George Russel im Gespräch mit Max Verstappen
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Formel 1

Piloten regen Trainingsreduktion an

Geht es nach den Fahrern, dann könnte der traditionelle Ablauf eines Rennwochendes bald der Vergangenheit angehören. In der Formel 1 wird nämlich offen über eine Reduktion der Trainingseinheiten nachgedacht. „Drei Trainings sind nicht nötig. Ein Training oder maximal zwei sind mehr als genug für uns“, sagte etwa Mercedes-Pilot George Russell am Donnerstag vor dem Grand Prix von Australien in Melbourne.

Russell steht mit seiner Meinung nicht alleine da. Der Brite würde ein gestraffteres Programm der Rennwochenenden ebenso befürworten wie einige seiner Kollegen. „Es ist gut zu hinterfragen, was wir machen und wie man unsere Formate weiterentwickeln kann“, sagte etwa der Franzose Pierre Gasly vom Alpine-Team. Der Deutsche Nico Hülkenberg vom US-Rennstall Haas ergänzte: „Wir haben sehr viel Training. Man kann das sicher diskutieren.“

Jeweils eine Stunde Training steht den Piloten aktuell in drei Einheiten an einem normalen Rennwochenende zur Verfügung. Zwei Übungsläufe finden am Freitag statt, ein weiterer vor der Qualifikation am Samstag. „Man braucht das nicht. Ich denke nicht, dass die Formel 1 dreimal so viel Trainings haben sollte wie die Formel 2 oder Formel 3“, sagte Russell. In den Nachwuchsserien wird nur einmal trainiert, das könnte künftig auch in der Königsklasse so werden.

Mechaniker arbeiten am Auto von George Russel
APA/AFP/Paul Crock
Für die Mechaniker der Teams wären weniger Trainings eine willkommene Entlastung

F1-Chef Domenicali will Trainings aufwerten

Den Stein ins Rollen brachte F1-Chef Stefano Domenicali. Der 57-jährige Italiener ist für alle Veränderungen offen, die das Produkt attraktiver machen. „Ich wäre dafür, dass wir Freie Trainings streichen. Sie nützen den Ingenieuren und den Piloten etwas, aber das Publikum mag sie nicht“, safte Domenicali letztes Wochenende im Rahmen des MotoGP-Rennens in Portugal dem Sender Sport TV.

Domenicali denkt daher eher an eine Aufwertung der Freitag-Trainings statt einer Abschaffung oder Reduzierung. „Ich will, dass die Fahrer ständig um etwas kämpfen müssen, das im WM-Kampf zählt. Sprintrennen sind nur das erste Beispiel, und sie sind verbesserungsfähig. Ich will, dass auch Freie Trainings am Freitag aufgewertet und vielleicht dafür Punkte vergeben werden. Ich will, dass der Freitag mehr Relevanz erhält“, sagte Domenicali.

Durch die Einführung von Sprintrennen hat sich der Ablauf in den vergangenen Jahren bereits leicht verändert. Sechs Sprints wird es in dieser Saison in Aserbaidschan, Österreich, Belgien, Austin, Katar und Brasilien geben – Tendenz steigend. Dann wird schon am Freitag die Qualifikation durchgeführt, die Minirennen folgen am Samstag und schaffen so vor dem eigentlichen Grand Prix am Sonntag einen Anreiz für mehr Wettbewerb auf der Strecke. „Action am Freitag zu haben, ist wichtig für uns und das Entertainment“, sagte Russell.

Entlastung für die Angestellten

Angesichts von immer mehr Rennen – dieses Jahr sind 23 vorgesehen – regte Russell allerdings auch an, später in das Wochenende zu starten. Es sollte erst am Freitagnachmittag auf die Strecke gegangen werden, nicht schon am Vormittag. „Das würde viel bringen“, sagte der Direktor der Fahrervereinigung GPDA mit Blick auf die Teams. So könnten Hunderte Angestellte erst am Donnerstag zu den Strecken anreisen, nicht schon am Mittwoch. „Das würde vielen mehr Nächte im eigenen Bett bringen“, sagte Russell.

Hintergrund ist durch die stetig steigende Anzahl der Rennen die wachsende Arbeitsbelastung bei den Rennställen. Die Zahl der Rennen könnte in den kommenden Jahren bis auf 30 pro Jahr steigen. Für die Teams ist das Fluch und Segen zugleich. Mehr Rennen bringen natürlich mehr Geld, andererseits stehen die Mitarbeiter an der Belastungsgrenze. Da würde es wahrscheinlich nicht schaden, alte Strukturen aufzubrechen und zumindest in dieser Hinsicht etwas vom Gas zu gehen.