Annemarie Moser-Pröll auf Straße
APA/Robert Jaeger
Ski alpin

Moser-Pröll feiert 70er „gemütlich“

Nach einem Winter der purzelnden Rekorde haben im alpinen Skiweltcup nur noch wenige Uralt-Bestmarken Bestand. Eine davon sind seit 1979 die sechs Gesamtsiege von Annemarie Moser-Pröll. Am Montag feiert die fünffache Weltmeisterin und Olympiasiegerin von Lake Placid 1980 ihren 70. Geburtstag, den sie „gemütlich“ angeht. Der Runde schrecke sie nicht, das Leben bekomme keinen plötzlichen Knick deshalb, und „man schaut ja sowieso immer vorwärts“, sagte Österreichs Jahrhundertwintersportlerin ruhig.

Den 70er begeht Moser-Pröll bei ausgezeichneter Gesundheit. „Ich tue aber auch was dafür“, verweist die Salzburgerin auf ein nach wie vor aktives Leben mit Bergwandern, Skifahren und Tennis. Alles mit Maß und Ziel zwar, nur Letzteres betreibt die leidenschaftliche Jägerin gerade intensiver. Zu ihrem Siebziger will sie nämlich Gutes tun und mit einem Charity-Tennisturnier im Mai in Wien, an dem sie selbst aktiv teilnimmt, Geld spenden.

Den Geburtstag feiert Moser-Pröll „gemütlich“, sie geht mit der Familie und der befreundeten Ex-Rivalin Marie-Theres Nadig Ski fahren. „Zu Hause werde ich nicht sein, da geht die Tür nicht mehr zu“, so Moser-Pröll schmunzelnd. Das Leben und die Karriere der am 27. März 1953 als sechstes von acht Kindern in Kleinarl im Pongau geborenen Bergbauerntochter eignet sich in jedem Fall als Filmvorlage. Wie Jahrgangskollege Franz Klammer hat Moser-Pröll, die seit der Hochzeit mit Herbert Moser (verstorben 2008) tatsächlich nur Moser heißt, ein gutes Jahrzehnt den Skirennsport maßgeblich geprägt und gehört nach wie vor zu den Legenden ihrer Zunft.

Annemarie Moser-Pröll: Die Jahrhundertsportlerin wird 70

Annemarie Moser-Pröll, Österreichs bisher erfolgreichste Skirennläuferin, feiert ihren 70. Geburtstag. Die Bergbauerntochter aus Kleinarl in Salzburg wird in den 1970er Jahren zum größten internationalen Skistar. Ihre sechs Weltcup-Gesamtsiege sind bis heute bei den Damen unerreicht. Nach fünf Weltmeistertiteln krönt sie sich mit dem noch fehlenden Olympiasieg 1980 in Lake Placid in den USA und beendet ihre Profilaufbahn.

62 Weltcup-Siege lange unerreicht

Ihre 62 Weltcup-Siege waren eine Marke, die 35 Jahre Bestand hatte und erst 2015 von Lindsey Vonn und 2019 dann noch von deren US-Landsfrau Mikaela Shiffrin übertroffen wurde. Dass Shiffrin nach Ingemar Stenmark auch Moser-Pröll vom Thron stoßen wird, ist für die Österreicherin nur logisch. „Ich hatte eine so wunderbare Zeit, dass ich nicht darüber nachdenke, ob mir jemand den Kugelrekord wegnimmt. Mikaela ist eine so perfekte Skifahrerin, dass sie nach oben keine Grenzen hat, wenn sie gesund bleibt.“

Fotostrecke mit 6 Bildern

Annemarie Moser-Pröll beim Skifahren, 1980
APA/AFP
In Lake Placid holte Moser-Pröll 1980 Olympiagold und gleichzeitig auch einen ihrer fünf WM-Titel
Annemarie Moser-Pröll bei Preisverleihung, 1999
APA/Barbara Gindl
1999 wurde die Salzburgerin in der Wiener Staatsoper als Weltwintersportlerin des Jahrhunderts ausgezeichnet
Annemarie Moser-Pröll und Leonard Stock
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Bei Moser-Pröll war immer auch viel Spaß dabei, hier in Lake Placid mit ÖSV-Teamkollegen Leonhard Stock
Annemarie Moser-Pröll und Lindsey Vonn
APA/Hans Klaus Techt
Ihr Rekord von 62 Weltcup-Siegen wurde erst 2015 von US-Star Lindsey Vonn übertroffen
Annemarie Moser-Pröll beim Skifahren, 1977
APA/AFP
36 ihrer insgesamt 62 Weltcup-Siege feierte Moser-Pröll in der Abfahrt, drei gelangen ihr im Slalom
Franz Klammer, Annemarie Moser-Pröll und Toni Innauer in New York
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1999 nahm sie u. a. mit Toni Innauer und Franz Klammer mitten in New York bei einem Promiskispringen teil

Elf Abfahrtssiege in Folge wird Moser-Pröll hingegen wohl keine so schnell nachmachen. Das Filmreife an Leben und Karriere von „La Pröll“, wie sie von der französischen Presse respektvoll genannt wurde, ist rasch beschrieben. Ihre erste Weltcup-Abfahrt beendete sie als 14-Jährige in Bad Gastein weinend und nach mehreren Stürzen als Letzte. Doch rasch entfachte das ehrgeizige Mädchen, das mit vom Vater aufgebogenen Dachschindeln das Skifahren gelernt hatte, mit ihren Erfolgen einen landesweiten Hype und wurde zum sportlichen Superstar ihrer Zeit.

Kein Kind von Traurigkeit

Dass die Salzburgerin zudem kein Kind von Traurigkeit war, trug nicht unwesentlich zu ihrer Legendenbildung bei. Als sie trotz Erkrankung einmal alle Rennen in Grindelwald gewonnen und danach einige Gläser Champagner geleert hatte, schrieb ein fassungsloser Schweizer Journalist über die Österreicherin: „Sie raucht, sie säuft und sie gewinnt.“ Das Rauchen hat Moser-Pröll längst aufgegeben. Auch im Auto gibt die als einstige Hobbyrennfahrerin („Ich war ein riesiger Jochen-Rindt-Fan“) mit 70 nicht mehr ganz so Vollgas wie in ihren wilden 70er Jahren.

Annemarie Moser-Pröll und Hermann Maier
APA
Auch mit jüngeren Sportkollegen – wie hier Hermann Maier auf einem Bild aus dem Jahr 2002 – versteht sich Moser-Pröll prächtig

Moser-Pröll löste im skiverrückten Österreich jedenfalls eine Schockwelle aus, als sie mit nur 23 Jahren nach ihrer bis dahin erfolgreichsten Saison den Rücktritt bekanntgab. Da hatte sie schon zwei WM-Goldene, 41 Weltcup-Rennen und fünf große Kristallkugeln in Folge gewonnen. Die von der Skifirma bekrittelte Namensänderung, Drohbriefe und Materialdiskussionen hatten bei „Annamirl“ – wie sie bald von Fans und Medien genannt wurde – die Lust am Skifahren aber stark getrübt. Als auch noch der Vater schwer erkrankte, warf Moser-Pröll ausgerechnet vor dem Winter mit Heimolympiade 1976 in Innsbruck hin.

„Ich hatte damals die Schnauze so richtig voll“, wird Moser-Pröll auch 43 Jahre nach ihrem Rücktritt bei dem Thema emotional. Die Schulden wegen des in ihrer Auszeit eröffneten Cafes Annemarie (heute Cafe Restaurant Olympia) waren ein Mitgrund dafür, dass Moser-Pröll doch wieder in den Skirennsport zurückkehrte. Wegen der in der Rennpause gedrehten Werbefilme musste sie aber reamateurisiert werden. Moser-Pröll hängte vier weitere Jahre an – und trat 1980 endgültig zurück.

Sechs große Kristallkugeln bisher unerreicht

Insgesamt holte Moser-Pröll in elf Saisonen neben sechs großen Kugeln zwischen 1970 und 1980 auch zwölf Disziplinenwertungen und fuhr bei über 200 Weltcup-Starts 114-mal auf das Podest. Neun WM- und drei Olympiamedaillen runden die Bilanz der fünffachen Weltmeisterin ab. Am Ende gab es 1980 in Lake Placid (USA) auch noch das ersehnte Olympiagold in der Abfahrt, nachdem sie 1972 in Sapporo als haushohe Favoritin nur Zweite geworden war und 1976 eben freiwillig gepasst hatte.

Annemarie Moser-Pröll beim Skifahren, 2013
APA/EXPA/Johann Groder
Moser-Pröll ist noch immer sehr aktiv und fährt, wie etwa 2015 in Vail, auch noch das eine oder andere Rennen

Ein Blick zurück löst bei der 1999 in der Wiener Staatsoper an der Seite von Muhammad Ali, Pele und Carl Lewis zur Weltwintersportlerin des Jahrhunderts gewählten Salzburgerin weniger Wehmut, denn mehr Stolz aus. Die Einschränkungen während der Coronavirus-Pandemie steckte Moser-Pröll auch locker weg. „Arm waren vor allem die Kinder und Jugendlichen“, so die Großmutter eines 20-jährigen Enkels. „Für die hätte es die beste Zeit ihres Lebens sein sollen. Und dann sind sie praktisch nur am Zimmer gewesen.“ Tipps wolle sie der Jugend grundsätzlich keine geben. „Nur so viel: Es hilft, wenn man ein klares Ziel hat und dieses dann konsequent verfolgt.“ Sie selbst wolle weniger als Sportlerin denn als Mensch in Erinnerung bleiben. „Als ein Kumpel. Als eine Kameradin, mit der man Pferde stehlen konnte.“