Katharina Truppe (AUT)
GEPA/Daniel Goetzhaber
Ski alpin

Wenige Lichtblicke in trüber ÖSV-Bilanz

Mikaela Shiffrin und Marco Odermatt waren die strahlenden Sieger in der Weltcup-Saison 2022/23. Die US-Amerikanerin und der Schweizer räumten Kugeln und Siege en masse ab. Für den Österreichischen Skiverband (ÖSV) gab es unterdessen kaum Lichtblicke in einer trüben Bilanz. Zum zweiten Mal in Folge gab es keine einzige Kristallkugel. Gemessen an Podestplatzierungen war es sogar die schlechteste Saison seit 38 Jahren. Handlungsbedarf besteht vor allem bei Österreichs Damen, da wird es erneut große Änderungen im Trainerbereich geben.

25 Podestplätze (7/10/8) für den ÖSV bedeuteten die schlechteste Bilanz seit den 21 der Saison 1984/85 (7/5/9). Es gelangen auch mit sieben die wenigsten Siege seit 1986/87, als nur zwei eingefahren wurden. Die Herren bilanzierten mit 16 Stockerlplätzen (5/6/5), weniger gab es zuletzt 1991/92 mit 15 (1/7/7). Bei den ÖSV-Damen muss man in den Statistikbüchern nicht so weit zurückblättern, um eine ähnlich schwache Bilanz zu finden. Mit nur neun Podestplätzen (2/4/3) waren die rot-weiß-roten Frauen so schlecht wie seit 2016/17 (1/2/4) bzw. 2017/18 (2/2/5) nicht mehr.

Im Nationencup trat der Fall ein, dass Österreich erstmals weder bei Frauen noch Männern in den Top Zwei landete. Der Gesamtsieg ging an die Schweiz (11.318). Österreich (8.729) liegt mit Respektabstand auf Rang zwei, Dritter wurde Norwegen (7.611). Bei den Frauen siegte die Schweiz (5.020) vor Italien (4.188) und Österreich (3.973), bei den Männern Schweiz (6.298) vor Norwegen (5.272) und Österreich (4.756).

Große Kristallkugeln in weiter Ferne

Vincent Kriechmayr beendete den Gesamtweltcup mit 953 Zählern hinter dem einen Punkterekord aufstellenden Odermatt (2.042) sowie den Norwegern Aleksander Aamodt Kilde, Henrik Kristoffersen und Lucas Braathen an fünfter Stelle. Neo-Allrounder Marco Schwarz, der 30 von 38 Saisonrennen bestritt, wurde Siebenter (863).

Bei den Frauen muss man im Ranking wesentlich weiter nach unten blicken, Cornelia Hütter ist mit 512 Punkten als 14. die beste Österreicherin. Shiffrin (2.206) buchte fast 1.000 Punkte mehr auf ihr Konto als ihre erste Verfolgerin Lara Gut-Behrami aus der Schweiz. Odermatt und Shiffrin siegten jeweils mit dem zweitgrößten Vorsprung der Historie. Beide gewannen jeweils auch am meisten Preisgeld – sie rund 980.000 Euro, er rund 955.000.

Kriechmayr ragt aus ÖSV-Team heraus

Der Blick auf die Siegerlisten zeigt, dass sich bei den Männern elf Athleten aus nur vier Nationen – 18 Siege Schweiz, 14 Norwegen, fünf Österreich, einer Frankreich – eintrugen. Odermatt war mit 13 Erfolgen der Überflieger. Bei den Herren war Kriechmayr mit vier Abfahrtssiegen (Gröden, Bormio, Kitzbühel, Soldeu) der große Lichtblick. Schwarz konnte in Palisades Tahoe seinen ersten RTL gewinnen. Bei den Frauen gab es Tagessiege für Läuferinnen aus zehn Nationen, Mikaela Shiffrin glänzte mit 14 Triumphen. Cornelia Hütter und Nina Ortlieb holten sich in Kvitfjell jeweils einen Super-G.

Vincent Kriechmayr (AUT)
GEPA/Harald Steiner
Vincent Kriechmayr schulterte nach dem Rücktritt von Matthias Mayer die Last im Speed-Team alleine und überzeugte

„Fordernde Saison“ für ÖSV-Herren

ÖSV-Männer-Chefcoach Marko Pfeifer sprach von einer „fordernden Saison“, die schwere Verletzung von Max Franz im November habe Spuren hinterlassen. Und kurz vor dem Jahreswechsel beendete Matthias Mayer überraschend seine Karriere. „Kriechmayr hat trotz vier Siegen die Kugel nicht gewonnen, weil Kilde zu konstant war. Kilde dominiert in der Abfahrt, Odermatt im Super-G und Riesentorlauf. Im Slalom ist es nicht so gelaufen, da waren ein paar Sachen nicht auf unserer Seite“, sagte Pfeifer.

Mit Schwarz sei ein neuer Stern im Speed-Bereich aufgegangen. „Das hat gutgetan, das beflügelt die Mannschaft und schiebt an.“ Mannschaftlich sei man dabei, aber das letzte Alzerl müsse man noch finden, damit man auch wieder mehr Rennen gewinne. Man habe den Anspruch nach mehr. Doch gebe es derzeit ein paar Ausnahmekönner im Skizirkus bei den Herren, meinte der Chefcoach – Ausnahmekönner, die man selbst nicht einfach „herbeizaubern“ könne.

Marko Pfeifer (AUT)
GEPA/Mathias Mandl
Herren-Chefcoach Marko Pfeifer blickt auf eine schwierige Saison zurück

Handlungsbedarf bei den Damen

Bei den Männern gibt es im Trainerbereich keinen Handlungsbedarf (Pfeifer: „Ich habe einen sehr guten Trainerstab und setze auf Kontinuität“), bei den Frauen könnte nach nur einer Saison wieder vieles auf den Kopf gestellt werden. Chefcoach Thomas Trinker will jedenfalls weitermachen, wie er am Sonntag bekanntgab. Technikchef Georg Harzl wolle man „in irgendeinem Bereich behalten“.

Fix ist der Abgang von Speed-Chef Alexander Hödlmoser und Florian Scheiber. Schon während der Saison trennte man sich von Livio Magoni, der die völlig außer Form und verunsichert agierende Katharina Liensberger betreute. Die Saison bilanzierte Trinker als „medium“, es gelte individuell zu analysieren. „Es war keine Topsaison, aber auch keine ganz schlechte. Wir haben einige Highlights erlebt.“

Katharina Liensberger (AUT)
APA/EXPA/Johann Groder
Für das ÖSV-Aushängeschild Katharina Liensberger wurde diese Saison zu einem kapitalen Flop

Zu Beginn des neuen Jahres sei es sehr turbulent gewesen, da habe man sich mit sehr viel Energie reinhauen müssen, damit es nicht eskaliere. „Das haben wir ganz gut in den Griff bekommen. Es zeigt jetzt alles in eine richtige Richtung. Wir werden mit dem Team sicher noch einiges erreichen.“ Teilweise sei die Chemie nicht so da gewesen, wie man sich das wünsche. Gleich der Saisonstart sei im Technikbereich holprig gewesen, da sei es schwer rauszukommen.