Günter Bresnik
GEPA/Matthias Hauer
Tennis

Bresnik von Thiems Stärke überzeugt

Unabhängig von der Fünfsatzniederlage von Dominic Thiem gegen Pedro Cachin in der ersten Paris-Runde glaubt auch sein Ex-Coach Günter Bresnik nach wie vor an eine Rückkehr des Niederösterreichers in weit höhere Sphären. Thiem habe es in den vergangenen Jahren etwas schleifen lassen, doch nun sieht der 62-Jährige den früheren US-Open-Sieger wieder auf dem richtigen Weg – nicht zuletzt dank des Trainerwechsels zu Benjamin Ebrahimzadeh.

„Das ist ein guter Trainer. Für mich kein Touringcoach, und das ist ein Riesenunterschied. Ich gehe davon aus, dass er sich langfristig überlegt, was gemacht gehört, damit Dominic wieder so spielt wie von 2016 bis 2020. In der Zeit war er Woche für Woche unter den Topfavoriten. Ich bin sicher, dass hochprozentig in Training investiert wurde“, sagte Bresnik zur APA.

Wesentlich sei, dass sich der Spieler weiterentwickle. „Es gibt zwei Arten von Trainern: Die, die entwickeln, und welche, die verwalten“, erklärt Bresnik. „Dass jemand nur mit dem haushaltet, was man ihm in die Hand drückt und nicht wirklich produktiv etwas schafft, ist für mich bescheiden.“ Zu letzterer Kategorie gehört Ebrahimzadeh für Bresnik keinesfalls.

Und Thiem sei auch nicht so schlecht, wie er von vielen Kritikern gemacht werde. „Er steht ja immer noch in den Top 100, und er hat sein Niveau ja immer noch“, meinte Bresnik und fügte hinzu: „Aber man muss auch jemanden aus einem Tiefschlaf aufwecken können, bei ihm ruhen die Schläge.“ Über Thiems aktuelle Form sagte Bresnik: „Ich finde, dass der Aufschlag schon sehr gut ist. Da würde ich nicht viel Unterschied zu früher sehen. Die Dinge sind ein bisserl schwieriger, wenn sie in Bewegung stattfinden, da hapert es noch ein bisserl.“

Dominic Thiem
GEPA/Francois Asal
Thiem kämpft weiter um seine alte Form

Selbstvertrauen durch Leistung

Bresnik glaubt auf jeden Fall, dass Thiem wieder in die ersten 15 im ATP-Ranking kommen kann. „Dafür haben sie mich ausgelacht. Vielleicht ist erste 15 zu hoch, aber lasst ihn einmal zwei Turniere gut spielen.“ Wie schon seit vielen Jahren will er von mentalen Ursachen nichts hören. „Selbstvertrauen kommt immer durch Leistung, aber Leistungen kommen nicht durch Selbstvertrauen – das ist ein Irrglaube.“

Thiem sei auch grundsätzlich kein mental schwacher Spieler: „Einer gewinnt nicht so viele Turniere, schlägt nicht Federer, Djokovic, Nadal auch auf großen Bühnen, wenn er mental schwach ist.“ Für Bresnik ist Thiem „vom Grundgerüst her ein besserer Tennisspieler als Daniil Medwedew, als ein Casper Ruud. Ruud hat sogar schon eine Chance auf die Nummer eins gehabt, Dominic nie.“

Bresnik zeigt Verständnis

Thiem hat nach seinem Aus wieder davon gesprochen, dass er eineinhalb Jahre seine Arbeit nicht zu 100 Prozent gut gemacht habe. Bresnik sagte dazu: „Für mich war er drei Jahre nicht auf der Tour. Er ist zwar von Turnier zu Turnier gefahren, aber müde wirst du durch arbeiten.“

Bresnik habe Verständnis für jeden, der eine Talsohle in seiner Karriere durchschreitet. „Wenn jemand persönliche Probleme hat oder schwierige Zeiten hat, dagegen hab ich nichts. Man kann aus vielerlei Gründen an andere Dinge denken als an seinen Sport.“ Entscheidend sei aber, wie man damit umgeht. „Es ist nicht immer die Schuld der betroffenen Person, sondern liegt eigentlich immer an der Umgebung.“

An Nummer eins vorbeigefahren

Bresnik ist die Karriere von Thiem nach dem Ende der Zusammenarbeit im Frühjahr 2019 keinesfalls egal. Immerhin hatte er rund eineinhalb Jahrzehnte mit Thiem gearbeitet und ihn 2018 ins erste French-Open-Finale geführt. Was damals sein eigentliches Ziel mit Thiem gewesen ist? „Eigentlich wollte ich ihn als Nummer eins sehen, wofür ein Grand-Slam-Titel eine Voraussetzung ist. Ohne Grand-Slam-Titel wirst du nicht Nummer eins. Für mich war Dominic jemand, der am Reißbrett konstruiert fast nicht dran vorbeifahren kann.“

Für Bresnik ist die Trainerphilosophie klar. „Je besser ich werde, umso härter wird die Arbeit und nicht leichter.“ Und auch im Alter geht die Intensität nicht zurück, erklärt er. „Wenn ich 10 kg einen Meter hochhebe, habe ich gearbeitet. Wenn ich 10 kg zehnmal hochhebe, habe ich mehr gearbeitet, und wenn ich das in einer Minute mache, ist es mehr als in einer Stunde. Darum geht’s in dem Sport: Das wird altersadäquat angepasst, aber in der Intensität wird nicht reduziert.“