Marco Schwarz und Raphael Haaser (AUT)
GEPA/Mario Buehner
Ski-WM

Medaillenregen weckt Lust auf mehr

Besser hätte die alpine Ski-WM in Courchevel/Meribel für Österreichs Team kaum anlaufen können. Für Titelverteidiger Marco Schwarz glänzte die Silbermedaille in der Kombination am Dienstag sprichwörtlich wie Gold, über Bronze strahlte überraschend Raphael Haaser, der mit seiner Schwester Ricarda gleichzog und ein besonderes WM-Märchen gleich zu Beginn der Titelkämpfe 2023 schrieb.

Nach dem Kombi-Super-G auf den Rängen zwei und drei mussten sich Schwarz und Haaser letztlich nur Alexis Pinturault geschlagen geben, der vor Heimpublikum zu alter Form fand. Wobei Schwarz im Slalom lange Zeit sogar Gold vor Augen hatte und erst durch ein Missgeschick wenige Tore vor dem Ziel die Chance vergab, als erster Österreicher seit Toni Sailer 1958 den Kombi-WM-Titel erfolgreich zu verteidigen.

Während Schwarz alle auf der Rechnung hatten, erstaunte Haaser wie tags davor seine Schwester selbst Experten mit seiner Performance im Slalom. Der 25-Jährige, vor zwei Jahren beim Super-G zum ersten und bisher einzigen Mal auf dem Weltcup-Podest, wuchs beim WM-Debüt auf schwierigem Kurs über sich hinaus, verlor mit sechsbester Laufzeit nur drei Zehntelsekunden auf Pinturault, 26 Hundertstel auf Schwarz, der sich Pinturault letztlich um 0,10 Sekunden geschlagen geben musste.

Siegerehrung in Courchevel

Angeführt von Weltmeister Pinturault durften Schwarz (l.) und erstmals auch Haaser ihre Medaillen am Abend entgegennehmen.

Fliegende Sektkorken

Haaser und Schwarz durften stolz sein, sich wie Sieger fühlen, zumal die Erwartungen für die WM insgesamt nicht allzu hoch angesetzt waren. Und so spritzte in den Reihen des Österreichischen Skiverbands (ÖSV) um Alpindirektor Herbert Mandl im Zielraum der Sekt. Ein Gläschen durfte es in Feierstimmung selbst für Vincent Kriechmayr sein, der nach Platz vier im Super-G auf den Kombi-Slalom verzichtet und den Erfolg der Teamkollegen neben Mandl und Co. hautnah miterlebt hatte.

„Wir sind sehr, sehr, glücklich. Ich gratuliere den Burschen, die schon im Super-G gut gefahren sind. Ihre Performance war unglaublich, der Slalom war für eine Kombi sehr tricky gesetzt“, sagte Mandl und fügte hinzu: „Die ersten Medaillen sind gewonnen, das nimmt natürlich den Druck. Für den Teamspirit ist das super, und bei einer WM ist damit sehr viel möglich.“

Herbert Mandl (AUT)
GEPA/Mathias Mandl
ÖSV-Alpindirektor Herbert Mandl freute sich im Zielraum mit seinen Athleten

Bemerkenswert: Nach nur zwei Bewerben fehlt nur eine Medaille auf das WM-Minimalziel von ÖSV-Präsidentin Roswitha Stadlober. Die nächste Chance dazu gibt es im Damen-Super-G am Mittwoch (11.30 Uhr, live in ORF1, Übertragungsbeginn 10.45 Uhr). Schwarz und Haaser sind neben Kriechmayr, Daniel Hemetsberger und Stefan Babinsky am Donnerstag (11.30 Uhr, live in ORF1, Übertragungsbeginn 10.45 Uhr) im Super-G-Einsatz – über weitere Medaillen des ÖSV-Teams darf spekuliert werden.

Silber glänzt wie Gold

Das verpasste Gold in der Kombi beschäftigte Schwarz vorerst nicht. Die Freude überwog. In seinem elften WM-Start holte der Kärntner immerhin seine sechste Medaille. Die Routine habe ihm dabei sicher geholfen, sagte der 27-Jährige, der in Courchevel neben dem Super-G auch Slalom, Riesentorlauf und vermutlich die Abfahrt bestreiten wird. Nur den Parallel- und Team-Bewerb lässt er aus, um sich zwischendurch zwei Tage Ruhe zu gönnen.

Inwiefern die Routine bei der WM für ihn hilfreich sei? „Ich bin eigentlich vom ersten Event an bei einem Großereignis immer mit der gleichen Herangehensweise reingegangen, nämlich dass ich nichts Spezielles daraus mache“, sagte Schwarz. Er versuche, den Druck niedrig zu halten. Nach dem Motto: „Es ist ein Rennen wie jedes andere, von dem her muss ich eh meine Leistung abrufen. Das funktioniert sehr gut für mich.“

Großen Druck gemeistert

Ob des Fehlers im Slalom wog Silber in der Kombi diesmal noch schwerer. „Ich bin sehr happy mit dem zweiten Platz, hätte auch draußen liegen können“, so Schwarz. Er sprach wie Mandl von einem schwierigen Slalom, der ihm alles abforderte. „Es war brutal eng, es waren sehr viele Kombinationen drinnen. Für den Schädel war das gar nicht so leicht, da habe ich mich gar nicht richtig ausgekannt.“

Schwarz verpasst Gold um Hauch

Der Kärntner lag bis zur letzten Zwischenzeit auf Goldkurs, fabrizierte kurz vor dem Ziel jedoch einen „Steher“ und verpasste die Bestzeit um zehn Hundertstel.

Letztlich fand er den Weg aufs Stockerl – und es soll nicht das einzige Mal bei dieser WM bleiben. „Der erste Druck ist einmal weg. Alles was kommt, ist super“, sagte Schwarz, der wie Haaser gleich im Spezial-Super-G nachlegen will. Mandl traut ihnen alles zu: „Es fällt ein wenig Druck weg. Dann fallen die nächsten Bewerbe ein bisschen leichter.“ Cheftrainer Marko Pfeifer unterstrich das und verwies auf die super Stimmung im Team, das den Druck bravourös gemeistert hat.

„Wenn man zwei Medaillen macht, war es mehr als der Start nach Maß“, so Pfeifer, der sein erstes Großereignis als Herren-Rennsportleiter bestreitet. „Wir haben auf eine Medaille in der Kombination gehofft, aber zuletzt war es keine leichte Zeit für unsere Mannschaft. Ich will nicht sagen, dass wir in der Kritik waren, aber es ist sehr viel Druck ausgeübt worden.“ Schwarz sagte dazu: „Wenn man so in die Weltmeisterschaft startet, ist es sehr befreiend.“

Haaser bleibt entspannt

Auf Haaser könnte schon die Bronzemedaille der Schwester befreiend gewirkt haben. „Für mich ist jetzt auch ein großer Traum in Erfüllung gegangen“, sagte Haaser in ähnlich entspannter Manier wie seine Schwester Ricarda. „Ich bin ein ruhiger Typ. Ich verarbeite den Erfolg auf meine Weise und bin keiner, der das groß nach draußen tragen muss. Mein Ziel war einfach auch im Slalom gut zu fahren.“

Raphael Haaser (AUT)
GEPA/Daniel Goetzhaber
Mit sechstbester Slalom-Laufzeit schaffte Haaser in beeindruckender Manier den Sprung aufs Podest

Im Ziel konnte er seine Leistung zunächst allerdings nicht richtig einschätzen, weshalb er nervöser als sonst gewesen sei. Es sollte reichen. Der Jubel war nicht überschwänglich, aber erkennbar. „Die Geschichte mit meiner Schwester macht es noch um einiges schöner“, sagte Haaser. „Ich habe mich auch für sie sehr gefreut und probiert, diesen Schritt nachzumachen.“ Der nächste soll folgen, vielleicht schon im Super-G.