Sonne über dem Tivoli Stadium
GEPA/Patrick Steiner
Bundesliga

Liga drängt Vereine zur Klimaneutralität

Die österreichische Bundesliga will ihre Vereine Richtung Klimaneutralität führen. Seit Dezember 2022 sind Umweltschutz und Nachhaltigkeit als B-Kriterium in der Lizenzierung verankert und damit von der Stufe „Empfehlung“ auf „fordernd“ aufgestiegen. Mindestkriterien gibt die Liga zwar noch keine vor, das soll sich aber mit der Zeit ändern.

Um die Lizenz für die kommende Saison 2023/24 zu erhalten, muss jeder Bewerber „Maßnahmen ergreifen und umsetzen, um seinen ökologischen Fußabdruck und die Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit der Organisation seiner Veranstaltungen sowie dem Management und der Errichtung von Infrastruktur zu verbessern“, teilte die Liga mit. Totale Untätigkeit wäre mit Geldstrafen verbunden.

„Wer gesellschaftliche Relevanz hat, hat auch gesellschaftliche Verantwortung. Deshalb beschäftigt sich die Bundesliga seit vielen Jahren und insbesondere seit dem Jahr 2019 verstärkt mit dem Thema Nachhaltigkeit“, sagte Ligavorstandsvorsitzender Christian Ebenbauer der APA. Bis dato fanden sich Nachhaltigkeitskriterien als förderbare C-Kriterien („Empfehlung“) vor allem in den Stadionbestimmungen wieder.

Lizenzkriterien der Liga

  • A-Kriterien: „zwingend“
  • B-Kriterien: „fordernd“
  • C-Kriterien: „Empfehlung“

Kriterien in den Lizenzbestimmungen der Bundesliga sind Anforderungen, die vom Lizenzbewerber erfüllt werden müssen. Sie sind in fünf Kategorien eingeteilt (sportliche, infrastrukturelle, personelle und administrative, rechtliche sowie finanzielle) und jede Kategorie umfasst drei Stufen, von A bis C (A „zwingend“, B „fordernd“ bis C „Empfehlung“).

Kriterium heuer „von allen Clubs erfüllt“

„Mit der heurigen Lizenzierung haben wir das von der UEFA eingeführte Nachhaltigkeitskriterium auch in die nationale Lizenzierung übernommen. Das Kriterium wurde in diesem Jahr von allen Clubs erfüllt, wobei wir dies auch als erste Statuserhebung sehen und das Niveau in diesem Bereich ebenfalls von Saison zu Saison steigern wollen“, sagte Ebenbauer.

Klimaschutz und Nachhaltigkeit liegen daher auch bei Österreichs Bundesligisten im Trend. In einer APA-Umfrage bewerteten sechs der zwölf Vereine der höchsten Spielklasse die beiden Themen als „wichtig“, für fünf Clubs waren sie sogar „sehr wichtig“. Das war die höchste Bewertung auf einer sechsstufigen Antwortskala. Wie die Rundfrage ergab, bemühen sich die Bundesligisten schon seit Jahren um Klimafreundlichkeit.

Nachhaltigkeit beim Stadionbau berücksichtigt

Vereine wie der LASK oder die Wiener Austria berücksichtigten beim Bau ihrer neuen Stadien zahlreiche Nachhaltigkeitskriterien. Die Umstellung auf LED-Beleuchtung ist ebenso ein großes Thema wie die Umrüstung des Fuhrparks auf Elektrofahrzeuge und der Ausbau von Photovoltaik-Anlagen, die bei einer Handvoll Erstligisten schon vorhanden sind.

Photovoltaikanlage auf dem Dach der Generali Arena
FK Austria Wien Presse/Christian Redtenbacher
Die Wiener Austria hat bereits eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Generali Arena

Weit verbreitet sind auch durch erneuerbare Energieträger gespeiste Rasenheizungen sowie Upcycling-Programme, etwa im Bereich Merchandising. Punkto Stadionbesuch sind mobile Tickets und Mehrwegbecher in der Liga praktisch Standard. Auf dem Vormarsch ist veganes Essen als Alternative zum Fleischkonsum im Stadion.

E-Tankstellen, Dienstfahrräder und Biotop

Beim SK Rapid, SV Guntamatic Ried und Cashpoint SCR Altach findet man E-Tankstellen in unmittelbarer Nähe der Spielstätte. Bei Austria Lustenau gibt es Dienstfahrräder für Spieler, Trainer und Mitarbeiter. Um dem Bienensterben entgegenzuwirken, betreibt der LASK im Paschinger Trainingszentrum ein Biotop, das mehrere Bienenvölker beherbergt.

Dass das Bewusstsein gewachsen ist, zeigt sich auch daran, dass vier Vereine – Puntigamer Sturm Graz, Austria Wien, WSG Tirol und RZ Pellets WAC – laut ihren Angaben bereits eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie haben. Bei Red Bull Salzburg, Rapid und Austria Lustenau wird ein solches Strategiepapier derzeit ausgearbeitet. Austria Klagenfurt übermittelte keine Informationen.

Lustenau will bis 2025 klimaneutral werden

Noch nicht gelebte Praxis ist für die Mehrheit dagegen ein klar definiertes Ziel für Klimaneutralität. Nur Austria Lustenau äußerte den ambitionierten Vorstoß, Klimaneutralität solle bis 2025 realisiert sein. Dann soll der Neubau des Reichshofstadions finalisiert sein. Bei Rapid arbeite man daran, „als erster österreichischer Sportverein dem Klimaaktiv-Pakt beizutreten und die Treibhausgase um bis zu 37,5 Prozent bis zum Jahr 2030 zu verringern“.

Neues Reichshofstadion Lustenau
Architektur Bernardo Bader Architekten mit Architekt Walter Angonese, Visualisierungen Filippo Bolognese Images
Mit Fertigstellung des neuen Reichshofstadions (hier ein Rendering) will Austria Lustenau klimaneutral sein

Die Ansatzpunkte und Aufgaben für Fußballvereine sind mannigfaltig. Neben der Senkung des eigenen Energieverbrauches geht es um Aspekte wie Müllvermeidung im Stadion, die Fanbewegung zu den Spielen, den Berufsverkehr der Angestellten und natürlich die besonders klimaschädliche Flugreisetätigkeit.

Erster klimaneutraler Club der Welt

Als Leuchtturmbeispiel, wie man Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Fußball adressieren kann, gelten vielen Beobachtern die Forest Green Rovers. 2018 wurde der englische Drittligist von der UNO als erster klimaneutraler Club der Welt ausgezeichnet, nachdem dieser seit 2010 einige bemerkenswerte Schritte vollzogen hat. So setzen die Rovers auf Trikots und Schienbeinschoner aus natürlichen Rohstoffen (Bambus). Der Club ist zudem vegan – seine im Stadion verkauften Bratwürstel sind aus Tofu. Der Energiebedarf des Vereins wird vollständig aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt.

Und dass die Vermeidung von Flugkilometern dem League-One-Nachzügler leichter fällt als ständig in europäischen Wettbewerben vertretenen Premier-League-Teams oder auch Österreich Meister Salzburg, ist als Tatsache einleuchtend. Auch mit ihrem neuen Stadion wollen die Rovers eine Vorreiterrolle einnehmen. Die Arena besteht weitgehend aus Holz, das CO2 bindet. Der für 5.000 Zuschauerinnen und Zuschauer ausgelegte Eco Park wurde von Zaha Hadid Architects bereits 2016 geplant und erhielt 2019 die behördliche Baugenehmigung. Heuer im Februar wurde mit der Errichtung des Stadions begonnen.

Rendering des Eco Park Stadions
Zaha Hadid Architects/MIR
Die Forest Green Rovers wollen mit ihrem Stadion aus Holz (hier ein Rendering) eine Vorreiterrolle einnehmen

Darüber, ob das Tempo auf dem Weg zur Klimaneutralität im Fußball den Herausforderungen gerecht wird, lässt sich freilich streiten. Ist es für finanzkräftige Vereine leicht möglich, durch Zahlung von Geldstrafen auf Klimaschutzmaßnahmen oder andere Projekte im Bereich Nachhaltigkeit zu verzichten? Diese Debatte gibt es ansatzweise bereits in Deutschland, wo die DFL Nachhaltigkeit gleichermaßen in das Lizenzierungsverfahren aufgenommen hat. Auch dort sind einige Bundesligisten wie der SC Freiburg oder Werder Bremen etwas weiter als andere. Bremen hat sich verpflichtet, bis 2040 klimaneutral zu werden.