Peter Schneider (AUT) und Dominik Kahun (GER)
GEPA/Daniel Goetzhaber
Eishockey-WM

Österreich verhilft Deutschland zu Sieg

Österreich muss bei der WM 2023 wohl mit nur einem Punkt auf dem Konto im Entscheidungsspiel gegen Ungarn antreten. Die Mannschaft von Teamchef Roger Bader unterlag am Freitag in Tampere Deutschland mit 2:4 (1:2 0:1 1:1), half aber bei der fünften Niederlage im fünften Spiel mit Fehlern mit. Am Samstag (15.20 Uhr, live in ORF1) wartet Gastgeber und Titelverteidiger Finnland.

Vor 7.451 Zuschauerinnen und Zuschauern in der Nokia Arena wurde NHL-Stürmer Nico Sturm (5., 58./EN) mit einem Doppelpack zum deutschen Matchwinner. Parker Tuomie (17.) und Wojciech Stachowiak (34.) erzielten – teils unter kräftiger österreichischer Mithilfe – die weiteren deutschen Treffer. Bernd Wolf gelang der zwischenzeitlichen Ausgleich (12.), Lukas Haudum ließ mit dem Anschlusstreffer zum 2:3 Österreich kurz noch einmal hoffen (54.).

Mit dem Sieg im 80. Duell zwischen einer – DDR-Auswahlen mitgerechnet – deutschen und einer österreichischen Mannschaft durfte sich die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) über den zweiten Sieg in Folge freuen und bleibt damit im Rennen um einen Platz im Viertelfinale. Österreich, das das letzte Duell vor der WM in Landshut noch knapp mit 3:2 nach Penaltyschießen gewonnen hatte, bleibt mit einem Zähler hingegen Tabellenschlusslicht. Nach dem Duell mit Finnland wartet am Montag (19.20 Uhr, live in ORF Sport +) das Abstiegsduell gegen Ungarn – sofern der Aufsteiger bis dahin nicht mehr groß punktet.

Stachowiak trifft zur Vorentscheidung

In der 34. Minute kann Wojciech Stachowiak unbedrängt durch die rot-weiß-rote Defensive kurven und schiebt zum 3:1 ein.

Österreich mit minimalen Änderungen

Für das Jubiläumsspiel gegen eine deutsche Auswahl, dem bereits dritten Duell innerhalb weniger Wochen, schickte Teamchef Bader eine – im Vergleich zum Spiel gegen die USA – marginal veränderte rot-weiß-rote Feiergesellschaft auf das Eis. Dass wieder David Kickert im Tor stand, passte in das bisherige Gesetz der Serie. Oliver Achermann kehrte ins Team zurück und gab den Center zwischen Ali Wukovits und Paul Huber. Nicht mit dabei war weiter David Reinbacher, auch Henrik Neubauer erhielt wieder eine Pause.

Bei den Deutschen flößte einem beim Blick auf die Aufstellung vor allem der erste Absatz Respekt ein. Neben Jungstar Moritz Seider, der sich schon auf die gemeinsame Zeit mit Marco Kasper bei den Detroit Red Wings in der National Hockey League (NHL) freut, fanden sich Kapitän Moritz Müller, seine beiden Stellvertreter Dominik Kahun und Marcel Noebels sowie der in der Salzburger Akademie ausgebildete J. J. Peterka – Nachfolger von Thomas Vanek als Stürmer bei den Buffalo Sabres – im ersten Block.

Deutsche nutzen Fehler eiskalt

Bereits am Vorabend hatten sich die Fans beider Lager noch in trauter Zweisamkeit auf das Prestigeduell eingestimmt, dank eines besonderen Gags der Veranstalter standen die lautesten Schlachtenbummler auch in der Halle nur wenige Meter nebeneinander. Während sich die Fangesänge die Waage hielten, waren die Deutschen auf dem Eis deutlich lauter. Seider und Co. wirkten spritziger und motivierter, die Österreicher behäbig. Nach nicht einmal fünf Minuten stand es daher auch schon 1:0. Nico Sturm von den San Jose Sharks tankte sich durch und ließ Kickert mit einem „Gurkerl“ schlecht aussehen.

Deutschland nutzt Fehler zur Führung

Nach der ersten österreichischen Offensivaktion setzt sich Stanley-Cup-Sieger Nico Sturm im Konter gegen zwei Verteidiger durch und schießt zur deutschen Führung.

Erst ein Wechselfehler der Deutschen und die folgende Strafe verschaffte Österreich etwas Luft. Ein Schuss von Lukas Haudum landete auf dem Brustlogo von Mathias Niederberger (9.). Österreich war jetzt in der Partie angekommen – und jubelte wenig später den Ausgleich. Bei einem abgefälschten Hammer von Wolf war Niederberger, der sich davor gegen Marco Rossi ausgezeichnet hatte, machtlos (12.). Österreich hatte nun starke Minuten, aber blöderweise wechselten sich Licht und Schatten ab: Zuerst hielt der Goalie Kicker in extremis gegen Noebels (15.), dann rutschte dem Goalie ein vom Schlittschuh von Benjamin Nissner abgefälschter Querpass von Tuomie durch – 2:1 Deutschland (17.).

Österreich spielt, Deutschland trifft

In der Kabine der Österreicher mussten die richtigen Worte gefunden worden sein, denn die Mannschaft kam zur Freude ihrer Fans deutlich motivierter aus der Kabine. Geradliniger und agiler ging es nun Richtung deutsches Tor. In der 25. Minute riss es die rot-weiß-roten Anhänger von den Sitzen, als der Puck nach einem Schuss von Raffl hinter Niederberger liegen blieb, doch Nissner brachte seine Schaufel nicht mehr an den Puck. Nicht einmal eine Minute später scheiterte Peter Schneider nach einem schönen Konter (26.).

Es folgten die bisher besten österreichischen Minuten im Spiel, die sogar einige Finnen zu „Österreich, Österreich“-Rufen verleiteten. Nach einem stressigen Powerplay für Niederberger hatte der deutsche Goalie seinen besten Auftritt: Haudum stand nach einem deutschen Schnitzer frei vor dem Tor, doch Niederberger fuhr rechtzeitig den rechten Schoner aus (33.). Statt über den Ausgleich zu jubeln, schossen sich die Österreicher praktisch im Gegenzug wieder selbst ins Knie: Stachowiak durfte unbedrängt durch die Abwehr vor das Tor spazieren und zum 3:1 einschieben (34.). Aus Sicht der österreichischen Fans war es zum Aus-der-Haut-Fahren.

Haudum lässt noch einmal hoffen

Der zu einem gewissen Grad selbstverschuldete Zweitorerückstand schien in so manchem österreichischen Kopf in den ersten Minuten des Schlussabschnitts noch mitzufahren. Fehler im Aufbau häuften sich und machten es den Deutschen leicht, vor das heimische Tor zu kommen. Die Nachbarn hatten mit dem Vorsprung im Gepäck auch keinen Stress, überließen den Österreichern mehrheitlich die Initiative und lauerten auf Fehler – immerhin hatte das in den ersten beiden Dritteln schon recht erfolgreich funktioniert. Chancen gab es wenige. Die beste: Rossi scheiterte nach einem Energieanfall an Niederberger (47.).

Österreich verkürzt auf 2:3

In der 54. Minute gelingt Haudum, der einen Schuss von Ali Wukovits abfälschte, der Anschlusstreffer zum 2:3.

In einer Phase, als sich so mancher österreichische Fan schon mit der Niederlage abgefunden hatte, meldete sich die Mannschaft aber zurück. Ali Wukovits zog endlich einmal von der blauen Linie ab, Haudum brachte die Schaufel dazwischen, und Deutschland lag nur noch mit einem Tor vorne (54.). Zumindest ein Punkt war mit einem Schlag wieder zum Greifen nahe, auch wenn die Deutschen den Ernst der Lage erkannten und das eigene Tempo wieder verschärften. 1:02 Minuten vor Schluss beendete Sturm mit seinem zweiten Treffer ins leere Tor aber endgültig alle rot-weißen Hoffnungen.

Stimmen zum Spiel:

Roger Bader (ÖEHV-Teamchef): „Das war heute unser bestes Spiel bisher bei dieser WM. Wir hätten uns Punkte verdient. Ich bin mit fast allem zufrieden. Wir haben viele Torchancen herausgespielt in der Art und Weise, wie wir wollten. Wir wollen gegen Ungarn in gleicher Art und Weise wie heute auftreten und hoffen, dass wir das Glück dann auch einmal bekommen. Wir haben uns von Spiel zu Spiel gesteigert, in den Resultaten ist das aber nicht sichtbar.“

David Maier (ÖEHV-Verteidiger): „Es war ein enges Spiel, das eigene Fehler entschieden haben. Mit ein bisschen Glück und besserem Verteidigen hätten wir die Deutschen schlagen können.“

Eishockey-WM in Tampere, Gruppe A

Endstand:

Österreich – Deutschland 2:4

(1:2 0:1 1:1)

Tampere, Nokia Arena, 7.451 Zuschauer

Tore: Wolf (12.), Haudum (54.) bzw. Sturm (5., 59./EN), Tuomie (17.), Stachowiak (34.)

Strafminuten: 0 bzw. 4

Österreich: Kickert – Strong, Maier; Zündel, Heinrich; Nickl, Wolf; Wimmer, Brunner – M. Huber, Haudum, Ganahl; Thaler, Nissner, T. Raffl; Schneider, Rossi, Zwerger; Wukovits, Achermann, P. Huber

Deutschland: Niederberger – M. Müller, Seider; J. Müller, Wissmann; Szuber, Gawanke; Wagner, Varejcka – Peterka, Kahun, Noebels – Soramies, Sturm, Ehl; Tiffels, Wiederer, Kastner; Tuomie, Stachowiak, Schütz

Gruppe A in Tampere

Tabelle:
1. USA 7 6 1* 0** 0 34:8 20
2. Schweden 7 5 1* 1** 0 26:7 18
3. Finnland 7 5 0* 1** 1 28:15 16
4. Deutschland 7 4 0* 0** 3 27:16 12
5. Dänemark 7 2 1* 0** 4 19:26 8
6. Frankreich 7 0 1* 2** 4 10:31 4
7. Österreich 7 0 1* 1** 5 11:27 3
8. Ungarn 7 0 1* 1** 5 12:37 3

* Sieg nach Verlängerung/Penaltyschießen (zwei Punkte)
** Niederlage nach Verlängerung/Penaltyschießen (ein Punkt)

Top Vier im Viertelfinale - Gruppenletzter steigt ab