Daniel Hemetsberger (ÖSV) während des Starts in Aspen
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Ski alpin

Heikle Umgestaltung des Weltcup-Kalenders

Der alpine Weltcup-Kalender hat in der abgelaufenen Saison für Kritik gesorgt, vor allem über die zwei Nordamerikareisen im November/Dezember sowie im Februar/März wurde hinsichtlich der Umweltbilanz heftig diskutiert. Nicht als Ausrichter bewährt hat sich dabei Aspen. Ob und wann das US-Resort wieder im Kalender auftaucht, ist offen. Eine sinnvolle Umgestaltung des Kalenders ist allerdings eine heikle Sache.

Wetterpech, eine eher „einfache“ Strecke, mangelhafte Infrastruktur, eine schludrige Organisation, dazu eine überschaubare Zuschauermenge in den Rocky Mountains. Dass die drei Rennen in Aspen (von denen eines wetterbedingt abgebrochen wurde) genau das nicht erreicht haben, was FIS-Präsident Johan Eliasch bezwecken wollte, lässt sich kaum wegdiskutieren. Eliasch verfolgt nämlich das Ziel, mehr Fans aus den USA für den Weltcup zu begeistern.

Anfang März seien die Resorts dort besser frequentiert und das Grundinteresse höher als im November oder Dezember, hatte der Brite zu Saisonbeginn behauptet. Eine Woche vor Aspen machte der Weltcup noch im Februar auch in Palisades Tahoe in Kalifornien Station. Die Technikevents dort waren zwar besser organisiert und laut Veranstalter ausverkauft, wurden aber gleichermaßen von Wind und Wetter in Mitleidenschaft gezogen.

ÖSV-Präsidentin Roswitha Stadlober
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ÖSV-Präsidentin Stadlober kritisierte die Pläne von FIS-Präsident Eliasch

„Ich glaube, dass es nicht Sinn macht, zweimal so nach Amerika zu reisen“, sagte ÖSV-Präsidentin Roswitha Stadlober während der Ski-WM in Frankreich. Der notwendige Aufwand sei logistisch „ein Wahnsinn, finanziell ein Wahnsinn“, stellte sie fest. „Wenn ich alle Nationen kumuliere, glaube ich, ist das ein siebenstelliger Betrag Mehrkosten. Und ich habe nicht begriffen, wer den Mehrwert hat“, meinte Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann. „Ich habe immer gesagt, dass wir das unterstützen, wenn es ein schlüssiges Konzept gibt. Aber ich habe das Konzept nie gesehen, wieso und warum.“

Eliasch verfolgt seine Vision

Die Vision von Eliasch ist, den alpinen Skisport auf eine Stufe mit globalen Sportarten wie Tennis, Golf und Formel 1 zu heben. Dafür müsse man auch in anderen Weltregionen als in Europa präsent sein. Weltcups in China sind wohl nur eine Frage der Zeit, bleibt noch die Fantasterei von Indoor-Bewerben in Skihallen. „Das war eine Idee, die von (Ex-ÖSV-Präsident, Anm.) Peter Schröcksnadel sehr forciert wurde“, erklärte der streitbare Unternehmer. „Eine Sommerserie im Slalom in Hallen zu veranstalten. Man könnte in Dubai fahren, man könnte nach Oslo gehen, es gibt welche in London, in den Niederlanden.“

FIS-Präsident Johan Eliasch
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FIS-Präsident Eliasch will den Skisport globaler vermarkten

Gleichzeitig hat Eliasch mehr Augenmerk auf den Klimaschutz versprochen. Das in Einklang zu bringen, erscheint wie die Quadratur des Kreises, da die langen Flugreisen den größten Brocken in der CO2-Bilanz verursachen. Einig sind sich nahezu alle, dass der Saisonstart künftig später erfolgen und sich konsequenterweise auch das Saisonende etwas nach hinten verschieben wird – um dem Faktum Rechnung zu tragen, dass die Schneesicherheit vor Weihnachten künftig immer weniger und an nur sehr hoch gelegenen Standorten gegeben sein wird.

Thema ist ein „heißes Eisen“

Stadlober regte vor Kurzem an, mehrere Weltcup-Destinationen in den USA nacheinander abzuklappern. „Wir wissen, dass in Nordamerika von Oktober bis Dezember einfach gute Bedingungen sind. Es funktioniert, dann machen wir halt drüben den ersten Block“, sagte sie. Das würde zumindest die transatlantischen Flüge reduzieren – allerdings auch etablierte Veranstalter wie Val d’Isere, Gröden und Alta Badia vor den Kopf stoßen.

„Das Thema ist natürlich ein ‚heißes Eisen‘, da jedes Land sein traditionelles Rennen hat, das mit viel Herzblut verteidigt wird. Aber man muss heutzutage in diese Richtung denken dürfen“, verdeutlichte BOKU-Professorin Ulrike Pröbstl-Haider vom Institut für Landschaftsentwicklung.

Ein weiteres Problem: Durch die vermehrte Reisetätigkeit – Stichwort Jetlag – würden die Möglichkeiten der Aktiven, zwischen den Wettkämpfen ausreichend zu regenerieren, weiter schwinden. „Hier wäre es nicht nur im Sinne der Nachhaltigkeit, sondern auch der mentalen Gesundheit der Athletinnen und Athleten, den Rennkalender zu überdenken“, sagte Pröbstl-Haider in der aktuellen Ausgabe des ÖSV-Magazins „Ski Austria“. Vielleicht wäre weniger also tatsächlich mehr, auch wenn ein verschlankter Kalender mit weniger Einnahmen für die großen Player in dem Spiel einhergehen würde.