Das Überraschungsteam aus Florida hatte sich erst über das Play-in der Eastern Conference fürs Play-off qualifiziert – und das äußerst knapp. Die Zitterpartie vom 15. April ist den Heat noch in guter Erinnerung. Weniger als drei Minuten vor Ende lag Miami gegen die Chicago Bulls im Play-in 87:90 zurück, setzte dann aber zum Endspurt an und gewann 102:91. „Ich wusste, dass meine Spieler einfach alles geben würden, um das Play-off zu erreichen und den Traum vom Titel aufrechtzuerhalten“, sagte Coach Erik Spoelstra danach.
Eineinhalb Monate und drei gewonnene Play-off-Serien später jagt sein Team immer noch dem Traum nach. Die topgesetzten Milwaukee Bucks wurden ebenso eliminiert wie im Halbfinale mit den Boston Celtics auch das zweitbeste Team. Dabei gab Miami zwar eine 3:0-Führung in der Serie aus der Hand, behielt im siebenten und entscheidenden Spiel aber die Oberhand. Zwischendurch fielen auch die New York Knicks.
„Wir haben noch vier Siege vor uns“
„Ich habe so großen Glauben in mich und in dieses Team. Ich weiß, welch großartige Spieler wir haben und wie gut wir sind als Team“, sagte Jimmy Butler. „Wir haben noch vier Siege vor uns.“ Mit durchschnittlich 28,5 Punkten pro Play-off-Partie ist Butler der überragende Heat-Spieler. Der 33-Jährige, der vor dieser Saison schon sechsmal ins NBA-All-Star-Team gewählt wurde, könnte seine hervorragende, aber auch von Zwischentiefs geprägte Karriere mit der „Larry O’Brien Trophy“ krönen.

Es wäre eine typisch amerikanische Underdog-Story, denn Butler hatte eine schwierige Kindheit. Die Mutter setzte ihn nach einem Streit vor die Tür, worauf der damals 13-Jährige abwechslungsweise bei Freunden übernachtete. Der Vater hatte die Familie schon früh verlassen. Dank starker Leistungen in den Schulteams schaffte es Butler in die NBA, wo er allerdings aneckte, provozierte und austeilte. Vor seinen Launen waren weder Teamkollegen noch Trainer gefeit.
Erst in der Vorsaison kam es während eines Spiels zu einem hitzigen Wortgefecht zwischen Butler und Coach Spoelstra, bei dem Mitspieler die beiden zurückhalten mussten. „Nicht jeder kommt mit Jimmys Art klar. Er kann hart sein, sogar grimmig“, sagte Spoelstra, nachdem sich die Wogen geglättet hatten. „Aber mit den Miami Heat kommt auch nicht jeder klar. Deshalb ist das eine perfekte Beziehung.“
Ausgeruhte Nuggets in Favoritenrolle
So unstet der Weg ins Finale für Miami war, so stringent wirkt jener von Denver. Der Sieger der Western Conference hatte auch im Play-off kaum Mühe, schaltete im Semifinale die Los Angeles Lakers mit 4:0 aus und geht entsprechend ausgeruht in die Finalserie.
Den Nuggets wird seit 2018 immenses Potenzial attestiert – auch wegen des serbischen Superstars Nikola Jokic, der in den letzten zwei Saisonen zum wertvollsten Spieler der Liga (MVP) gewählt wurde. Doch in den entscheidenden Momenten konnte das Team aus Colorado das zugeschriebene Potenzial oft nicht abrufen. In dieser Saison läuft aber alles anders – zumindest bisher.

„Die Möglichkeit, Clubgeschichte zu schreiben, ist für uns die größtmögliche Motivation“, sagte Nuggets-Trainer Michael Malone. Der Aussage, sein Team werde gegen den Außenseiter aus Miami wohl einfaches Spiel haben, widersprach er vehement: „Alles, was bisher in der Saison passiert ist, zählt im Finale nicht mehr. Es wird ein unglaublich harter Kampf.“