Lukas Weisshaidinger (AUT) mit der Bronzemedaille
Reuters/Hannah Mckay
Leichtathletik

Weißhaidingers Weg zu „surrealer“ Medaille

Lukas Weißhaidinger hat seit Samstag einen ganz speziellen Eintrag in den heimischen Sportgeschichtsbüchern. Als erster männlicher Leichtathlet eroberte der 29-jährige Oberösterreicher mit Bronze im Diskuswurf eine olympische Medaille in der Leichtathletik. „Es ist ein bisschen surreal“, sagte Weißhaidinger. Vor allem die Gedanken an den langen Weg von seinen Anfängen bis zu olympischen Ehren trieb dem 147-Kilo-Mann aus dem Innviertel die Tränen in die Augen.

Bereits mit dem dritten von insgesamt sechs Versuchen sicherte sich Weißhaidinger im Olympiastadion von Tokio am Samstag die historische Medaille. Der Mann aus Taufkirchen an der Pram musste sich mit seiner Weite von 67,07 Metern nur dem schwedischen Favoriten Daniel Stahl, der den Diskus auf 68,90 Meter warf, und dessen Landsmann Simon Pettersson (67,39 m) beugen. Denkbar knapp war der Vorsprung auf Rang vier. Denn dem Australier Matthew Denny fehlten gerade einmal fünf Zentimeter auf Weißhaidinger.

Der Oberösterreicher schrieb sich damit als erster Mann in die Statistik der heimischen Olympiamedaillen in der Leichtathletik ein. Denn bisher waren es nur Frauen, die Österreich im olympischen Kernprogramm Edelmetall beschert hatten. Die erste Medaille und das bis dato einzige Gold gewann Speerwerferin Herma Bauma 1948 in London. Das vor Weißhaidinger letzte Edelmetall ging 2000 in Sydney mit Silber auf das Konto von Stephanie Graf im Lauf über 800 m.

Diskuswerfer Weißhaidinger holt Bronze

Lukas Weißhaidinger hat am Samstag in Tokio ein historisches Edelmetall erobert. Der Diskuswerfer gewann Bronze und damit die erste Olympiamedaille eines österreichischen Leichtathleten überhaupt.

Für Weißhaidinger war es seine dritte Bronzemedaille in Folge bei einem Großereignis nach der EM 2018 in Berlin und der WM 2019 in Doha. Dass er als erster männlicher Leichtathlet für Österreich eine Olympiamedaille geholt habe, begreife er „am wenigsten von dem Ganzen“. Österreichs sportliche Bilanz in Japan erhielt mit Medaille Nummer fünf ebenso einen weiteren Aufputz.

„Ich bin so dankbar“

Während Stahl als Olympiasieger feststehend noch seinen letzten Wurf machte und sich schon umjubeln ließ, setzte sich Weißhaidinger erst einmal ruhig auf einen roten Sockel an der Laufbahn. Dann führte ihn der Weg zu Trainer Gregor Högler und der kleinen österreichischen Abordnung, wo er sich Umarmungen, Gratulationen und die rot-weiß-rote Fahne abholte. Ehe er zum Wurfring ging, sich niederkniete und den Boden küsste. „Es sind Olympische Spiele, am liebsten hätte ich jeden abgebusselt. Aber das geht mit Corona nicht“, so Weißhaidinger.

Simon Pettersson, Daniel Stahl (beide SWE) und Lukas Weisshaidinger (AUT) auf dem Podest
Reuters/Hannah Mckay
Als erster Österreicher durfte Weißhaidinger eine olympische Leichtathletik-Medaille in Empfang nehmen

„Es ist ein bisschen surreal“, gestand der Oberösterreicher anschließend in diversen Interviews mit Tränen in den Augen. „Ich habe den ganzen Tag den ganzen Weg Revue passieren lassen. Von Oberösterreich weg, die Anfänge, nach Wien in die Südstadt. Ich bin so dankbar, dass wir ein so tolles Team haben. Gregor (Högler, Anm.), der eigentlich ein Zehn-Mann-Unternehmen sein müsste, der alles macht. Allein von der sportwissenschaftlichen Seite, das machen wir ganz alleine, da hilft uns keiner.“

Der österreichische Diskuswerfer Lukas Weisshaidinger.
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Weißhaidinger belohnte sich und sein Umfeld mit einer historischen Vorstellung im Olympiastadion von Tokio

Weißhaidinger, der als Erster loslegte und konstant mit Stahl mithielt, musste aber im Finish noch zittern. Denn der Australier Matthew Denny kam ihm mit 67,02 Metern bis auf fünf Zentimeter nahe. Erst als der Slowene Kristjan Ceh unmittelbar vor Weißhaidingers letztem Versuch nur auf 66,37 Meter kam, stand die Medaille fest. „Ob ich dann noch einmal zurückschlagen hätte können, keine Ahnung, denn meine Füße waren echt Banane nach dem Vierten. Am Ende sind die Abstände egal, ich habe eine Medaille.“

Risiko in Vorbereitung wird belohnt

Dass der 29-Jährige im Kampf um die Medaillen ein gewichtiges Wort mitreden würde, hatte sich in der Vorbereitung abgezeichnet. Anfang Juni dieses Jahres verbesserte der sechsfache „Leichtathlet des Jahres in Österreich“ in Eisenstadt den von ihm gehaltenen österreichischen Rekord auf 69,04 Meter. Aus der Qualifikation in Tokio stieg Weißhaidinger als Fünfter mit 64,77 Metern auf, bewies dabei aber Nervenstärke, weil er erst im letzten Versuch einen gültigen Wurf landete. In der Entscheidung litt er aber mehr. „Wer sagt, die Quali ist nervenaufreibend, hat vom Finale keine Ahnung“, meinte Weißhaidinger im ORF-Interview.

Mit Trainer Högler hatte sich Weißhaidinger dazu entschieden, die Sommerspiele als Kurzausflug in Angriff zu nehmen, sie landeten erst am Mittwoch in Tokio. Ein Teil der Konkurrenz hatte ein längeres Pre-Camp zur Anpassung absolviert, die Österreicher stellten sich zumindest zeitlich bereits daheim um. „Mir ist klar, dass es ein Risiko ist und ich die Verantwortung übernehme. Man wird dann sehen, wer recht hat“, hatte Högler gemeint.

Weiters hatte man das spezielle Krafttraining vorgezogen und sich danach darauf konzentriert, das Timing zu finden. „Es war ein langer Weg, aber ich habe einen tollen Trainer, der mich wirklich super in Form gebracht hat. Ich bin besonders stolz darauf, dass sich der Gregor und ich das alles alleine erarbeitet haben“, sagte Weißhaidinger, der auch seiner Familie für die Unterstützung dankte. „Es ist ganz wunderbar, meine Gefühle gehen drunter und drüber. Ich muss ein paar Mal schlafen, um das zu realisieren. Jetzt freue ich mich, wenn ich Montag heimfliege und meine Familie umarmen kann.“