156 Punkte beträgt Kildes Vorsprung bei noch drei ausstehenden Abfahrten auf Kriechmayr. Aufgrund der verpatzten WM (12./Super-G, 11./Abfahrt) und seiner Formkurve weist der Oberösterreicher Gedanken an die Kristallkugel aber weit von sich. Es „fuchst mich ein bisschen“, sagte Kriechmayr. Seit Sommer 2022 ist der Skistar auch Jungjäger, doch Kilde hat er nicht im Visier. „Ich hoffe natürlich, dass ich mich besser als bei der WM präsentieren kann. Aber es ist zurzeit nicht so einfach, zu den ganz großen Favoriten würde ich mich nicht zählen. Ich muss schauen, dass ich wieder besser Ski fahre.“
Bliebe also nur noch Marco Odermatt übrig, der Kilde die erfolgreiche Titelverteidigung streitig machen kann. Zwar verwies Odermatt seinen Rivalen mit einer fabelhaften WM-Abfahrt auf Platz zwei. Doch im Weltcup hatte Kilde in der Königsdisziplin zuletzt fast immer die Nase vorne, wie auch der schon 234 Punkte zurückliegende Schweizer weiß. Für ihn ist Kilde „der beste Abfahrer der Welt“.
Fünf der acht Saisonabfahrten im Weltcup gingen an das norwegische Kraftpaket, die restlichen drei schnappte sich Kriechmayr, der im Super-G-Weltcup als Dritter schon aus dem Rennen ist. Hier führt Odermatt 148 Punkte vor Kilde. Werden die Speed-Entscheidungen im USA-Triple vertagt, gibt es in Andorra in zwei Wochen ein Herzschlagfinale.
Weltcup-Comeback nach fünf Jahren Pause
Wegen veralteter Infrastruktur – auch rund um die Liftanlage – fanden im einstigen Silberminenstädtchen und heutigen Nobelskiort Aspen seit 2017 keine Weltcup-Rennen mehr statt. Sportlich ist schnelles Zurechtfinden gefragt. Das erste Training wurde wegen laufender Pistenarbeiten infolge von heftigen Schneefällen abgesagt. Im einzigen Probegalopp auf der Piste Ruthie’s Run fuhr der Deutsche Andreas Sander Bestzeit. Daniel Danklmaier wurde als bester Österreicher Achter (+0,42). Odermatt (0,47), Kilde (1,06) und Kriechmayr (1,70) hielten sich zurück bzw. kamen nicht in Fahrt.
Marco Schwarz ist als Premierensieger im Riesentorlauf die gut 1.500 Kilometer von Lake Tahoe (Kalifornien) nach Aspen (Colorado) mit dem Auto gefahren. „Der Roadtrip hat mir sehr gut gefallen“, sagte der Kärntner, der auf der Abfahrtsstrecke in Aspen keine Erfahrungswerte hat, aber mit der ihm eigenen Coolness wieder die Branchenstars ärgern will. „Es ist immer gut, wenn neue Strecken sind, wo die anderen nicht so den Vorteil haben“, sagte der 27-Jährige, der im einzigen Training 15. (+0,59) wurde. „Natürlich waren viele beim Weltcup-Finale 2017 da, aber das ist auch schon einige Zeit her. Von dem her passt das für mich ganz gut“, sagte Schwarz vor seiner erst zweiten Weltcup-Spezialabfahrt.
Hemetsberger kämpft mit Zeitumstellung
Auch Daniel Hemetsberger (33./+1,30) ist in den USA im wahrsten Sinne angekommen, nachdem ihm die Zeitumstellung auch diesmal zugesetzt hatte. „Mittlerweile bin ich recht gut akklimatisiert, glaube ich, und freue mich auf die Rennen“, sagte Hemetsberger, der zuletzt auch Tiefschneetage im „geilen Skigebiet“ Aspen Highlands verbracht hat. Sein Motto für das Weltcup-Wochenende: „Kleinere Brötchen backen, nachdem es zuletzt nicht so gut gelaufen ist. Top Ten passt.“
Bei allem Understatement erwartete auch Kriechmayr „lässige Rennen“ auf einer für alle ziemlich unbekannten Piste. „Die Strecke und die Kurssetzung werden sich leicht verändert haben“, mutmaßte der Oberösterreicher, der 2017 Abfahrtsneunter geworden ist. Mit starken Trainings hatte er sich damals ins Schaufenster gefahren, im Rennen aber schon im obersten Gleitteil zu viel Zeit verloren. So wurden vor sechs Jahren beim Weltcup-Finale für Dominik Paris (Abfahrt) und Hannes Reichelt (Super-G) junge Blautannen am Aspen Mountain gepflanzt, wie dies für die Weltcupsieger- und -siegerinnen seit 2009 praktiziert wird.