem Super-G feiern durfte. Damit verkürzte Kilde den Rückstand in der Disziplinenwertung auf Odermatt auf 28 Punkte.

Der Norweger entschied auf dem Lauberhorn auch einen der längsten Super-G der Weltcup-Geschichte für sich, genauer gesagt das längste Rennen in dieser Disziplin seit 35 Jahren. 1988 in Leukerbad – und damit ebenfalls in der Schweiz – setzte sich der Kanadier Felix Belczyk in 1:51,20 Minuten die Krone auf. Es war der erste und einzige Weltcup-Sieg in der Karriere des „Crazy Canuck“. Am Samstag (12.30 Uhr, live in ORF1, Übertragungsbeginn 12.10 Uhr) steigt in Wengen die klassische Abfahrt mit Hundschopf, Kernen-S und Haneggschuss.

Kriechmayr „schon am Start hinten“

1. Aleksander A. Kilde (NOR)
2. Stefan Rogentin (SUI)
3. Marco Odermatt (SUI)

Die Österreicher konnten in den Kampf um den Sieg nicht ganz eingreifen. Als Bester der österreichischen Abordnung raste Kriechmayr ins Klassement. Dem Oberösterreicher fehlten nach dem „Marathon“ aber 1,10 Sek. auf die Bestzeit. Kombi-Weltmeister Marco Schwarz landete mit 1,90 Sek. Rückstand auf dem für ihn respektablen 18. Platz. Der Kärntner blieb damit immerhin vor den arrivierteren Speed-Fahrern Raphael Haaser (21./+2,20 Sek.) und Daniel Hemetsberger (22./2,28 Sek.). Julian Schütter als 28. (3,06) und Stefan Babinsky als 30. (3,17) schafften es ebenfalls noch in die Weltcup-Ränge. Otmar Striedinger und Lukas Feurstein gingen als 38. und 44. leer aus.

Entsprechend frustriert analysierten die Österreicher den Rennausgang. Kriechmayr ärgerte sich trotz des vierten Platzes vor allem über den großen Rückstand. „Ich war beim Start schon gefühlt eine Stunde hinten, das ist fast ein bisserl peinlich, dass ich da so viel Zeit verliere“, sagte der 31-Jährige im ORF-Interview, „vielleicht habe ich nicht genug angetaucht, mir wäre es aber nicht so schlecht vorgekommen. Im Mittelteil muss ich mehr kämpfen und bin auch noch gegen die Spuren gefahren, das ist nicht die optimale Kombination.“

Kriechmayr bester Österreicher

Der amtierende Weltmeister erwischte nicht überall die optimale Linie und verlor am Ende über eine Sekunde auf die Bestzeit.

Dass sich die Kurssetzung aufgrund des vorhandenen Platzes mehr oder weniger mit der Abfahrt deckte, wollte Kriechmayr nicht als Ausrede gelten lasssen. „Natürlich habe ich Kurven im Super-G lieber, wenn ich aber vorne mitfahren will, muss ich auch das können. Das ist mir nicht ganz so gelungen“, sagte der Weltmeister. In der Abfahrt am Samstag gehört Kriechmayr wieder zum Favoritenkreis und geht mit guten Erinnerungen an den Start: Im Vorjahr holte sich der Oberösterreicher trotz aufgrund eines positiven Coronavirus-Tests verpasster Trainingsläufe den Sieg.

Schwarz mit Fahrt zufrieden

Im Gegensatz dazu war Schwarz mit seinem Ausflug in die schnellen Disziplinen zufrieden. „Es war ganz okay“, sagte der Kärntner, der am Samstag auch in der klassischen Lauberhorn-Abfahrt starten und damit sein Abfahrtsdebüt im Weltcup geben wird. Im zweiten Wengen-Training war Schwarz als 17. bester Österreicher gewesen.

Hemetsberger kam im Vergleich zu Kriechmayr zwar besser aus dem Starthaus, riskierte aber beim Kernen-S zu viel und verlor dort schon entscheidend an Zeit, nachdem er in der Schlüsselstelle auch ein Tor weggeräumt hatte. „Ich wollte das Kernen-S relativ schnittig fahren, auf Zug durch. Vom Timing her war ich wie in der Abfahrt, die Super-G-Ski machen aber früher zu, und ich bin voll ins Tor hineingefahren. Von ‚ideal‘ war ich ganz weit weg, aber ich bin halbwegs schön durchgekommen“, sagte der Oberösterreicher. Haaser riskierte hingegen eindeutig zu wenig: „Es war im Großen und Ganzen zu brav.“

Rogentin überrascht hinter Kilde

Die schnellste Linie fand zum dritten Mal in einem Super-G und zum sechsten Mal insgesamt in einem Super-G Kilde. Der Schlüssel zum Erfolg war wenig überraschend volles Risiko auf dem direkt gesetzten Kurs: „Hier oben am Start bekommt man so eine Intensität, die man nicht so oft bekommt, man muss also Vollgas geben“, sagte Kilde im ORF-Interview. Dass er den Gastgebern die Party verdorben hatte, quittierte der 30-Jährige mit einem Lächeln und einem symbolisch gezogenen Hut: „Die Schweizer sind brutal in Form, es ist also immer schön, sie zu schlagen. Das ist ein schöner Schlagabtausch.“

Rogentin überrascht als Zweiter

Der Schweizer kam seinem ersten Weltcup-Sieg mit einem Husarenritt ganz nahe.

Neben Kilde strahlte hingegen auch Rogentin wie ein Sieger. Der 28-jährige Ostschweizer bestätigte mit dem zweiten Platz seine Trainingsbestzeit am Dienstag und durfte sich über das bisher beste Ergebnis seiner Karriere freuen. Das war davor ein fünfter Platz im Super-G von Gröden im Dezember 2021 gewesen. „Es ist gestern schon gut gegangen, außerdem habe ich meine Glücksnummer zehn gezogen. Mit dem Sieg habe ich nicht spekuliert“, sagte Rogentin, der sich auch über insgesamt fünf Schweizer in den Top Ten freute: „Es könnte nicht viel besser sein. Wir sind alle sehr zufrieden.“

Weltcup-Spitzenreiter Odermatt, der in diesem Winter bereits die Super-Gs von Lake Louise und Bormio für sich entschieden hatte, sprach von einer „soliden Fahrt, aber nicht ganz optimal“. Der Schweizer versprach aber für die Abfahrt vollen Angriff: „Im oberen Teil verliere ich zu viel Zeit. Im zweiten Sektor war der Aleks (Kilde, Anm.) eine Klasse für sich, da muss ich mir für morgen was abschauen.“