Luton-Town-Spieler jubeln
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Fußball

Luton Towns märchenhafte Rückkehr

Nicht nur im Norden von Wales hat sich heuer dank Wrexham im Vereinigten Königreich ein Fußballmärchen abgespielt, am Samstag vollendete einige Stufen darüber auch Luton Town sein „Fairytale“. Der Club aus der nördlich von London gelegenen Stadt schaffte mit einem dramatischen Sieg im Play-off erstmals seit 31 Jahren den Aufstieg in die Premier League – und schrieb gleich englische Sportgeschichte.

Mit einem 6:5 im Penaltyschießen gegen Coventry City im Londoner Wembley-Stadion sicherte sich Luton Town am Samstag im Play-off-Finale das Ticket für die oberste Spielklasse. Die „Hatters“ hatten davor die Championship hinter den Fixaufsteigern Burnley und Sheffield United auf Rang drei beendet und sich im Play-off der Ränge drei bis sechs um den letzten Aufstiegsplatz zuerst gegen Sunderland und schließlich gegen Coventry City durchgesetzt.

Der Aufstieg von Luton Town erhält auch einen Eintrag in die englischen Fußball-Geschichtsbücher. Denn 2010 fand sich der Club in der fünften Spielstufe – aus der Wrexham, der Club von Hollywood-Star Ryan Reynolds, heuer den Aufstieg schaffte –, und damit außerhalb der vier professionellen „Tiers“ auf der Insel wieder. Die Rückkehr aus einer „Non-League“-Stufe ins Oberhaus war in der Geschichte des britischen Fußballs noch keinem Verein gelungen.

Der 1885 gegründete Club spielt kommende Saison damit erstmals seit 1991/92 wieder im englischen Oberhaus, dem man davor zehn Jahre lang ohne Unterbrechung angehört hatte. Trotzdem spielt Luton Town erstmals in seiner Geschichte in der Premier League. Denn diese wurde erst 1992 nach dem Abstieg der „Hutmacher“ aus der rund 225.000 Einwohner zählenden Stadt in der englischen Grafschaft Bedfordshire eingeführt.

Absturz und Comeback

Der Jubel und die Begeisterung in Luton, das man außerhalb Großbritanniens vor allem dank seines von Billigfluglinien genutzten Flughafens kennt, war nach dem Aufstieg entsprechend groß. Am Montag wurde auf dem St. George’s Square mit einer Parade der unerwartete Coup gefeiert. „Die Fans haben viele dunkle Momente erlebt, es ist schön, dass wir ihnen ein Lächeln schenken konnten“, sagte Cheftrainer Rob Edwards.

Rob Edwards
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Edwards führte Luton Town zurück in die Elite des englischen Clubfußballs

Edwards, der im vergangenen Herbst vom Lokalrivalen Watford geholt worden war, nachdem Nathan Jones als Nachfolger von Ralph Hasenhüttl Southampton übernommen hatte, spielte damit auch auf die turbulente jüngere Vergangenheit an. 2008 wurde Luton Town wegen illegaler Finanzgeschäfte mit dem Rekordpunkteabzug von 30 Zählern bestraft und stand nach dem Absturz in die Amateurstufe vor dem Aus. Erst 2015 schaffte es der Club zurück in die vierte Liga.

Pelly-Ruddock Mpanzu war damals schon mit dabei und feierte am Samstag auch den Aufstieg in die Premiere League. Der 29-Jährige, der bisher 367 Partien für Luton Town absolviert hat, ist der erste Spieler, der es mit einem Club aus dem Amateurfußball zurück in die Premier League geschafft hat. „Ich habe Fußball durchgespielt, im Sommer höre ich auf“, scherzte Mpanzu daher auch mit einem breiten Grinsen bei der Siegesfeier im Wembley Stadium: „Es war eine Reise durch Hochs und Tiefs, aber man muss an sich glauben. Und jetzt steh ich hier, als Premier-League-Spieler.“

Eintritt in andere Welt

Der Aufstieg bedeutet für Luton Town den Eintritt in eine neue Welt. Aufgrund der TV-Gelder in der Premier League wurde schon das Finale gegen Coventry City im Vorfeld als das lukrativste Spiel der Saison bezeichnet. Rund 187 Mio. Euro bringt allein die Rückkehr in das Konzert der Großen. Schaffen die „Hatters“ den Klassenerhalt, winkt ein Gesamtgewinn von rund 340 Mio. Euro.

Kenilworth-Road-Stadium
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Das Stadion an der Kenilworth Road versprüht vorerst noch einen eher rustikalen Charme

Ein Großteil des Gewinns wird wohl in die Adaptierung des Heimstadions fließen. Der seit 1905 als Spielstätte genutzte Platz an der Kenilworth Road hat mit den modernen Fußballtempeln von Manchester bis London nichts am Hut. Mit 10.365 Sitzplätzen ist das in die Jahre gekommene Stadion das mit Abstand kleinste aller 20 Premier-League-Arenen. Rund 11,5 Mio. Euro werden bis zum Saisonstart im August in die Kenilworth Road investiert, um das mitten in einer Wohngegend gelegene Stadion erstligafit zu machen.

„Wir wissen, dass es für uns eine Riesenherausforderung wird. Wir spielen in der besten Liga mit den besten Trainern und Spielern. Wir wissen, wie hart es sein wird“, sagte Coach Edwards, „aber wir werden nicht durchdrehen, sondern einfach auf unsere Stärken vertrauen.“ Edwards’ Vorgänger Jones, der Luton Town davor ins Aufstiegs-Play-off geführt hatte, war bei Southampton übrigens auch bald wieder Geschichte. Mehr noch: Die „Hatters“ nehmen den Platz der „Saints“ in der Premier League ein.

Kapitän sorgt für Schrecksekunde

Der Aufsteiger hatte dabei schon vor dem dramatischen Finish eine Schrecksekunde zu verdauen, denn zu Beginn der Partie war Lutons Kapitän Tom Lockyer ohne Gegnereinwirkung zu Boden gegangen. Der 28-Jährige musste mehrere Minuten lang behandelt werden. Lockyer wurde mit einer Trage vom Platz und für weitere Untersuchungen in ein Krankenhaus gebracht.

Der Club teilte später mit, Lockyer sei ansprechbar gewesen. Mit einem Tweet aus dem Krankenhaus, das einen strahlenden Kapitän im Bett zeigte, gab es am Sonntag auch schließlich Entwarnung. Seine Clubkollegen hatten schon am Samstag mit Lockyers Trikot mit der Nummer vier ihren Kapitän in die Jubelfeier eingeschlossen.