Dominic Thiem (AUT) bei einem Service
APA/AFP/Valery Hache
Tennis

Thiem: Mit Klartext aus der Komfortzone

Es herrscht Aufbruchsstimmung um Österreichs Tennis-Ass Dominic Thiem. Die Auftritte beim ATP-1000-Turnier in Madrid waren nicht nur für ihn die besten seit seiner folgenschweren Handgelenksverletzung vor zwei Jahren, sondern haben auch den Glauben an die Rückkehr an sein Leistungslimit gefestigt. In der ORF-Sendung „Sport am Sonntag“ sprach der 29-Jährige im großen Interview auch über Wendepunkte: „Es war wichtig, Klartext zu sprechen.“

Thiem scheiterte in Madrid zwar schon in der zweiten Runde, die Art und Weise lässt die heimischen Tennisfans aber hoffen, dass der frühere Weltranglistendritte wieder zu alter Stärke zurückfindet. Der aktuellen Nummer fünf der Welt, dem Griechen Stefanos Tsitsipas, unterlag der Niederösterreicher nach hartem Kampf in drei Sätzen.

„Das Match war wohl das beste seit der Verletzung. Obwohl es bitter war, hat es richtig gutgetan, so lange mit einem absoluten Topmann mitzuhalten. Es war nach dem Match eine richtige Aufbruchstimmung, weil ich wusste, es ist noch alles da“, so Thiem. „Ich habe lange nicht gespürt, dass ich so spielen kann.“ Diese Woche will er in Österreich daran anknüpfen, wenn Thiem als Nummer eins beim Challenger-Turnier in Mauthausen (ab Freitag live in ORF Sport +) antritt.

Das große Interview: Thiems Weg zurück an die Spitze

Dominik Thiem ist wieder auf einem neuen Leistungsniveau. Viele Veränderungen haben in Madrid schon positive Auswirkungen gezeitigt.

Madrid war vorerst der nächste Schritt in die richtige Richtung. „Es war ein weiterer Wendepunkt. Die Aufbruchsstimmung ist schon seit Indian Wells bzw. Miami da, wo alles ein wenig besser geworden ist. In Estoril habe ich wieder Matches gewonnen, dann der Trainerwechsel, und seitdem spüre ich einen Aufwärtstrend", skizzierte Thiem und hielt fest: „So große Fortschritte wie zuletzt waren lange nicht dabei.“

Ebrahimzadeh traf Thiems Nerv

Der vom Lichtenwörther angesprochene Trainertausch erfolgte Anfang April in Estoril. Auf den Chilenen Nicolas Massu folgte der Deutsch-Iraner Benjamin Ebrahimzadeh, der offenkundig einen Nerv getroffen hat. "Wir haben ein langes Gespräch geführt. Wie er mir dann gesagt hat, wie er mich als Spieler sieht, wo es mangelt, was ich machen muss, um an mein Leistungslimit zu gelangen – da hat es in mir einen Schalter umgelegt. Ich habe mir gedacht, da ist etwas richtig. Ich bin in eine Komfortzone geraten, ohne es zu wissen. Es hat jemanden von außen gebraucht, der mit mir Klartext redet – der wichtigste Punkt.“

Team von Dominic Thiem auf der Tribüne
IMAGO/Jürgen Hasenkopf
Benjamin Ebrahimzadeh (r.) hat in einem Monat schon einiges in Thiems Team bewirkt

Die Trennung von Massu, mit dem an der Seite Thiem den Sieg bei den US Open und damit den Karrierehöhepunkt feierte, sei „sehr gut“ verlaufen. „Wir haben beide Seiten gespürt, dass es etwas Neues braucht. Mit mir war es dann nicht mehr leicht zu arbeiten, ihm ist auch die Energie ausgegangen.“ Mit Ebrahimzadeh kehrte nicht nur die notwendige Intensität zurück. „Alleine wie ich jetzt den Ball wieder am Schläger habe, das fühlt sich ganz anders an. Es fühlt sich an wie mein Tennis, und da macht es auch wieder Spaß, sich zu quälen.“

Leistungslimit erreichen „das Allerwichtigste“

Der „Schlendrian“, der sich unbewusst eingeschlichen hatte, ist wieder dem „Feuer und Spaß“ gewichen. Nun hat Thiem wieder ein glasklares Ziel vor Augen. „Ich will einfach wieder an mein eigenes Leistungslimit kommen, das ist das Allerwichtigste für mich. Ich habe mal sensationell Tennis gespielt, das ist verloren gegangen, natürlich auch wegen der Verletzung, aber auch aus anderen Gründen, weil ich etwa nicht mehr an meine Maximalleistung im Training gekommen bin.“

Thiem wieder motiviert

Dominic Thiem hat wieder Freude am Tennis. Nach dem Trainerwechsel und zuletzt starken Leistungen hofft der ehemalige US-Open-Champion, schon bald wieder an frühere Erfolge anknüpfen zu können.

Nach einem halben Jahr mit nur einem Sieg feierte Thiem zuletzt innerhalb eines Monats gleich sechs Matcherfolge auf diversen Ebenen. „Ich spüre, dass ich wieder an mein Leistungslimit hinkommen kann. Das ist unglaublich motivierend.“ Einen speziellen Weltranglistenplatz hat der 17-fache Turniersieger nicht im Visier. „Wenn die Leistungen wieder passen, kommt die von alleine ins Spiel.“

Olympia 2024 „als größtes Ziel“

Das nächste große Ziel sind die in drei Wochen startenden French Open in Paris. „Ich werde sicher nicht gesetzt sein, von dem her wird es schwierig, aber wenn ich so weiter mache, kann ich sicherlich auch für Überraschungen sorgen.“ In einem Jahr finden an selber Stelle auch die Olympischen Spiele statt, die Thiem ebenfalls motivieren.

„Olympia ist für mich vielleicht das größte Ziel, weil ich war noch nie dabei. Paris ist eine super Stadt dafür, es wird in Roland Garros gespielt, woran ich auch gute Erinnerungen habe. Ich wäre gerne einmal dabei, vielleicht habe ich ja bis dahin auch mein Leistungslimit erreicht“, erklärte Thiem, der zweimal im French-Open-Finale stand.

Die Gegenwart heißt aber vorerst Mauthausen, wo Thiem vor Heimpublikum antritt und als topgesetzter Spieler zum Auftakt auf Matthias Ujvary trifft, der als einziger von fünf ÖTV-Spielern über die Qualifikation den Sprung in den Hauptbewerb schaffte. „Es wird ganz anders als Madrid natürlich. Da hatte ich keinen Druck, jetzt werde ich als Nummer eins gesetzt sein. Der Fokus ist auf mich gerichtet, die Gegner werden topmotiviert sein. Aber es geht jetzt einfach darum, dass ich mich auf das konzentriere, was auch in den vergangenen Wochen gut funktioniert hat.“

ATP-Challenger-100-Turnier in Mauthausen

(Österreich, 118.000 Euro, Sand)

Erstrundentableau:
Dominic Thiem (AUT/1) Matthias Ujvary (AUT) 6:4 6:2
Federico Delbonis (ARG) Manuel Guinard (FRA) 6:2 6:7 (6/8) 6:2
Dino Prizmic (CRO) Miljan Zekic (SRB) 6:3 6:7 (5/7) 6:3
Leandro Riedi (SUI/7) Adrian Andrejew (BUL) 6:7 (5/7) 6:4 7:6 (8/6)
Alexander Ritschard (SUI) Gijs Brouwer (NED/4) 6:4 3:6 6:3
Hamad Medjedovic (SRB) Lucas Gerch (GER) 6:1 6:3
Sandro Kopp (AUT) Alexandar Lasarow (BUL) 1:6 2:3 ret.
Dennis Novak (AUT/8) Harold Mayot (FRA) 2:6 6:3 6:2
Filip Misolic (AUT/5) Giovanni Mpetshi Perricard (FRA) 4:6 6:3 6:2
Marius Copil (ROU) Hendrik Jebens (GER) 6:7 (5/7) 6:3 6:4
Gerald Melzer (AUT) James McCabe (AUS) 7:6 (7/1) 1:6 6:0
Facundo Bagnis (ARG/3) Maximilian Neuchrist (AUT) 6:1 6:1
Sebastian Ofner (AUT/6) Louis Weßels (GER) 6:7 (2/7) 6:4 7:5
Damian Wenger (SUI) Mirza Basic (BIH) 6:4 5:7 6:3
Dane Sweeny (AUS) Lukas Neumayer (AUT) 6:4 1:6 6:3
Hugo Gaston (FRA/2) Geoffrey Blancaneaux (FRA) 6:3 7:6 (9/7)