„Ich denke, es ist mehr eine traurige Vorstellung der FIA als eine Enttäuschung für uns selbst“, sagte Alonso zu einem Zeitpunkt, als er davon ausgehen musste, Vierter geworden zu sein. Die Strafversetzung gegen den zweimaligen Weltmeister wurde ausgesprochen, weil seine Boxencrew beim Absolvieren einer ersten Zeitstrafe angeblich zu früh mit dem Arbeiten am Auto begonnen hatte. Dabei stand die Frage im Raum, ob der Wagenheber das Auto am Heck berührt hatte und das als Arbeiten am Wagen zählt.
Nachdem Aston Martin eine Neubeurteilung des Falls beantragt hatte, stießen die Rennkommissare ihre Entscheidung noch einmal um. Offenbar hatten sie sich zuvor auf eine Abmachung unter den Teams berufen, die es gar nicht gibt. Das Anlegen des Wagenhebers gilt demnach nicht als Arbeiten am Auto.
Strafenwirrwarr um Alonso
Fernando Alonso darf seinen dritten Platz vom GP in Saudi-Arabien behalten. Im Verwirrspiel rund um eine Rückversetzung nach dem Rennen am Sonntag haben der Spanier und sein Team Aston Martin recht bekommen.
Kritik bekam die FIA vor allem dafür, wann die zweite Strafe ausgesprochen wurde – über 30 Runden nach dem betreffenden Vorfall. „Man kann nicht 35 Runden nach dem Boxenstopp eine Strafe aussprechen. Sie hatten genug Zeit“, befand Alonso. Wenn er von der Strafe gewusst hätte, hätte er versuchen können, einen Vorsprung von elf Sekunden auf Mercedes-Mann George Russell rauszufahren. Er habe aber nicht einmal gewusst, dass es überhaupt eine Untersuchung gebe.

„Die Fans tun mir leid“
Tatsächlich kamen die Stewards erst so spät und nach Zuruf der Rennleitung unter dem Deutschen Niels Wittich zu ihrer Entscheidung, weil sich die Videoreferees in Genf die Aufnahmen von der strittigen Szene noch mal angeschaut hatten. Dann musste es schnell gehen.
Hätten die Stewards vor der Siegerehrung etwas länger gewartet, dass eine Strafe bevorsteht, so der Tenor bei Fans und professionellen Beobachtern, hätten sie Alonso wohl einiges an Ärger erspart und stattdessen Russell die Chance gegeben, auf dem Podium mit Sieger Sergio Perez und dessen Red-Bull-Teamkollegen Max Verstappen zu feiern. Allerdings nahm Russell und nicht Alonso anschließend an der Pressekonferenz der Top-Drei-Fahrer teil. Aus jetziger Sicht erst recht wieder der Verkehrte, könnte man einwerfen. „Die Fans tun mir leid“, meinte Alonso nach dem Strafenwirrwarr.
Heikles Problem
Das Problem von Strafen und ihres Timings ist im gesamten Motorsport ein altbekanntes, einigermaßen heikel und nicht leicht zu lösen. Dass die Beurteilung eines Sachverhalts mitten im Renngeschehen, wo laufend neue Szenen betrachtet werden müssen, eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, liegt auf der Hand. Ab wann es „zu lange“ ist, ist schwer zu bemessen.
Dass die FIA-Kommissare den Fall nach Intervention von Aston Martin noch einmal öffneten und neue Beweise zuließen, ist angemessen und gerechtfertigt. Aber auch das geschah freilich erst nach Anhörung von Teamprotagonisten und sorgfältiger Abwägung. Die Weltbehörde reagierte dennoch und will das Prozedere schon am kommenden Donnerstag beim Treffen des FIA-Sportbeirats thematisieren.
Alonso wollte sich letztlich mit dem Vorfall nicht zu sehr beschäftigen. „Für mich war das Wichtigste, dass das Auto so stark war, denn wir waren die Zweitschnellsten“, hielt der Aston-Martin-Pilot fest. „Wir waren klar vor Ferrari und haben die Mercedes kontrolliert“, fügte er hinzu. Das seien „sehr gute Nachrichten“. Red Bull sei im Moment „vielleicht ein bisschen außer Reichweite, aber wir sind gleich dahinter“.