Der österreichische Skiläufer Marco Schwarz mit seiner Silber- und Bronzemedaille
GEPA/Daniel Goetzhaber
Ski alpin

Silber und Bronze glänzen nicht wie Gold

Die erste titellose WM für Österreichs alpine Skirennläuferinnen und -läufer seit 36 Jahren ist Gewissheit. Zwar hat nur Norwegen mit neunmal Edelmetall mehr Medaillen als Österreich mit sieben geholt, aber ohne Gold blieb in der ewigen ÖSV-WM-Medaillenbilanz nur Platz 40. Eine WM sei eben „kein Wunschkonzert“, so Marco Schwarz. Neben Lichtblicken wie dem zweifachen Medaillengewinner gab es eben auch Enttäuschungen und Fragezeichen.

Seit den Weltmeisterschaften 1987 in Crans-Montana gewann Österreich beim Großereignis immer mindestens eine Goldmedaille. 2023 blieb es bei drei Silber- und vier Bronzemedaillen. Dem Goldcoup am nächsten kam Nina Ortlieb mit vier Hundertstelsekunden Rückstand auf Abfahrtsweltmeisterin Jasmine Flury aus der Schweiz. Im Parallelbewerb unterlag Dominik Raschner erst im Finale.

Schwarz fehlten in der Kombination 0,10 Sekunden auf Lokalmatador Alexis Pinturault. „Sicher ist es immer schön, wenn man einen Weltmeistertitel für Österreich nach Hause nimmt, aber im Großen und Ganzen haben wir sieben Medaillen, das ist auch nicht schlecht“, so Schwarz. „Das ist kein Wunschkonzert, das ist ein zähes Business, und es hat fast jeder schon die gleichen Möglichkeiten.“

Das war die Ski-WM 2023

Zum ersten Mal seit 1987 endet eine alpine Ski-WM ohne Gold für Rot-Weiß-Rot. Dennoch haben die Ski-Asse sieben Medaillen erobert – dreimal Silber und viermal Bronze. Es ist für den ÖSV also besser gelaufen als im Vorfeld befürchtet.

„Schokomedaille“ will keiner haben

Den sieben „blechernen“ vierten Plätzen oder „Schokomedaillen“, wie sie Franziska Gritsch nach dem vierten Platz im Teambewerb nannte, standen drei Silber- und vier Bronzemedaillen gegenüber. In der ewigen Bilanz reihte sich Courchevel/Meribel unmittelbar hinter Bormio 1985 ein, damals holte das ÖSV-Team eine Silberne mehr bei nur acht Bewerben und wie in Crans-Montana zwei Jahre später keine Goldene.

Medaillenspiegel

Gold Silber Bronze gesamt
1. Schweiz 3 3 1 7
2. Norwegen 2 3 4 9
3. USA 2 2 - 4
4. Italien 2 1 1 4
5. Kanada 2 - 2 4
6. Deutschland 1 - 1 2
. Frankreich 1 - 1 2
8. Österreich - 3 4 7
9. Griechenland - 1 - 1
Endstand nach 13 Bewerben

In der ewigen ÖSV-Medaillenbilanz bei alpinen Skiweltmeisterschaften ergibt das Platz 40 unter 44 gewerteten Titelkämpfen. Die Zielvorgabe von ÖSV-Präsidentin Roswitha Stadlober war in Frankreich übertroffen worden. Vier bis sechs hatte sie eingefordert, die Farbe war egal, Platz acht im Medaillenspiegel entsprach vermutlich nicht ihren Ansprüchen.

Allrounder Schwarz als ÖSV-Paradeathlet

Als Allrounder war Schwarz Österreichs Paradeathlet dieser WM. Ob Speed- oder Technikbewerbe, der Kärntner fuhr stets auf Augenhöhe mit den Weltmeistern. Im Dauerstress bewegte er sich auf den Spuren des Norwegers Kjetil Andre Aamodt, der seinerzeit in fünf Einzel-Disziplinen WM-Medaillen erobert hatte.

Der österreichische Skifahrer Marco Schwarz
GEPA/Mathias Mandl
Wie in Abfahrt, Kombi und Riesentorlauf war Marco Schwarz auch im Slalom bester Österreicher

Für Schwarz wurde es diesmal Kombi-Silber und Riesentorlauf-Bronze. Zwei sechste Plätze in Slalom und Super-G schienen als Streichresultat des 27-Jährigen auf. Als Vierter in der Abfahrt rettete er die Ehre der Speed-Fahrer. „Eine unglaubliche Leistung, Wahnsinn“, sagte Cheftrainer Marko Pfeifer.

Zwei klare Verlierer

Es gab aber auch Athletinnen und Athleten, die bei dieser WM nicht an vergangene Erfolge anschließen konnten. Katharina Liensberger und Vincent Kriechmayr, zweifache Weltmeister von Cortina 2021, fuhren den Anforderungen hinterher. Die Plätze elf in Abfahrt und zwölf im Super-G wurden es für Kriechmayr. Zu viele Fehler, so die Erklärung.

Der österreichische Skifahrer Vincent Kriechmayr
AP/Marco Trovati
Vincent Kriechmayr war chancenlos, blieb in Super-G und Abfahrt hinter den Erwartungen

Liensberger war als Titelverteidigerin im Slalom (20.) genauso chancenlos wie im Parallelbewerb, in dem sie über die Quali nicht hinausgekommen war. Platz 24 wurde es für die WM-Dritte von 2021 im Riesentorlauf. Die Vorarlbergerin kam nicht in Schwung, fand auf der Piste nicht zum alten Gefühl und den Spaß am Skifahren. Neo-Mentalcoach Matthias Berthold konnte ihr so kurzfristig nicht helfen.

Rekord an vierten Plätzen

Auch der Teambewerb brachte mit Platz vier nicht die erhoffte Goldmedaille für das Team, das vor einem Jahr bei Olympia in Peking noch ganz oben am Stockerl gestanden war. Das ÖSV-Team zeigte insgesamt Schwächen, die Skination, einst Nummer eins, wankte. Nach Silber in Aare 2019 war der ÖSV im Teambewerb zum zweiten Mal in Folge ohne WM-Medaille geblieben.

Platz vier blieb symptomatisch für Österreich. Bei „Blech“ war das ÖSV-Team Serienweltmeister 2023 – ein Titel, den niemand wollte. Siebenmal fuhren Österreichs Skiläufer und Skiläuferinnen als Vierte an Bronze vorbei – neuer ÖSV-WM-Rekord. Auf je zwei vierte Plätze kamen Frankreich, die Schweiz und Norwegen.

Die österreichische Skifahrerin Ramona Siebenhofer
GEPA/Daniel Goetzhaber
Den Reigen an vierten Plätzen eröffnete Ramona Siebenhofer in der Kombi

Für Österreich gelang das Ramona Siebenhofer (Kombi), ex aequo Cornelia Hütter und Mirjam Puchner bzw. Schwarz in der Abfahrt, Adrian Pertl im Parallelbewerb, Stefan Brennsteiner (Riesentorlauf) und eben dem Team, wobei Schwarz mit 0,04 Sekunden Rückstand in der Abfahrt einer weiteren WM-Medaille am nächsten war.

Licht und Schatten wechseln

Schon in der ersten Woche war sprichwörtlich nicht alles Gold, was glänzte. So berauschend die WM in Frankreich in der Kombination mit Bronze für Ricarda und Raphael Haaser sowie Silber für Marco Schwarz angelaufen war, so ambivalent ging sie in den Speed-Bewerben weiter. Die Damen blieben zunächst am Drücker. Im Super-G holte Cornelia Hütter Bronze, Nina Ortlieb in der Abfahrt Silber. Beide verbindet ein langer Leidensweg, für beide war es ebenso die erste WM-Medaille wie für die Haasers.

Die österreichische Skifahrerin Ricarda Haaser mit der Bronzemedaille
Reuters/Leonhard Foeger
In der Kombi jubelte Ricarda Haaser über ihre erste WM-Medaille, im Riesentorlauf folgte eine Verletzung

Im Schatten der Damen standen in der Folge die Herren, die nach der Kombi vergeblich nach Edelmetall schürften, obwohl sie knapp dran waren. Die Ränge fünf und sechs durch Haaser und Schwarz im Super-G waren kein Trost, erst recht nicht Platz vier von Schwarz in der Abfahrt. Immerhin verhinderte der Kärntner in der erst zweiten Spezialabfahrt seiner Karriere ein Debakel des Speed-Teams, das erstmals seit der Heim-WM in Schladming vor zehn Jahren in beiden Disziplinen ohne WM-Podestplatz geblieben war.

Fehlendes Selbstvertrauen

Nach der Enttäuschung im Teambewerb zu Beginn der zweiten Woche traten die Damen in den Schatten der Herren, die durch Dominik Raschers Silber im Parallelbewerb, seiner ersten WM-Medaille, an Medaillen mit den Damen gleichzogen. Die ÖSV-Damen hatten es in Slalom und Riesentorlauf nicht mehr in die Top Ten geschafft.

Cheftrainer Thomas Trinker bilanzierte nach der starken ersten Woche mit drei Medaillen trotz schwacher zweiter Woche zufrieden. „Drei Medaillen waren unser Minimalziel, das haben wir geschafft. Eine vierte wäre wahrscheinlich auch möglich gewesen – im Team. Dann wussten wir, dass es schwer wird“, sagte Trinker. In Riesentorlauf und Slalom war gemäß den Weltcup-Leistungen nichts mehr zu erwarten.

„Wenn es um nichts mehr geht, geht’s plötzlich“

„Wir haben keine Dame im Team, die mit so viel Selbstvertrauen fährt, dass es klappt.“ Allgemein sei die Psyche laut Alpin-Direktor Herbert Mandl das Problem der kriselnden Technikerinnen.

„Wenn es um nichts mehr geht, geht’s plötzlich“, sagte Mandl – wie bei Gritsch im Slalom, als sie von Platz 30 auf 13 stürmte. Die Chance auf eine Medaille war längst dahin. „Sie fahren alle verkrampft weg, mit sehr viel Erwartungshaltung ihrerseits. Sie wollen das Beste geben, doch das scheint sie zu lähmen.“ Ob Mentalcoach Berthold, eigens für Liensberger und die WM engagiert, im Team bleibt, wurde noch nicht entschieden.