Eishockey-WM

Österreich hält nach Krimi A-Klasse

Österreichs Eishockeyteam bleibt weiter Mitglied im Club der aktuell 16 besten Nationen. Die Mannschaft von Teamchef Roger Bader entschied bei der WM in Tampere am Montag das entscheidende Spiel um den Klassenerhalt gegen Ungarn mit 4:3 (1:2 2:1 0:0/1:0) nach Penaltyschießen für sich – und das, nachdem man zwischenzeitlich schon mit 1:3 zurücklag.

Marco Rossi (13./PP), der auch zum Spieler der Partie gekürt wurde, Steven Strong (27.) und Lukas Haudum (38./PP) in seinem 100. Länderspiel hatten vor 3.068 Fans in einer hart umkämpften Partie zweimal einen Rückstand durch einen Doppelpack von Istvan Sofron (9., 20./PP) und Milan Horvath (25.) ausgeglichen. Im Shoot-out traf Dominique Heinrich den entscheidenden Penalty. Obwohl beide Teams das Turnier mit drei Punkten beendeten, müssen die Ungarn aufgrund des verlorenen direkten Duells gemeinsam mit Slowenien nach nur einem Jahr im Oberhaus wieder den Gang in die B-Gruppe antreten.

Österreich, das davor alle sechs Partien verloren hatte, erreichte dank des Kraftakts in der entscheidenden Partie das vor der WM gesteckte Minimalziel. Erstmals seit 19 Jahren schaffte die Auswahl des Österreichischen Eishockeyverbandes (ÖEHV) mindestens zweimal in Folge den Klassenerhalt. Als Belohung darf sich die rot-weiß-rote Auswahl auch im kommenden Jahr bei der in Prag und Ostrava stattfindenden Weltmeisterschaft 2024 mit den besten Teams der Welt messen.

Dominique Heinrich (AUT) und Bence Balizs (HUN)
AP/Pavel Golovkin
Bei Salzburg aussortiert, in Tampere Matchwinner: Dominique Heinrich (r.) hält Österreich mit seinem Schuss in der A-Gruppe

Bader setzt im Tor auf Routine

Zum 53. Mal in ihrer Geschichte standen sich Österreicher und Ungarn auf dem Eis gegenüber. Noch nie hatte ein Spiel aber derartigen Finalcharakter wie das dritte Duell bei einer A-WM nach 1933 und 2009. Vor 14 Jahren in der Schweiz waren beide Nationen – das direkte Duell endete mit 6:0 für Österreich – noch gemeinsam abgestiegen, diesmal stand fest, dass der Sieger an der WM 2024 in Tschechien teilnehmen wird. Die Fangruppen hatten sich bei sommerlichen Temperaturen auf die heiße Partie einstimmen können. Eine gewisse Nervosität war da wie dort zu spüren.

Das Rätsel, wer gegen die Ungarn den Klassenerhalt festhalten soll, hatte Teamchef Bader mit seinem Team zwar bereits am Freitagabend gelöst, aber erst eine Stunde vor Spielbeginn war es auch offiziell: Bernhard Starkbaum stand im Tor – zum 150. Mal in seiner Teamkarriere. Die Routine und Erfahrung des 37-Jährigen in Entscheidungsspielen gab letztlich den Ausschlag. Schließlich hatte Starkbaum auch 2018 und 2022 Österreich in der A-Gruppe gehalten. Ebenfalls wie erwartet kehrte Kapitän Thomas Raffl nach einem zusätzlichen Tag Pause in die Aufstellung zurück.

Ungarn erwischen Österreich eiskalt

Nicht blind nach vorne stürmen und ins offene Messer laufen, sondern aus einer gesicherten Defensive das Spiel dominieren – diese Maxime hatte Bader seinen Burschen mit aufs Eis gegeben. Die ersten Minuten gehörten stimmungstechnisch zwar den ungarischen Fans, auf dem Eis gab aber Österreich den Ton an. Eine frühe ungarische Strafe half Baders Team dabei, sich im ungarischen Drittel festzusetzen. Doch die Schüsse auf das von Bence Balisz gehütete Tor fielen zu zentral aus.

Sofron trifft zum 1:0 für Ungarn

Ungarn geht durch Sofron in der neunten Minute in Führung.

Auch wenn Ungarn erst nach 6:30 Minuten erstmals gefährlich vor dem Tor auftauchte, stand es keine zwei Minuten später 1:0. Sofron, einst Legionär beim KAC und VSV, traf aus kurzer Distanz. Es war der dritte ungarische Schuss aufs Tor. Die Österreicher wirkten wie gelähmt. Erst ein Energieanfall von Rossi weckte die Mannschaft wieder auf. Aus dem eigenen Drittel stürmte die NHL-Hoffnung im Powerplay vors Tor und schob Balisz die Scheibe durch die Schoner (13.). 39 Sekunden vor der Pausensirene blieben den österreichischen Fans jedoch die Anfeuerungsrufe im Hals stecken. Erneut war es Sofron, der Starkbaum im Powerplay zur neuerlichen Führung ins Leere greifen ließ (20.)

Rossi gleicht aus

In der 13. Minute trifft Rossi im Powerplay zum Ausgleich.

Österreich kämpft sich zurück

Die österreichischen Fans in der Halle fühlten sich schmerzlich an 2022 erinnert, als ihr Team einem Rückstand nachlief. Noch mehr, als der Rückstand nach 25 Minuten 1:3 betrug. Horvath hatte von der blauen Linie einen Schuss aus dem Handgelenk geschüttelt, der genau die Lücke zwischen Torstange und Starkbaum fand. Doppelt bitter: Kurz zuvor war Peter Schneider an Balisz gescheitert (23.). Jetzt hingen die Gesichter auf der österreichischen Bank fast bis aufs Eis, die Ungarn schwebten angetrieben von ihrer Toplinie Balasz Sebok, Janos Hari und Vilmos Gallo fast über die Spielfläche.

Strong glückt Anschlusstreffer

Strong lässt Österreich wieder hoffen und bringt die ÖEHV-Auswahl auf 2:3 heran (27.).

Das gerne zitierte „schmutzige Tor“ brachte Österreich aber zurück ins Spiel. Strong stocherte den Puck über die Linie, nachdem er Balisz unter dem Allerwertesten durchgerutscht war (27.). Ruhe ins österreichische Spiel brachte der neuerliche Boost aber keinen, vor allem defensiv zauberten die Österreicher bei allem Einsatz gehörig. Csanad Erdely schoss nach einem österreichischen Wechselfehler nur hauchdünn vorbei. Drei Minuten vor Schluss war die Partie aber trotzdem wieder auf „null“ gestellt: Jubilar Haudum hatte in Powerplay einen perfekten Assist von Dominic Zwerger zum 3:3 im Winkel versenkt (3.).

Haudum trifft zum 3:3-Ausgleich

In der 38. Minute trifft Haudum zum 3:3-Ausgleich und stellt die Uhren im Abstiegskrimi wieder auf „null“.

Angst dominiert Schlussabschnitt

Das dritte Drittel begannen die Österreicher aber nicht mit Schwung, sondern nach der zweiten Strafe gegen Thomas Raffl in Unterzahl. Ein klares Zeichen auch für die Nervosität im Spiel. Trotz des moralischen Vorteils, einen Zweitorerückstand aufgeholt zu haben, war Österreich in den Anfangsminuten des Schlussabschnitts von der Rolle. Die Ungarn spielten hingegen einfach und schnörkellos und setzten sich teilweise im rot-weiß-roten Drittel fest. Es dauerte fast sechs Minuten, bis die Österreicher in Form von Mario Huber wieder vor dem gegnerischen Tor auftauchten.

In der Folge erkämpften sich die Österreicher wieder etwas Oberwasser. Raffl und Rossi versuchten es kurz hintereinander mit dem „Bauerntrick“, brachten den Puck aber nicht an Balisz vorbei (51.). Ungarn wartete ab und hoffte auf den einen oder anderen Schnitzer der Österreicher. Sebok kam dem 4:3 aus kurzer Distanz ganz nahe, doch Starkbaum hielt (56.), im Gegenzug hielt Balisz gegen Mario Huber (57.). Wie sehr die Nervenschlacht an den Akkus zehrte, war bis in den zweiten Rang der Nokia Arena zu sehen.

Trio wird zu Matchwinnern

Weil Rossi eine Minute vor Schluss den „Lucky Punch“ verpasste und auch in der Verlängerung kein Tor fallen wollte, musste die Frage nach dem Klassenerhalt so wie 2019 in Bratislava im Roulette namens Penaltyschießen beantwortet werden. Doch anders als vor vier Jahren hatte Österreich das bessere Ende für sich: Starkbaum zog den Ungarn die Nerven, Manuel Ganahl tanzte Belisz aus und der bei Salzburg nicht mehr gefragte Heinrich schoss Österreich zur WM 2024 nach Tschechien.

Stimmen zum Spiel:

Roger Bader (Teamchef Österreich): „Ich habe gewusst, dass wir mehr Energie haben, wenn wir Druck machen. Im zweiten Drittel waren wir klar besser, natürlich braucht man auch Glück. In meiner Realität war die WM ziemlich gut. Ich bin nicht zufrieden mit den ersten 30 Minuten gegen Frankreich, gegen die Topnationen haben wir sehr viele gute Leistungen gezeigt. Es ist für Österreich nicht selbstverständlich, dass wir so mithalten. Wir sind noch nicht so weit, dass wir sagen können, wir sind vom Kampf um den Klassenerhalt befreit, das wird auch nächstes Jahr so sein.“

Thomas Raffl (Kapitän Österreich): „Natürlich will man seine Mannschaft genauso sehen. Es war eine lange Saison, dann war der Start ins Turnier nicht mit den gewünschten Ergebnissen, Sieg und Niederlage sind so eng beieinander. Gegen Ungarn war es wie erwartet ein Spiel auf Messers Schneide. Wir haben Charakter gezeigt, sind zurückgekommen und sind bis zum Schluss zusammengestanden. Bernhard (Starkbaum, Anm.) war der Rückhalt, den wir uns erhofft haben. Die Jungs können stolz sein. Wir haben uns das verdient.“

Dominique Heinrich (Siegestorschütze Österreich): „Das Ziel war der Klassenerhalt, das haben wir erreicht. Es war ein spannendes Spiel, Ungarn war ein guter Gegner, wir haben nicht gegen einen Jausengegner gespielt. Wir haben über weite Strecken dominiert, aber Gegentore zu leicht hergegeben. Das ist jetzt ganz egal, wir haben uns durchgesetzt, spielen nächstes Jahr wieder in der A-Gruppe, das ist alles, was zählt.“

Eishockey-WM in Tampere, Gruppe A:

Endstand:

Österreich – Ungarn 4:3 n. P.

(1:2 2:1 0:0 / 0:0 / 1:0 )

Tampere, Nokia Arena, 3.068 Zuschauer

Tore: Rossi (13./PP), Strong (27.), Haudum (38./PP), Heinrich (entscheidender Penalty) bzw. Sofron (9., 20./PP), Horvath (25.)

Strafminuten: 4 bzw. 6

Österreich: Starkbaum – Nickl, Wolf; Zündel, Heinrich; Reinbacher, Brunner; Strong, Maier – M. Huber, Haudum, Wukovits; Thaler, Nissner, T. Raffl; Schneider, Rossi, Zwerger; P. Huber, Achermann, Ganahl

Ungarn: Balizs – Stipsicz, Fejes; Szabo, Hadobas; Kiss, M. Horvath; Pozsgai, Garat – Sebök, Hari, Gallo; Sofron, Bartalis, Erdely; Nagy, Papp, Terbocs; Csanyi, Nemeth, Vincze

Gruppe A in Tampere

Tabelle:
1. USA 7 6 1* 0** 0 34:8 20
2. Schweden 7 5 1* 1** 0 26:7 18
3. Finnland 7 5 0* 1** 1 28:15 16
4. Deutschland 7 4 0* 0** 3 27:16 12
5. Dänemark 7 2 1* 0** 4 19:26 8
6. Frankreich 7 0 1* 2** 4 10:31 4
7. Österreich 7 0 1* 1** 5 11:27 3
8. Ungarn 7 0 1* 1** 5 12:37 3

* Sieg nach Verlängerung/Penaltyschießen (zwei Punkte)
** Niederlage nach Verlängerung/Penaltyschießen (ein Punkt)

Top Vier im Viertelfinale - Gruppenletzter steigt ab