Jubel der Manchester-City-Spieler
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Champions League

Manchester City am Ziel seiner Träume

Nach mehreren vergeblichen Anläufen hat es Manchester City am Samstag geschafft und erstmals in der Clubgeschichte den europäischen Fußballthron erklommen. Die Mannschaft von Coach Josep Guardiola setzte sich in Istanbul im Finale der Champions League mit 1:0 (0:0) gegen Inter Mailand durch. Zum Matchwinner für die „Citizens“ avancierte Rodri, der in der 68. Minute den entscheidenden Treffer im Istanbuler Atatürk-Stadion erzielte.

Der englische Meister und FA-Cup-Sieger krönte damit in einem intensiven Endspiel eine herausragende Saison mit dem Triple, das in England zuletzt Manchester United im Jahr 1999 gelungen war. Für Guardiola, der seit 2016 als Coach von Manchester City fungiert und 2021 das Finale gegen den FC Chelsea verloren hatte, ist es der dritte Titel in der Champions League. 2009 und 2011 hatte er als Trainer des FC Barcelona triumphiert. Guardiola ist nun einer von sechs Trainern, der die CL mit mehr als einem Team gewonnen hat.

Das auch sehr zur Freude von Scheich Mansur bin Sajed Al Nahjan, der den Club 2008 übernommen und seit damals mehrere 100 Millionen Euro in den Verein investiert hat. Inter, das einen würdigen Finalgegner abgab, blieb hingegen der vierte CL-Titel nach 1964, 1965 und 2010 verwehrt. Für Italien ging überhaupt die Europacup-Saison enttäuschend zu Ende. Nach AS Roma in der Europa League und Fiorentina in der Conference League verlor mit Inter auch das dritte italienische Team das Finale.

Tor von Rodri (Manchester City)
Reuters/Molly Darlington
Der Moment der Entscheidung: Rodri erzielte mit wunderbarer Übersicht und perfekter Schusstechnik das Goldtor für City

Keine Experimente in den Startformationen

Kein Trainer der Finalisten wagte im Endspiel ein Experiment. Guardiola setzte auf ein 3-2-4-1-System. Links in der Dreierkette agierte als dritter Innenverteidiger Nathan Ake, der für den zuletzt angeschlagenen Kyle Walker in die Startelf rutschte. Ansonsten kamen bei den „Citizens“ in einer ausgewogenen Aufstellung alle Stars zum Zug – allen voran Torjäger Erling Haaland.

Auch Inter-Coach Inzaghi vertraute im Finalduell auf die gewohnte 3-5-2-Ausrichtung. Der zuletzt angeschlagene Mittelfeldspieler Henrich Mchitarjan wurde für die Anfangsformation nicht rechtzeitig fit. Der Armenier wurde durch den Kroaten Marcelo Brozovic ersetzt. Im Angriff erhielt Edin Dzeko den Vorzug vor Romelu Lukaku und stürmte neben dem argentinischen Weltmeister Lautaro Martinez.

Inter hält mit Aggressivität dagegen

Mit einminütiger Verspätung begann dann um 21.01 Uhr vor 75.000 Fans das 68. Endspiel um den wichtigsten Titel im europäischen Clubfußball. Den ersten Torschuss der Partie gab Haaland ab (3.) – allerdings aus Abseitsposition. Und City legte nach. Bernardo Silva – Doppeltorschütze im Halbfinal-Rückspiel gegen Real Madrid – schoss nach einer schönen Einzelaktion hauchdünn am langen Eck vorbei (6.).

Spielszene des CL-Finales
Reuters/Matthew Childs
Im Mittelfeld gingen die Inter-Spieler hart an den Mann und machten Ilkay Gündogan und Kollegen das Leben schwer

Inter war seinerseits im Mittelfeld sehr aggressiv, um das gefährliche Passspiel der Engländer ja nicht zur Entfaltung kommen zu lassen. Von einer drückenden Überlegenheit von City, die von manchen Experten befürchtet worden war, war daher zunächst nichts zu sehen. Im Angriff hatten die „Nerazzurri“ unterdessen ihre Momente, zu einem richtigen Torabschluss kamen sie aber in der ersten Viertelstunde nicht. In der 20. Minute ging dann ein Weitschuss von Brozovic weit drüber.

City-Regisseur De Bruyne verletzt raus

City tat sich sichtlich schwer, blieb aber ab und an gefährlich. Kevin De Bruyne fand mit einem perfekten Lochpass Haaland. Der Norweger zog mit Wucht Richtung Tor, scheiterte aber mit seinem Versuch an Inter-Goalie Andre Onana (27.). Kurz darauf fiel ein Weitschuss von De Bruyne zu zentral aus (28.). Der Belgier musste sich unmittelbar danach am rechten Oberschenkel behandeln lassen und sorgte für Sorgenfalten bei Coach Guardiola und allen City-Fans.

Ein verletzter Kevin De Bruyne (Manchester City) wird behandelt
AP/Francisco Seco
Wie schon vor zwei Jahren im Finale gegen Chelsea musste City-Spielmacher Kevin De Bruyne verletzt vom Platz

In der 36. Minute ging es dann beim Regisseur und Assistkönig wirklich nicht mehr weiter. Für ihn kam der englische Teamspieler Phil Foden. Manchester musste sich nach dem Ausfall seines Taktgebers neu ordnen. Die Italiener konnten diese Phase aber nicht nutzen, da sie so gut wie kein Risiko eingingen und nur auf Umschaltmomente lauerten. City tat sich weiter schwer beim Kreieren von Torchancen. Die letzte Aktion hatte Manuel Akanji mit einem Weitschuss (45.+1).

Inter-Chance nach City-Missverständnis

Die zweite Hälfte bot zunächst wenig Änderung in der Charakteristik. City tat sich extrem schwer, offensiv in Entfaltung zu kommen. Ein Fehlpass von Onana im eigenen Strafraum brachte City in eine gute Position. Doch Silva konnte aus der Situation kein Kapital schlagen (50.). Während sich die Anzahl der Torchancen nicht erhöhte, steigerte sich die Intensität der Zweikämpfe. Schiedsrichter Szymon Marciniak ließ die Spieler gewähren und zückte keine Gelbe Karte.

In der 57. Minute kam dann bei Inter Lukaku für Dzeko. Kurz danach hatten die Mailänder ihre mit Abstand beste Chance der Partie – resultierend aus einem City-Missverständnis. Einen Rückpass von Silva ließ Akanji durch. Ederson, der schon in der ersten Hälfte nicht sicher wirkte, verschlief die Aktion und blieb im Tor. Martinez kam an den Ball. Aufgrund fehlender Abnehmer in der Mitte entschied sich der Argentinier für den Abschluss und scheiterte an Emerson (58.).

Spielszene des CL-Finales
Reuters/Molly Darlington
Lautaro Martinez hatte die Möglichkeit, Inter Mailand nach knapp einer Stunde in Führung zu bringen

Manchester City geht in Führung

Guardiola fiel an der Seitenlinie vor Schreck auf die Knie, konnte aber noch einmal durchatmen. Zehn Minuten später hatte der spanische Starcoach nach einer starken Aktion seines Teams dann Grund zur Freude. Akanji spielte einen Lochpass in den Strafraum auf Silva. Der Portugiese passte in den Rückraum, wo Rodri mit Tempo auf den Ball ging. Der Spanier knallte nicht kopflos drauf, sondern schoss – scharf, aber mit viel Übersicht – wunderbar zur Führung für City ein (68.).

Inter war zum Handeln gezwungen. Und beinahe wäre postwendend der Ausgleich gelungen. Der Ball kam im Strafraum zu Federico Dimarco, der den Ball per Kopf über City-Goalie Ederson hob, aber nur die Latte traf. Der Abpraller kam erneut zum Italiener, der allerdings Teamkollegen Lukaku ans Bein köpfelte (70.). Lukaku selbst scheiterte danach mit einem zu zentralen Schuss (73.). Auf der Gegenseite bewahrte Inter-Tormann Onana seine Mannschaft bei einer Großchance für Foden vor dem 0:2 (77.).

Ederson hält City-Sieg fest

Unmittelbar davor hatte Inzaghi mit Robin Gosens und Raoul Bellanova zwei frische Kräfte gebracht (76.). Auch Mchitarjan und Danilo D’Ambrosio sollten am Schluss noch für Schwung bei Inter sorgen (84.). Auf der Gegenseite ersetzte Walker den angeschlagenen John Stones (82). Es ging in die letzten Minuten, die noch einmal Dramatik zu bieten hatten.

Nach einer Flanke köpfelte Gosens vor das City-Tor. Dort stand Lukaku völlig frei. Der Belgier war von der Situation aber ein wenig überrascht, brachte den Ball aber per Kopf auf das Tor. Ederson war aufmerksam und konnte mit einem Reflex auf der Linie den Gegentreffer verhindern. Anschließend bugsierte Ruben Dias den Ball über die Cornerlinie (88.). In der Nachspielzeit schoss Nicolo Barella vorbei (93.). Die letzte Chance hatte dann Gosens, dessen Kopfball von Ederson weggefaustet wurde. Danach erfolgte der Schlusspfiff, der bei Manchester City alle Dämme brechen ließ.

Stimmen zum Spiel:

Rodri (City-Torschütze): „Ich bin so emotional gerade. Es ist ein Traum, der Wirklichkeit geworden ist. Alle unsere Fans, sie haben so lange auf diesen Moment gewartet. Wir haben es uns verdient, wir waren schon einmal so knapp dran. In so einem Finale entscheidet letztlich der liebe Gott. Inter war ein starker Gegner, sie haben gut gespielt.“

Ilkay Gündogan (City-Kapitän): „Es ist wie im Märchen, besser geht es nicht. Es ist ein großes Privileg, nicht nur Kapitän dieser Mannschaft zu sein, sondern auch unter Pep zu spielen, Teil dieses tollen Vereins zu sein. Wenn man sein drittes Finale spielt und die ersten zwei verloren hat, dann jagt das einen. Aber wir waren immer selbstbewusst und haben an uns geglaubt. Wir wussten aber, dass es schwer wird.“

Erling Haaland (City-Stürmer): „Es ist einfach nur fantastisch, ich kann nicht mehr sagen. Es ist unglaublich, ich komme aus dem kleinen Dorf Bryne und darf das erleben. In der ersten Saison drei Titel zu holen, das ist nicht schlecht. Wenn man hart arbeitet, kann man sich Träume erfüllen. Schon als kleiner Junge habe ich auf den Titel gespickt, jetzt bin ich Champions-League-Sieger.“

Federico Dimarco (Inter-Mittelfeldspieler): „Wir sind enttäuscht, dass wir das wichtigste Spiel verloren haben, nachdem wir gegen ein Team, das zusammengestellt worden war, um den Titel zu holen, auf Augenhöhe agiert hatten. Es ist traurig, dass wir nicht getroffen haben.“

Robin Gosens (Inter-Mittelfeldspieler): „Ehrlich gesagt, fühle ich mich total beschissen. Wir wissen, dass wir ein Riesenspiel gemacht haben. Das ist der Grund, warum es so wehtut. Ich hatte nicht das Gefühl, dass sie besser waren, wir waren mindestens auf Augenhöhe. Auf 90 Minuten gesehen hatten wir die besseren Chancen. Wenn du die Dinger nicht machst, kannst du auch kein Spiel gewinnen.“

Champions League, Finale

Samstag:

Manchester City – Inter Mailand 1:0 (0:0)

Istanbul, Atatürk Olympic Stadium, 75.000, SR Marciniak (POL)

Tor: Rodri (68.)

Manchester: Ederson – Akanji, Ruben Dias, Ake – Rodri – Bernardo Silva, Stones (82./Walker), Gündogan, De Bruyne (36./Foden), Grealish – Haaland

Inter: Onana – Darmian (84./D’Ambrosio), Acerbi, Bastoni (76./Gosens) – Dumfries (76. Bellanova), Barella, Brozovic, Calhanoglu (84./Mkhitaryan), Dimarco – Dzeko (57./Lukaku), Martinez

Gelbe Karten: Haaland, Ederson bzw. Lukaku, Barella, Onana, Inzaghi (Trainer)

Die Besten: Rodri, Stones, Bernardo bzw. Dimarco, Acerbi, Brozovic