Ski-WM

Shiffrin rast erstmals zu RTL-Gold

Mikaela Shiffrin hat ihrer üppigen Medaillensammlung bei der Weltmeisterschaft in Meribel am Donnerstag eine weitere Goldene hinzugefügt. Die US-Amerikanerin krönte erstmals auch zur Weltmeisterin im Riesentorlauf. Shiffrin verwies dabei die Italienerin Federica Brignone in einer packenden Entscheidung um 0,12 Sek. auf den zweiten Platz, Bronze sicherte sich Ragnhild Mowinckel aus Norwegen. Apropos zwölf: Auf diesem Platz war mit Franziska Gritsch an diesem Tag die beste Österreicherin zu finden.

Nach vier Slalom-Goldenen, einem WM-Titel in der Kombination und im Super-G schlug Shiffrin in dieser Disziplin – in der sie 2018 bereits Olympiasiegerin war – nun erstmals auch bei einer WM zu. Die Ausnahmeläuferin aus Vail setzte sich nach Halbzeitführung 0,12 Sek. vor Brignone und 49 Hundertstel vor Mowinckel durch, der von Platz fünf noch der Sprung auf das Podest gelang. Shiffrins Verfolgerinnen profitierten aber auch vom Ausfall der Lokalmatadorin Tessa Worley, die nach dem ersten Durchgang auf Rang zwei gelegen war.

Shiffrin, der im Weltcup nur noch ein Erfolg zur Allzeitbestmarke von 86 Siegen von Ingemar Stenmark fehlen, krönte sich als erste Amerikanerin seit 38 Jahren wieder zur Weltmeisterin im Riesentorlauf. 1985 hatte sich Diann Roffe bei den Titelkämpfen in Bormio/Santa Caterina die Goldmedaille umgehängt. Am Samstag (10.00 bzw. 13.30 Uhr ORF1, Übertragungsbeginn 9.30 Uhr) im abschließenden Slalom gilt Shiffrin, die nach Silber im Super-G ihre zweite Medaille in Meribel gewann, ebenfalls als Favoritin.

Federica Brignone, Mikaela Shiffrin und Ragnhild Mowinckel
APA/Barbara Gindl
Shiffrin (Mi.) strahlte gemeinsam mit Brignone (l.) und Mowinckel mit der Sonne über Hochsavoyen um die Wette

„Ich bin gerade sehr emotional. Beim Weltcup-Finale im letzten Jahr habe ich auch geführt und so viel Zeit verloren, und ich habe gedacht, das passiert mir wieder. So nervös war ich noch nie. Ich habe versucht, alles auszublenden, es gibt zu viele Sachen, über die ich gerade nachdenke. Das Wichtigste ist, den Fokus aufrechtzuerhalten“, sagte Shiffrin, die ihre insgesamt siebente WM-Goldene gewonnen hatte, im ORF-Interview. „Ich bin so am Limit gefahren, ich musste mich anstrengen und habe mir gedacht, ich darf nicht ausfallen.“

Keine historische ÖSV-Abfuhr

Die Österreicherinnen hatten mit den Medaillen, wie aufgrund der bisherigen Weltcup-Saison zu erwarten war – in bisher acht Rennen stand noch keine ÖSV-Läuferin auf dem Podest – nichts am Hut. Gritsch verhinderte mit ihrem zwölften Platz immerhin das schlechteste rot-weiß-rote Ergebnis bei den Damen in einem Riesentorlauf. Den hatte Sylvia Eder 1987 mit Rang 16 bei den Titelkämpfen im schweizerischen Crans-Montana eingefahren. Als zweite von vier Österreicherinnen kam Katharina Liensberger als 24. in die Wertung, Julia Scheib und Ricarda Haaser fielen aus.

Gritsch wird beste Österreicherin

Die Tirolerin konnte zwar bei Weitem nicht in den Kampf um die Medaillen eingreifen, verhinderte als Zwölfte aber eine historische Abfuhr für die Österreicherinnen.

„Es waren sehr, sehr viele Teilstücke richtig lässig. Leider habe ich wie schon im ersten auch im zweiten Durchgang etwas verloren. Aber es war jetzt recht lange grün hier herunter, auf dem möchte ich aufbauen. Ich dachte eigentlich, ich muss nur sauber fertig fahren, aber der Lauf hat doch mehr ausgelassen, und ich bin glaube ich ein paar Meter zu viel gefahren“, analysierte Gritsch im ORF-Interview nüchtern.

1. Mikaela Shiffrin (USA)
2. Federica Brignone (ITA)
3. Ragnhild Mowinckel (NOR)

Die 25-Jährige blickte jedenfalls schon auf das letzte WM-Rennen, den Slalom am Samstag. In dieser Disziplin konnte Gritsch heuer zumindest mit Laufbestzeiten überzeugen. „Der Slalom ist eine ganz andere Disziplin, ich bin aber jetzt schon einmal zufrieden, wieder ein paar (FIS-, Anm.) Punkte für die Startliste. Vielleicht ein kleines Trostpflaster. Einfach weiterarbeiten, dann wird das schon“, gab sich die Tirolerin vor dem WM-Abschluss optimistisch.

Slalom als Liensbergers letzte Chance

Liensberger erlebte so wie schon fast die gesamte Saison über ein Rennen zum Vergessen. Vor zwei Jahren in Cortina d’Ampezzo noch strahlende Dritte, kam die Vorarlbergerin zwar in die Wertung, landete aber nur unter ferner liefen. „Es war im ersten wie im zweiten Durchgang so, dass ich den Speed nicht mitnehmen und den Zug richtig auf den Ski bringen konnte. Es ist nicht leicht, da wieder stärker herauszukommen“, sagte die 25-Jährige.

Der Blick war nach den Enttäuschungen im Parallelbewerb, bei dem sie als Titelverteidigerin in der Qualifikation gescheitert war, und im Riesentorlauf auf den letzten Strohhalm namens Slalom am Samstag gerichtet. Auch dort tritt Liensberger als noch amtierende Weltmeisterin an. „Es ist eine neue Disziplin, ein neuer Tag, die Uhr steht wieder bei null. Da gilt es, alle Energie hineinzulenken.“

Liensberger kommt nicht auf Touren

Die Bronzemedaillengewinnerin von 2021 kam diesmal nicht in Schwung und landete weit außerhalb der Top 20.

Scheib und Haaser fallen aus

Pech hatte bei ihrem WM-Debüt im Riesentorlauf Scheib. Die Steirerin, die sich nach zweijähriger Verletzungspause vor den Titelkämpfen als mehrfach beste Österreicherin ins WM-Team gefahren hatte, kam schon im ersten Durchgang nicht richtig in Schwung und fiel im zweiten Lauf schließlich aus. Auch im Parallelbewerb war die 24-Jährige nach einem Sturz in der Qualifikation ohne Ergebnis geblieben.

Für Ricarda Haaser war der Riesentorlauf hingegen schon zur Hälfte des ersten Durchganges vorbei. Die Tirolerin fädelte im Mittelteil ein und schied daher aus. Dabei dürfte sich Haaser („Ich habe die Piste fast unterschätzt, es ist ziemlich aggressiv“) auch das rechte Knie beleidigt haben. Trotzdem konnte Haaser Meribel zufrieden verlassen, nachdem sie zum Auftakt in der Kombination mit Bronze für die erste rot-weiß-rote Medaille in Hochsavoyen gesorgt hatte.

Brignone und Mowinckel belohnen sich

Neben Shiffrin strahlten daher auch Brignone und Mowinckel wie Siegerinnen, nachdem sie sich – auch dank des Missgeschickes von Worley – noch verbessern konnten. „Ich bin so dankbar, dass ich gesund genug war, hier zu starten, ich habe meine gesamte Energie reingesteckt“, freute sich Brignone, die nach Kombi-Gold ihre zweite Medaille in Frankreich einfahren konnte. Dass sie in den vergangenen Tagen mit einer Erkrankung zu kämpfen hatte, sei im Endeffekt sogar ein kleiner Vorteil gewesen: „So war ich weniger gestresst und war nur glücklich, fahren zu können und meine Chance zu haben.“

Mowinckel, die sich nach Kombi-Bronze 2019 über ihre zweite WM-Medaille freuen durfte, konnte ihr Glück nicht fassen: „Das Gefühl ist Wahnsinn, unglaublich schön. Ich habe alles probiert, es war schwierig. Ich habe die anderen gesehen und die waren unheimlich schnell, also dachte ich ‚alles oder nichts‘. Ich bin super zufrieden. Im ersten Durchgang habe ich oben und im mittleren Teil verloren, im zweiten habe ich probiert, die Geschwindigkeit voll mitzunehmen“, sagte die Norwegerin mit einem breiten Lächeln.

Lokalmatadorin Worley blieb indes nur der Titel der Siegerin der – französischen – Herzen. Mit einer möglichen Medaille vor Augen rutschte die 33-Jährige auf dem Innenski und aus ihren WM-Träumen aus. „Ich habe natürlich viel Druck gespürt und war nicht wirklich entspannt. Ich wollte am Ende mehr pushen und dachte, ich bin im richtigen Rhythmus, aber dann ist es so schnell gegangen und ich konnte nichts mehr machen. Dann war es vorbei, bevor ich es realisiert habe“, sagte Worley.