Ski-WM

Entfesselter Schwarz auf Kurs zu Gold

Marco Schwarz hat sich im Riesentorlauf in perfekte Position für die erste rot-weiß-rote Goldmedaille bei der alpinen Weltmeisterschaft in Frankreich gebracht. Der Kärntner sicherte sich mit einer entfesselten Fahrt mit mehr als einer halben Sekunde Vorsprung auf den Schweizer Favoriten Marco Odermatt die Bestzeit und greift im Finale (13.30 Uhr, live in ORF1, Übertragungsbeginn 13.00 Uhr) nach dem Thron. Auch Manuel Feller und Stefan Brennsteiner liegen als Fünfter und Sechster noch in Schlagdistanz zu den Medaillen.

Schwarz fand auf dem völlig vereisten Schlussteil der Eclipse-Piste eine nahezu perfekte Linie und verwies Odermatt, der vier der bisherigen sechs Weltcup-Riesentorläufe gewinnen konnte, mit Respektabstand von 0,58 Sek. auf Platz zwei. Auf den drittplatzierten Zan Kranjec aus Slowenien hat Schwarz zur Halbzeit 0,76 Sek. Vorsprung. Hinter dem Schweizer Loic Meillard (+1,13) brachten sich Feller mit 1,27 Sek. und Brennsteiner mit 1,37 Sek. Rückstand ebenfalls in Stellung. Einzig der Kombi-Dritte Raphael Haaser (+2,64) schaffte es nicht in die Top Ten.

Große Euphorie ließ Schwarz, der sich zum ersten heimischen RTL-Weltmeister seit Marcel Hirscher 2017 krönen könnte, im ORF-Interview nicht aufkommen. „Es war erst der erste Lauf“, sagte der 27-Jährige, der vor zwei Jahren in Cortina d’Ampezzo mit Bronze überrascht hatte: „Eigentlich ist in mir nicht so viel vorgegangen, natürlich habe ich mich gefreut. Ich habe ein gutes Gefühl gehabt, habe oben vielleicht etwas gebraucht, bis ich reingekommen bin. Dann hat das Material aber perfekt funktioniert, und es hat sich fein angefühlt.“

Odermatt vorerst Zweiter

Der mit Nummer eins gestartete Schweizer fabrizierte auf dem selektiven Kurs im Mittelteil einen Fehler und konnte daher letztlich mit Schwarz nicht mithalten.

Der als Skipiste getarnte Eislaufplatz, auf dem Steigeisen für die Pistenarbeiter zur Pflichtausrüstung gehörten, war für Schwarz kein Problem: „Vom Grip her ist es sehr gut gegangen, es schaut eisiger aus als es ist. Das gestrige Training war bei Weitem schwerer“, sagte der Kärntner, der bereits Silber in der Kombination im Reisegepäck hat. Den Siegersekt wollte Schwarz jedenfalls noch nicht einkühlen: „Jetzt muss der zweite (Lauf, Anm.) auch noch funktionieren. Nach dem ersten Durchgang kann ich mir noch nichts kaufen, daher lautet die Devise wieder ‚volle Attacke‘.“

Feller „teils, teils zufrieden“

Einen ähnlichen „Schlachtplan“ legt sich wohl auch Feller für den Showdown zurecht. Während der Rückstand auf seinen Teamkollegen Schwarz zu groß scheint, ist die Bronzemedaille nach einem Lauf nur 49 Hundertstel entfernt. Mit dem ersten Lauf war der Tiroler, vergangenen Dezember Zweiter in Val d’Isere, nur bedingt glücklich: „Ich bin teils, teils zufrieden. Im Allgemeinen war es ganz okay. Den einen oder anderen Schwung bin ich zu früh zugefahren, deshalb habe ich für den nächsten Schwung zu wenig Druck bekommen. Die Ausgangsposition ist aber ganz okay.“

Im zweiten Lauf wolle er noch mehr „draufdrücken“ und die Schwünge „sauberer fahren, dann ist noch etwas drinnen“, so Feller: „Es ist schon eisig, aber das eine oder andere Tor ist dann wieder griffiger. Man muss sich immer wieder anpassen und gefasst sein, was passiert.“ Der 30-Jährige zog aber auch vor dem Führenden Schwarz den Hut: „Der ‚Blacky‘ hat aber offenbar zu Beginn der Saison ein wenig geblufft, der Hund lässt einen herunter“, sagte Feller mit einem breiten Grinsen.

Feller zur Halbzeit Fünfter

Der Tiroler konnte die Bestzeit von Schwarz zwar nicht angreifen, wahrte aber seine Chance auf mögliches Edelmetall.

Brennsteiner war auf der Eispiste fast mit zu viel Grip unterwegs, liegt aber mit rund sechs Zehntel Rückstand ebenfalls noch im Rennen um die Medaillen. „Man muss hier herunter brutal versuchen, den Ski auf Zug zu halten, vor allem im unteren Bereich ist mir das nicht so gelungen. Es waren relativ viele Kurven. Ich habe fast zu viel Grip gehabt, ich bin mit einer Kantenpräparation gefahren, die ich seit sechs Jahren nicht mehr fahre“, sagte der 31-jährige Salzburger, „das hat sich sehr gut angefühlt. Ich hoffe, das gibt mir für den Zweiten noch mehr Selbstvertrauen.“

Titelkandidaten straucheln

Wie viel die Zeit von Schwarz wert ist, zeigten auch die Rückstände anderer Titelkandidaten. So riss der Norweger Henrik Kristoffersen, immerhin Weltmeister im Riesentorlauf 2019, 1,41 Sek. auf den Kärntner auf. Auch der französische Lokalmatador und Kombi-Weltmeister Alexis Pinturault kam mit 2,48 Sek. Verspätung auf die Bestzeit ins Ziel. Sein Landsmann Mathieu Faivre musste sich mit 3,97 Sek. Rückstand schon im ersten Lauf vom Traum der Titelverteidigung verabschieden.