Übergroßer Champions-League-Pokal in Istanbul
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Champions League

Finale im Zeichen umstrittener Geldgeber

Mit dem 1880 gegründeten Manchester City Football Club und dem 1908 aus der Taufe gehobenen Football Club Internazionale Milano, besser bekannt als Inter Mailand, stehen sich am Samstag (21.00 Uhr) im Finale der Champions League zwei Traditionsclubs gegenüber. Aber nur dank der milliardenschweren Investoren aus Abu Dhabi bzw. China haben beide Clubs überhaupt die Chance auf den Titel.

Während Inter seit 2016 mehrheitlich dem chinesischen Einzelhandelsriesen Suning Commerce gehört, ist Manchester City seit dem Jahr 2008 in arabischen Händen. Damals wurde der Verein von Scheich Mansour Bin Zayed Al Nahyan, einem Mitglied der Herrscherfamilie von Abu Dhabi, und dem Konsortium Abu Dhabi United Group übernommen. Die Araber überwiesen kolportierte 250 Mio. Euro an den früheren thailändischen Premierminister Thaksin Shinawatra für dessen Anteile.

Davor meist nur Mittelständler in der Premier League und 1999 beim Champions-League-Sieg von Lokalrivalen Manchester United überhaupt nur drittklassig, stieg City plötzlich zum reichsten Verein Europas auf. Für Stars wie Sergio Agüero, Edin Dzeko, Carlos Tevez, David Silva, Yaya Toure und Samir Nasri wurde tief in die Tasche gegriffen, erster Lohn war der Sieg im FA-Cup-Finale 2011. Dass der Club allein in der Saison 2010/11 ein Minus von 197 Millionen Pfund (damals 245 Mio. Euro) produzierte, verursachte keine Sorgenfalten. Mit dem Meistertitel 2012, dem ersten seit 1968, folgte der Schritt zur nationalen Nummer eins.

Sergio Agüro (Manchester United)
Reuters/Gareth Copley
Agüero war einer der Stars, die den ehemaligen Mittelständler in einen Topclub verwandelten

Rund zwei Milliarden Euro hat die Abu Dhabi United Group seit der Übernahme vor 15 Jahren mittlerweile für Transfers ausgegeben. Die 60 Millionen Euro für Stürmerstar Erling Haaland vor der Saison waren eine im Vergleich billige Investition. Seit 2008 gewannen die „Citizens“ siebenmal die Premier League, dreimal den FA Cup, sechsmal den Ligapokal – aber noch nie die Champions League. Diesen Titel soll die Truppe von Trainer Josep Guardiola im Endspiel gegen Inter endlich holen. Vor zwei Jahren zog man im englischen Duell mit dem FC Chelsea – dank Ex-Besitzer Roman Abramowitsch Vorreiter in Sachen Milliardeninvestor – den Kürzeren.

Manchester City vs. Inter im CL-Finale

In der Fußball-Champions-League kommt es am Samstag zwischen Manchester City und Inter Mailand in Istanbul zum finalen Duell um die Krone in der europäischen Königsklasse.

Inter als Chinas Speerspitze

Auch Inter Mailand kehrte nur dank eines potenten Investors ins Rampenlicht zurück. Das Elektronikunternehmen Suning Commerce sicherte sich im Juni 2016 um rund 270 Mio. Euro etwas über 68 Prozent an den „Nerazzurri“. Rund 31 Prozent blieben zunächst im Besitz des indonesischen Geschäftsmannes Erick Thohir, der im Oktober 2013 eingestiegen war und im Jänner 2019 seine restlichen Anteile an den Investmentfonds LionRock Capital abgab. Damit ging Inter komplett in den Besitz der Chinesen über. Clubpräsident ist Steven Zhang, Sohn von Suning-Gründer und -Geschäftsführer Zhang Jindong.

Inter ist der bisher bekannteste europäische Fußballclub, der mehrheitlich in chinesischen Händen ist. Und ähnlich wie bei Finalgegner Manchester City sind die Mailänder dank Milliardeninvestitionen wieder zu einem Topclub aufgestiegen. Nach dem Triple 2010 unter Jose Mourinho sowie Vizemeisterschaft und Coppa-Italia-Triumph 2010/11 war Inter danach auf die Plätze neun (2013), acht (2015) und sieben (2017) abgestürzt.

Inter Mailand mit Champions-League-Pokal 2010
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Nach dem Gewinn der Champions League 2010 ging es mit Inter Mailand sportlich bergab

Dank der chinesischen Investitionen wendete sich das Blatt, die Mailänder stiegen wieder zu einer Topadresse in Italien und auch auf dem europäischen Parkett auf. Vor zwei Jahren brach Inter in der Serie A nach neun Saisonen die Vorherrschaft von Juventus Turin und holte sich den 19. Meistertitel. Nun steht die Mannschaft von Trainer Simone Inzaghi erstmals seit 13 Jahren im Finale der Königsklasse und kämpft um den vierten Titel nach 1964, 1965 und 2010.

Symbol für Wettbewerbsverzerrung

Die Investitionen haben bei allen Erfolgen jedoch auch eine Kehrseite. Speziell Manchester City steht bei vielen traditionsbewussten Fans für all das, was sie am Profifußball kritisieren: Sportswashing, Maßlosigkeit, Wettbewerbsverzerrung. ManCity wurden Tricksereien bei den Bilanzen, regelwidrige Millionenprovisionen an Spielerberater, Dreiecksgeschäfte bei Verpflichtungen von minderjährigen Fußballern und tiefe Verbindungen zur politischen Ebene im Emirat vorgeworfen. Der Club bestritt all das, doch das Image hat kräftig gelitten.

Zur Kritik zählt auch, dass Manchester als wichtigster Teil der City Football Group als eine Art „Krake“ im Weltfußball agiert. Die arabische Investorengruppe besitzt auf alle Kontinente verteilt inzwischen 13 Fußballclubs – darunter etwa auch den New York City FC aus der nordamerikanischen Major League Soccer, Girona aus der spanischen Liga und den italienischen Serie-B-Vertreter Palermo – und hält Partnerschaftsabkommen mit zahlreichen anderen Vereinen. Es ist ein Imperium, Geld spielt bei den Clubbesitzern keine Rolle.

Premier League ermittelt

Die Premier League lässt derzeit auch die finanziellen Machenschaften im Hintergrund von ManCity genau unter die Lupe nehmen. Noch immer untersucht eine unabhängige Kommission den schweren Vorwurf, City habe jahrelang gegen die Finanzregeln der englischen Liga verstoßen. Es geht um mehr als 100 Fälle von 2009 bis 2018. Den „Citizens“ werden von der Liga unkorrekte Finanzinformationen „insbesondere in Bezug auf ihre Einnahmen (einschließlich Sponsoringeinnahmen), ihre verbundenen Parteien und ihre Betriebskosten“ vorgeworfen.

Scheich Mansour bin Zayed Al Nahyan im Etihad Stadium in Manchester 2010
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Bin Zayed Al Nahyan, hier bei einem Spiel kurz nach der Übernahme, und seine Gruppe werden seit jeher kritisch beäugt

Im schlimmsten Fall droht dem englischen Meister der Ausschluss aus der Liga. Angesichts dessen und aufgrund der Anzahl der Vorwürfe und der Dauer der Ermittlungen sprechen Beobachter von einem beispiellosen Vorgang in der Ligageschichte. Und anders als bei der zweijährigen Europacup-Sperre durch die UEFA 2020, die der Club durch den Gang vor den Internationalen Sportgerichtshof (CAS) verhindern konnte, gibt es diesmal wohl keine Hintertür. Die Entscheidung dieser Kommission kann Medienberichten zufolge durch den CAS nicht angefochten werden.

2020 war City ursprünglich wegen „ernsthafter Verstöße“ gegen die Regeln des Financial Fair Play von 2012 bis 2016 von der UEFA bestraft worden. Damals habe der Club seine Unschuld bewiesen, sagte Guardiola, und das werde er auch diesmal tun: „Ich bin vollkommen überzeugt, dass wir unschuldig sind.“ Er vertraue den Verantwortlichen. Und wenn auch er getäuscht wurde? „Ich habe zu ihnen gesagt: ‚Wenn ihr mich anlügt, bleibe ich nicht hier. Dann bin ich raus‘“, berichtete Guardiola von einem Gespräch mit den Clubbossen. Es gehe nicht einfach nur darum, die Champions League zu gewinnen, sondern die Dinge auf eine saubere Art zu erledigen.