Der Frust über „Blech“ auf der Normalschanze ist jedenfalls verflogen. Seiner vergangene Woche nach Halbzeitführung bei turbulenten Bedingungen verpasste 13. WM-Medaille weint der Salzburger keine Träne mehr nach. „Mittlerweile kann ich damit leben, es hilft nichts, ich bin cool skigesprungen, aber es wollte nicht sein. So ist es schon vielen gegangen.“ An den Ruhetagen habe er die vierten Plätze im Einzel und im Mixed-Team abgeschüttelt und neue Energie geschöpft.
In der Großschanzen-Qualifikation kam Kraft am Donnerstag als Sechster zwar ins Spitzenfeld, verlor aber im Vergleich zum Qualibesten Timi Zajc aus Slowenien bei gleicher Anlauflänge doch 7,5 m und 10,2 Punkte. Trotzdem geht der Salzburger zuversichtlich in die Konkurrenz: „Ich freue mich drauf, bin in einer super Form, habe meine Sachen beieinander, bin körperlich topfit und gesund – von dem her ist eine Medaillenchance sicher da, und an das glaube ich auch.“
Kraft bester Österreicher in Quali
Bei der Qualifikation für den Bewerb auf der Großschanze bei der nordischen Ski-WM in Planica zeigten Österreichs Adler solide Sprünge, ohne aber mit der absoluten Spitze mitzuhalten. Bester wurde einmal mehr Stefan Kraft.
Ähnliche Ausgangssituation
Zudem kann der 29-Jährige auf die Erinnerungen von Oberstdorf bauen. Vor zwei Jahren lief auf der Normalschanze mit Platz zehn nichts zusammen, auf der Großschanze schlug der ÖSV-Adler aber zurück und holte sich nach 2017 zum zweiten Mal Gold. Aufgrund vieler blendend aufgelegter Konkurrenten werde es aber ein harter Fight, sagte Kraft mit Verweis auf die in der Quali starken Polen Dawid Kubacki und Kamil Stoch. Auch Weltcup-Spitzenreiter Halvor Egner Granerud gehört trotz einer durchwachsenen WM und Platz neun in der Qualifikation zum Favoritenkreis. „Mit ihm ist wieder zu rechnen, er hatte im Einzel Pech und keine guten Bedingungen.“
Auch wenn für Kraft Qualisieger und Lokalmatador Zajc als Titelkandidat Nummer eins in den Bewerb geht, sei eine Überraschung nie ausgeschlossen: „Es kann leicht sein, dass drei eine übermenschliche Form auf der Großen haben, dann wird es auch wieder schwer.“ Im ORF-Interview hoffte der Salzburger aber darauf, dass vielleicht doch er wieder die richtige Unterstützung bekommt: „Wenn es ganz nach vorne gehen soll, dann braucht es auch Hilfe von oben“, so der Titelverteidiger.

Quartett mit Überraschungspotenzial
Krafts Teamkollegen Daniel Tschofenig, Jan Hörl, Michael Hayböck und Manuel Fettner schafften es zwar ebenfalls souverän in den Hauptbewerb, gehören aber nicht zum engsten Favoritenkreis. Sie dürfen nach teils sehr guten Weltcup-Ergebnissen jedoch auf einen Überraschungscoup hoffen. Geht es nach Kraft, hat vor allem der Kärntner Tschofenig das Potenzial bei seinem Fastheimspiel in Planica die Elite zu düpieren. „Wenn er zwei Raketen zeigt, dann kann er auf das Stockerl kommen.“
Der Elfte der Großschanzen-Quali hatte wie Kraft, Granerud und einige andere auf dem kleinen Bakken Windpech gehabt, sein Ärger ist aber schnell verraucht. „Ich bin wieder auf Normalzustand. Die Schanze liegt mir sehr gut, es kann alles drin sein“, so Tschofenig, der sich mit seinen 20 Jahren noch nicht im engsten Favoritenkreis sieht. „Eine Medaille ist kein Ziel, von dem ich sage, das muss jetzt passieren. Ich habe noch genug Zeit. Aber natürlich darf man träumen und man darf Hoffnungen haben.“
Sollte es im Einzel anders als bei seiner zu Gold gesprungenen kanadischen Freundin Alexandria Loutitt nicht klappen, habe er mit der ÖSV-Mannschaft am Samstag noch gute Chancen. „Im Team wollen wir alle echt die Medaille sehen, vor allem nach den zwei vierten Plätzen.“ Unmittelbar hinter Kraft als Siebenter zeigte Hörl in der Qualifikation eine klare Aufwärtstendenz. Hayböck und Fettner stiegen mit den Positionen 14 bzw. 20 auf.
Hoffnung auf guten Wind
ÖSV-Cheftrainer Andreas Widhölzl hofft, dass gleichbleibende Verhältnisse ein weiteres Drama verhindern. „Ich hoffe, dass das Wetter stabiler wird, dass es wirklich fair wird“, so der Tiroler in der APA. Der ÖSV-Coach schließt aber auch bei idealen Verhältnissen einen Überraschungssieger nicht aus. „Es geht schnell im Skispringen, dass Erfolg da ist, aber es kann auch schnell gehen, dass man Vierter oder Fünfter ist. Man sieht es auch bei den Deutschen, die schleudert es das ganze Jahr und sie bekommen wenig zusammen, und jetzt haben sie eine erfolgreiche WM.“