Der brasilianische Surfer Italo Ferreira.
AP/Noah Berger
Porträt

Die neuen Sportarten in Tokio

Für die Sommerspiele von Tokio hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) fünf neue Sportarten in das Programm aufgenommen. Kriterien für die neuen Wettbewerbe waren, dass die Sportarten im Land des Gastgebers populär und für junge Sportler attraktiv sind. Die Tokio-Organisatoren schlugen Baseball und Softball, Karate, Sportklettern, Skateboard sowie Surfen vor. Nicht in die Endauswahl geschafft hatten es Squash, Bowling sowie die Kampfsportart Wushu.

Die Erweiterung des Programms auf insgesamt 33 Sportarten wurde durch die von IOC-Präsident Thomas Bach initiierte „Agenda 2020“ möglich, die im November 2014 bei der 127. Vollversammlung in Monte Carlo abgesegnet wurde. Ab Tokio haben die jeweiligen Gastgeber der Olympischen Spiele das Recht, Vorschläge für weitere Sportarten zu machen. Mit der Erweiterung gibt es 18 Entscheidungen mehr als in Rio, etwa 500 weitere Sportler können teilnehmen.

Vor der Reform war es für interessierte Verbände ein oft sehr steiniger Weg, überhaupt Gehör zu finden. Bei den Olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro vor fünf Jahren erhielten etwa Golf und 7er-Rugby für Männer und Frauen erst nach langen Diskussionen grünes Licht. Neben den beiden Sportarten, die auch in Tokio vertreten sind, standen auch Baseball und Softball sowie Squash, Karate und Inlineskating zur Debatte, doch nur bei Golf und Rugby war sich das IOC sicher, dass die olympischen Wettkämpfe in Rio dadurch bereichert werden könnten.

Baseball und Softball feiern Comeback

Mit fünf Jahren Verspätung feiern Baseball und Softball in Tokio ihr heiß ersehntes Comeback im Zeichen der fünf olympischen Ringe. Von 1996 bis 2008 wurde Softball bei den Sommerspielen ausgetragen, Baseball war schon 1992 bis 2008 dabei. Dominiert wurden die fünf Auftritte von den Kubanern, die sich gleich dreimal Gold (1992, 1996, 2004) sicherten. Beim Softball dominierten die US-Frauen, die sich bei vier Auflagen ebenfalls dreimal durchsetzen (1996, 2000, 2004). 2008 in Peking ging Softball-Gold an Japan.

Masahiro Tanaka
Reuters/USA Today Sports/Dale Zanine
Sowohl bei den Damen als auch bei den Herren gehören Japan und die USA zu den Favoriten, jedoch konnten die US-Herren erst einmal (2000 in Sydney) Olympiagold gewinnen. Japan schlug 2008 in Peking beim letzten Olympiaauftritt im Softball zu, die Herren warten noch auf den großen Coup. Die Hoffnungen liegen u. a. auf Masahiro Tanaka, Ex-Starpitcher der New York Yankees.

Tokio als würdige Bühne für Karate-Premiere

Bereits in den 1970er Jahren hatte der französische Sportfunktionär und Karateka Jacques Delcourt dafür gekämpft, Karate olympisch zu machen. Zuletzt hatte sich die Kampfsportart vergeblich um die Aufnahme in das Programm der London-Spiele 2012 beworben und war auch für Rio 2016 nicht angenommen worden. Erst in Japan, wo die Geschichte des Kampfsports vor über 700 Jahren begann, feiert Karate nun seine Olympiapremiere.

Die österreichische Karateka Bettina Plank.
GEPA/Christian Walgram
Insgesamt achtmal Gold gibt es im Karate zu gewinnen. Zweimal in der Disziplin Kata, sechsmal im Kumite. Österreichs Fahne hält Bettina Plank hoch, die in der Klasse bis 55 kg im zehn Frauen umfassenden Kumite-Starterfeld antritt. Beim Kumite wird auf einer acht mal acht Meter großen Matte gekämpft. Schläge und Tritte sind nur gegen bestimmte Bereichen des Körpers erlaubt.

Klettern feiert mit Kombination Debüt

Wie Surfen gilt Sportklettern als cool. Der internationale Verband gibt an, dass 35 Millionen Menschen weltweit klettern. Medaillen werden nur in der – nicht unumstrittenen – Kombination der drei Disziplinen Vorstiegsklettern (Lead), Bouldern (ohne Seil) und Speed vergeben. Bei den Olympischen Spielen in Paris wird die Kombination anders als in Tokio nur noch aus Lead und Bouldern bestehen, der Speed-Bewerb wird eigenständig, womit es eine zusätzliche Medaillenchance gibt.

Die österreichische Klettererin Jessica Pilz.
GEPA/KVOE/Andreas Aufschnaiter
Insgesamt 40 Athleten werden in Tokio antreten: 20 Männer und 20 Frauen werden versuchen, eine der sechs zu vergebenden Medaillen zu gewinnen. Dabei zählen Jessica Pilz und Jakob Schubert zu den Medaillenkandidaten. Die Kombi-Formel ist das Ergebnis aus Speed mal jenem aus Bouldern mal jenem aus Lead. Acht ziehen ins Finale, in dem es wieder bei null beginnt.

Skateboard nach Zitterpartie dabei

Offen war lange, ob Skateboard nicht daran scheitern wird, dass drei internationale Verbände für diese Sportart existieren. Das IOC akzeptiert aber unter seinem Dach nämlich nur einen Verband pro Sportart. Nach einigem Hin und Her konnten sich die drei Organisationen schließlich mühsam auf einen Vertreter beim IOC einigen, wodurch der Weg frei für die Olympiapremiere war. Insgesamt fallen in Tokio vier Medaillenentscheidungen. Frauen und Männer kämpfen jeweils im Street und Park um den Olympiasieg.

Die österreichische Skateboarderin Julia Brückler.
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Skateboard wird als eine Schlüsselsportart angesehen, junge Menschen für Olympia zu begeistern. Ausprobiert wurde der Wettbewerb bei den Olympischen Jugendspielen 2014. Österreich ist dank Julia Brückler im Street-Bewerb vertreten. Die Skater fahren dabei auf einer straßenähnlichen Strecke, auf der Bänke, Treppen, Mauern und andere Hindernisse aufgebaut sind.

Wellenreiten verspricht Spektakel

Die Wellenreiter werden ihre Olympiapremiere auf dem Kurzbrett (Shortboard) feiern. Bei Frauen und Männern (je 20) gibt es bei den diesjährigen Sommerspielen jeweils eine Entscheidung. Es gibt mehrere Runden (Vorrunde, K.-o.-Runde ab Achtelfinale), die in einzelne „Heats“ unterteilt sind, die jeweils rund 30 Minuten dauern. Jeder Teilnehmer kann dabei maximal 25 Wellen surfen, in die Wertung fließen aber nur die beiden besten Resultate ein. In der Vorrunde treten vier Athleten gleichzeitig an, ab dem Achtelfinale nur noch zwei. Der Surfer, der näher am Wellenkamm ist, hat das Vorrecht.

Surfer Gabriel Medina (BRA)
Reuters/Loren Elliott
Zu den größten Favoriten im Herren-Bewerb gehören die Brasilianer Gabriel Medina (Bild) und Italo Ferreira sowie der US-Amerikaner John Florence. Bei den Damen dominieren die US-Amerikanerin Carissa Moore und Stephanie Gilmore aus Australien seit Jahren das Geschehen und gelten deshalb auch in Tokio zu den ersten Anwärterinnen auf Gold.