Trainer Roger Bader mit Spielern
AP/Pavel Golovkin
Eishockey-WM

Auftaktpunkt mit bitterem Beigeschmack

Der Weg zum großen Ziel – der Teilnahme an der A-WM 2024 in Tschechien – hat für Österreich am Samstag in Tampere mit einem Punkt begonnen. Nach der 1:2-Niederlage gegen Frankreich in der Verlängerung überdeckte im rot-weiß-roten Lager nach dem Motto „es wäre mehr drinnen gewesen“ aber ein bitterer Beigeschmack den gewonnenen Zähler. Viel Zeit zur Aufarbeitung bleibt nicht, denn bereits am Sonntag (19.20 Uhr, live in ORF Sport +) wartet Schweden.

„Ein Punkt ist immer ein Punkt“, sagte Teamchef Roger Bader und musste dabei seinen Ärger über mögliche drei Zähler sichtlich runterschlucken. Denn zwei Strafen der Kategorie unnötig im Finish bescherten Frankreich in der Overtime durch Sacha Treille doch noch den Sieg und einen Punkt mehr als Österreich. „Und im Nachhinein werde ich auch damit (dem einen Punkt, Anm.) zufrieden sein“, so Bader, nachdem seine Mannschaft immerhin wieder ihr auch im Vorjahr gezeigtes Kämpferherz wiederentdeckt hatte.

Nach einem schwachen ersten Drittel, in dem die Franzosen durch Headcoach-Filius Tim Bozon verdient mit 1:0 in Führung gingen, steigerte sich Baders Mannschaft von Drittel zu Drittel und glich im Schlussabschnitt durch ein Traumtor von Kapitän Thomas Raffl auch aus. Die Österreicher waren in der Folge auch einem möglichen Siegestreffer näher, etwa durch NHL-Hoffnung Marco Rossi, der aber nach perfektem Zuspiel von Mario Huber den Puck nicht unter Kontrolle bringen konnte. „Wir haben uns gesteigert und im dritten Drittel meiner Meinung nach dominiert. Dort sollten wir den Siegestreffer schießen“, ärgerte sich Bader.

Thomas Raffl schießt auf Tor
GEPA/Daniel Goetzhaber
Raffls sehenswerter Ausgleich brachte Österreich gegen Frankreich immerhin einen wichtigen Zähler

Strafen zum falschen Zeitpunkt

Warum jenes entscheidende Tor den Franzosen gelang, war an der Statistik abzulesen: Die zwei Strafen im Finish der regulären Spielzeit gegen Rossi und Manuel Ganahl, die kombiniert mehr als eine Minute Zwei-Mann-Unterzahl bedeuteten, waren trotz aller Bemühungen und Glücksmomente – Stichwort Stangenschuss Frankreich – nicht zu kompensieren. „Das ist auf die Substanz gegangen. Wir haben super gekämpft, aber leider haben die Franzosen am Ende den Extrapunkt geholt“, sagte Torhüter David Kickert, der seinen Vorderleuten mehrfach die Haut gerettet hatte.

Ganahl, dessen Strafe letztendlich den K.-o.-Schlag für Österreich bedeutete, haderte mit der Entscheidung des Schiedsrichters, die für seine Begriffe so nicht hätte fallen müssen. „Die Strafe am Schluss war ein harter Call. Es war sicher ausschlaggebend, dass wir am Ende verloren haben. Nach meinem Gefühl war es Schulter an Schulter, da kann man sicher darüber diskutieren“, sagte der Routinier, nachdem er seinen Gegner im Penalty-Killing mit einer ungestümen Attacke in die Plexiglasscheibe befördert hatte.

Manuel Ganahl
GEPA/Daniel Goetzhaber
Ganahl agierte im falschen Moment im Zweikampf an der Bande zu ungestüm

Allerdings hätte Ganahl der Ausschluss von Alexandre Texier eine Warnung sein müssen. Der Franzose hatte überhaupt fünf Minuten plus eine Spieldauerdisziplinarstrafe erhalten, nachdem er Dominique Heinrich mit dem Kopf voraus in die Bande bugsiert hatte. Teamchef Bader wollte seine Cracks – auch Rossis Stockschlag war angesichts der Spielsituation mehr als unnötig – zwar öffentlich nicht schelten, aber „die letzten zwei Minuten waren natürlich bitter mit den Strafen. Das hat uns das Spiel gekostet.“ Der Schweizer versuchte trotzdem die Steigerung herauszustreichen: „Ab dem zweiten Drittel können wir sagen, wir sind jetzt definitiv bei der WM angekommen.“

Konzentrierter gegen Schweden

Weil aber eine Eishockey-WM aufgrund des dichten Spielplans nach dem Motto „Mund abputzen, weitermachen“ abläuft, haben die Österreicher nur etwas mehr als 24 Stunden Zeit, um über ihre Fehler nachzugrübeln. Viel wichtiger ist sowieso die schnelle Regeneration, denn mit Schweden wartet am Sonntag ein traditioneller Titelkandidat auf die heimischen Cracks. „Zwei Spiele in zwei Tagen sind immer hart, speziell gegen eine Weltmeistertruppe, wie sie mit Schweden wartet“, so Teamchef Bader, der seinen Spielern bis zum Schweden-Spiel daher auch freigab.

Der Plan für das Duell mit dem elffachen Weltmeister erklärt sich von selbst: „Es ist zu erwarten, dass die Schweden anders spielen als die Franzosen. Sie sind läuferisch und technisch auf einem anderen Niveau. Da gilt es in der Defensive noch besser organisiert zu sein, vor allem im Mitteldrittel müssen wir kompakter sein“, sagte Bader. Für Österreichs 18-jähriges Verteidigertalent David Reinbacher ist das Schlussdrittel gegen Frankreich die perfekte Vorlage für den Titelkandidaten: „Wir haben dann schnell und hart gespielt und einen einfachen Stil probiert. Das hat gut geklappt, und das müssen wir mitnehmen.“

Spezielles Spiel für Neubauer

Ein spezielles Spiel ist die Partie gegen Schweden, das im ersten Spiel Deutschland knapp 1:0 besiegte, jedenfalls für Henrik Neubauer. Der 26-jährige Überraschungsmann, der es von den Zeller Eisbären aus der zweitklassigen Alps Hockey League in den WM-Kader geschafft hat und gegen Frankreich in der ersten Linie mit Ganahl und Lukas Haudum stürmte, trifft am Sonntag auf sein Heimatland. „Das ist auf jeden Fall eine besondere Partie, aber ich will nicht viel daran denken. Ich muss fokussiert sein auf eine gute Leistung für Österreich“, sagte der WM-Debütant in einem APA-Interview.

Henrik Neubauer
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„Zweitligist“ Neubauer (Mi.) lieferte bei seinem WM-Debüt gegen Frankreich eine solide Leistung ab

Neubauer war mit 20 Jahren von Schweden nach Österreich, dem Heimatland seines burgenländischen Vaters, gewechselt. „Ich stand vor der Entscheidung, entweder Österreich oder dritte schwedische Liga“, so der Stürmer. Der einstige Star Tomas Rundqvist, der 1998 mit Feldkirch sensationell die Euroliga gewonnen hat, öffnete ihm die Tür nach Vorarlberg. Doch weder in Dornbirn noch bei den Vienna Capitals schaffte Neubauer den Durchbruch, daher ging es im Sommer 2021 nach Zell/See in die zweite Liga.

Die ICE „war eine Liga mit vielen Imports, und ich war jung und habe es nicht geschafft, auf meinem Niveau zu spielen“, begründete er den Abstieg, dem er im Nachhinein aber durchaus etwas abgewinnen kann. „Ich hatte dort eine größere Rolle und habe viel gelernt“, sagte Neubauer, dessen Vertrag auch noch für nächste Saison gilt. Mit einer starken Leistung – etwa gegen sein Geburtsland – könnte aber schon bald der eine oder andere ICE-Club bei Neubauer anklopfen.