Allyson Felix mit ihrer Tochter
Reuters/USA Today Sports/Kirby Lee
Chronik

Erfolgreiche Mütter im Spitzensport

Kind und Karriere – das passt im Leistungssport für Frauen oft nicht zusammen. Doch dass sich Muttersein und eine erfolgreiche Sportkarriere nicht widersprechen, haben etliche Athletinnen bewiesen. Sprinterin Alison Felix, Tennisstar Serena Williams und die erfolgreichste Winterolympionikin Marit Björgen haben ihre Karriere unterbrochen, um ein Kind auf die Welt zu bringen – und setzten anschließend mit Nachwuchs ihre Laufbahn erfolgreich fort.

Eine heimische Athletin, die ebenfalls nach der Schwangerschaft sportlich wieder angreifen will, ist Kanutin Viktoria Schwarz. Die Oberösterreicherin möchte im August nur acht Monate nach der Geburt ihres Sohnes wieder ins Wettkampfgeschehen eingreifen. Trotz ihrer privaten und beruflichen Doppelbelastung hat sich die 37-Jährige als großes Ziel die Olympischen Spiele 2024 in Paris gesetzt. Auch Tischtennisspielerin Liu Jia, die schon seit 2011 eine Tochter hat, greift wieder ins Geschehen ein.

Anders als auf dem Wasser oder an der Tischtennisplatte sind Mütter im alpinen Skisport eine absolute Seltenheit. Derzeit gibt es keine aktive Athletin, die bereits ein Kind hat. Auf dem Weg dorthin ist Tamara Tippler, die es sich offen ließ, ob sie nach ihrer Schwangerschaft in den alpinen Skiweltcup zurückkehrt. Jedenfalls würde sie in dieser Hinsicht eine Vorreiterinnenrolle übernehmen. Tippler, die ihr erstes Kind erwartet, und Liu sind am Sonntag (18.00 Uhr, live in ORF1) auch zur Thematik Mutter und Leistungssport zu Gast im Studio bei „Sport am Sonntag“.

Liu Jia mit Pokal
IMAGO/Martin Hoffmann
Österreichs Tischtennis-Ass Liu Jia war nach der Geburt ihrer Tochter weiterhin erfolgreich

Felix kämpfte nicht nur um Titel

Generell gibt es aber noch wenige österreichische Sportlerinnen, die ihre Karriere nach einer Schwangerschaft erfolgreich fortgesetzt haben. Einige internationale Topstars haben hingegen bewiesen, dass Kind und Leistungssport sehr gut funktionieren kann. Eines der prominentesten Beispiele ist Sprinterin Allyson Felix, die nach der Geburt ihrer Tochter zur erfolgreichsten Leichtathletin der Geschichte aufstieg. Die US-Amerikanerin, die vergangenen Sommer nach dem Gewinn der 19. WM-Medaille ihre Karriere beendet hatte, wird aber nicht nur wegen ihrer sportlichen Erfolge in Erinnerung bleiben, sondern auch für ihre klare Haltung in Sachen Frauenrechte.

TV-Hinweis

Die Sendung „Sport am Sonntag“ (18.00 Uhr, live in ORF1) beschäftigt sich unter anderem mit dem Thema Mütter im Spitzensport. Live im Studio sind Skifahrerin Tamara Tippler und Tischtennisspielerin Liu Jia.

Felix focht nach ihrer Schwangerschaft einen Streit mit ihrem langjährigen Sponsor Nike aus, der ihr wegen der Wettkampfpause 70 Prozent weniger Geld bezahlen wollte. Zudem hat sich die US-Amerikanerin unter Druck gesetzt gefühlt, trotz Mutterschaft und vorheriger Schwangerschaftskomplikationen schnellstmöglich wieder international erfolgreich sein zu müssen. Daraufhin trennte sie sich von Nike.

„Wenn wir Kinder bekommen, riskieren wir finanzielle Einbußen während der Schwangerschaft und danach. Es ist ein Beispiel für eine Sportindustrie, in der Regeln immer noch meistens für und von Männern gemacht werden“, schrieb Felix damals in der New York Times. Damit sorgte die 37-Jährige für Schlagzeilen, infolgedessen passte der Sportartikelhersteller seine Richtlinien zum Mutterschutz an.

Fraser-Pryce hofft auf Umdenken

Gegen Benachteiligungen wie diese wehrt sich auch Shelly Ann Fraser-Pryce: „Die Sponsoren müssen es mehr als bisher annehmen und akzeptieren. Denn ihre Kundschaft besteht zu einem großen Teil aus Frauen – Frauen mit eigenen Kindern oder Frauen, die gern eigene Kinder bekommen wollen. Diese Menschen wollen wir nicht ausschließen, sondern einbeziehen in alles, was wir tun.“ Die jamaikanische Sprinterin hofft daher langfristig auf ein Umdenken: „Eine Menge Frauen entscheiden sich leider gegen eine Schwangerschaft, weil es ihre Karriere gefährden könnte.“

Sie selbst, eine der erfolgreichsten Sprinterinnen der Geschichte, bewies, dass man auch nach einer Schwangerschaftspause sehr erfolgreich sein kann. Die Jamaikanerin brachte 2017 ihren Sohn auf die Welt und meldete sich bei der WM 2019 in Doha mit Gold im 100-m-Sprint eindrucksvoll zurück. Drei Jahre später war Fraser-Pryce in Eugene erneut die schnellste Frau der Welt. „Es war eine lange Reise. Ich habe mir Sorgen gemacht, ob ich ein Comeback schaffe“, sagte die 36-Jährige über die Zeit nach der Geburt. Ihre Sorgen waren unbegründet, die Rückkehr ist ihr mehr als gelungen.

Williams wirbt für mehr Anerkennung

Eine weitere prominente Sportlerin, die auch immer wieder ihre Stimme erhob und für mehr Anerkennung für Mütter im Leistungssport warb, ist Superstar Serena Williams. Die 23-fache Grand-Slam-Siegerin legte während ihrer Karriere eine Babypause ein und brachte 2017 ihre Tochter zur Welt. Anschließend wollte sie als Mutter den Grand-Slam-Rekord von 24 Major-Siegen von Margaret Court einstellen. Zwar stand Williams nach der Schwangerschaft noch viermal in einem Grand-Slam-Finale, ein Triumph gelang ihr allerdings nicht mehr.

Serena Williams mit Pokal und ihrer Tochter
APA/AFP/Michael Bradley
Serena Williams nahm Tochter Olympia meistens zu Tennisturnieren mit

Auch Rekordhalterin Court legte insgesamt drei Schwangerschaftspausen ein. Als Mutter gelangen der heute 80-jährigen Australierin noch drei Grand-Slam-Erfolge. Erst als sie 1977 zum vierten Mal schwanger war, beendete Court ihre Karriere.

Williams lobt berufstätige Mütter

Williams stellte den Rekord von Court nach ihrer Babypause zwar nicht mehr ein, sie setzte sich aber dafür ein, dass Mütter auf der Tennis-Tour mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung bekommen. Immer wieder sprach die heute 41-Jährige die Herausforderungen der Doppelbelastung an, für Williams sind berufstätige Mütter „die wahren Heldinnen“. Vergangenes Jahr in Wimbledon beendete Williams schließlich ihre Karriere.

Mittlerweile gibt es einige Mütter auf der Damen-Tennis-Tour, das wäre noch vor ein paar Jahren deutlich schwerer gewesen. Denn erst vor Kurzem hat die WTA damit begonnen, Müttern den Weg zurück auf die Tour zu erleichtern. So hat die Organisation das Reglement der Weltrangliste angepasst, sodass Spielerinnen bei ihrem Comeback dort geführt werden, wo sie vor der Babypause standen. Insgesamt können sie zwölf Turniere, darunter zwei Grand-Slams, mit dem alten Ranking spielen. Zudem gibt es inzwischen bei fast allen Turnieren professionelle Kinderbetreuung.

„Man braucht viel Unterstützung“

Dass Kind und Sportkarriere funktionieren kann, will auch St.-Pölten-Spielerin Alexandra Biroova beweisen. „Es geht, man braucht nur viel Unterstützung“, erklärte die Verteidigerin im Gespräch mit dem ORF. Biroova, die im Dezember ihren Sohn zur Welt brachte, arbeitet gerade ambitioniert an ihrem Comeback und will ab Juli mit der ihrem Team St. Pölten wieder ganz normal die Saisonvorbereitung absolvieren.

Alexandra Biroova beim Fußballspielen
GEPA/Philipp Brem
Biroova ist die erste Spielerin, die in der Österreichischen Bundesliga während der Karriere Mutter wurde

Die Slowakin erzählte, dass ihr dabei auch der Austausch mit Sara Björk Gunnarsdottir Mut gemacht hat. Die isländische Rekordnationalspielerin, die ebenfalls eine Schwangerschaftspause eingelegt hatte, habe zu ihr gesagt, sie solle sich nicht stoppen lassen, denn sie könne gleichzeitig eine Mutter und eine Athletin sein.

Gunnarsdottir selbst sorgte für Aufsehen, da ihr früherer Arbeitgeber, der französische Spitzenclub Olympique Lyon, ihr während der Schwangerschaft über 80.000 Euro Lohn nicht überwiesen hatte. Die Fußballerin ging dagegen vor und bekam recht. „Das ist ein Weckruf für alle Vereine und eine Botschaft an alle Spielerinnen, dass sie Rechte und Garantien haben, wenn sie schwanger sind oder schwanger werden wollen während ihrer Karriere“, meinte Gunnarsdottir anschließend, die ab 2020 für zwei Jahre bei Lyon unter Vertrag stand.

Björgen als Mutter zur Rekordolympionikin

Als die Norwegerin Björgen im Sommer 2015 bekanntgab, dass sie schwanger sei und eine Weltcup-Saison aussetzen würde, war sie zu dem Zeitpunkt die beste Langläuferin der Welt. Und daran wollte sie auch nach der Schwangerschaft anknüpfen, ihr Ziel war es, bis zu der WM in Lahti wieder fit zu sein.

Marit Björgen mit Goldmedallie
Reuters/Lehtikuva Lehtikuva
Langläuferin Björgen knüpfte nach der Geburt ihres Sohnes an ihre Erfolge an

Und das schaffte sie, Björgen gewann bei den Titelkämpfen 2017 vier WM-Titel, bei den Olympischen Spielen 2018 in Pyeongchang holte sie noch zweimal Gold und krönte sich mit insgesamt 15 Olympiamedaillen, darunter achtmal Gold, zur erfolgreichsten Winterolympionikin der Geschichte. Trotz der Erfolge gab Björgen zu: „Es ist nicht ganz leicht, Mutter und gleichzeitig Topathletin zu sein.“

„Da ist noch viel Luft nach oben“

Auch Rennrodlerin Nathalie Geisenberger feierte nach der Geburt ihres Sohnes ein erfolgreiches Comeback. Die Deutsche kehrte knapp ein halbes Jahr nach der Geburt in den Weltcup zurück und sicherte sich 2021 zum achten Mal den Gesamtweltcup. Wenige Monate nachdem sie sich bei den Olympischen Spielen 2022 in Peking zur Doppelolympiasiegerin gekrönt hatte, gab Geisenberger bekannt, dass sie ihr zweites Kind erwarte.

Ob die 35-Jährige nach der Geburt ihrer Tochter nochmals ein Comeback geben wird, ist derzeit noch offen. Geisenberger ist jedenfalls der Meinung, dass mehr für Mütter im Leistungssport getan werden sollte. „Da ist noch viel Luft nach oben“, antwortete sie auf die Frage, ob es ausreichend Unterstützung für Mütter gebe. „Man muss viel darüber reden, dann ändert sich vielleicht auch etwas.“