Sargis Martirosjan (AUT)
Reuters/Edgard Garrido
Gewichtheben

Martirosjan stemmt sich gegen Nullnummer

Sargis Martirosjan hat sich bei den Olympischen Spielen in Tokio erfolgreich gegen eine Nullnummer gestemmt. Nachdem der 34-Jährige beim Reißen zwei Fehlversuche fabriziert hatte, brachte er das Gewicht von 180 kg doch noch in die Höhe und kam in der Klasse über 109 kg auf eine Zweikampfleistung von 381 kg. Trotz neuer österreichischer Bestmarke fehlten Martirosjan auf den Sieger über 100 kg, denn Lasha Talakhadze aus Georgien bugsierte die Hantel in bisher ungekannte Höhen.

Martirosjan musste davor zittern, ob er überhaupt in die Wertung kommen würde. Im Reißen der B-Gruppe war der gebürtige Armenier zunächst bei 175 kg und 180 kg ohne gültigen Versuch geblieben, beim zweiten 180er-Versuch brachte er die Hantel mit Mühe zur Hochstrecke. Im Stoßen schaffte Martirosjan 190 und dann 201 kg, 205 kg waren ihm zu viel. Mit seinen 381 kg landete er letztlich auf dem zehnten Platz.

Die Goldmedaille hängte sich Talakhadze mit einer Rekordvorstellung um. Der 27-Jährige bugsierte in seinen besten Versuchen im Reißen 223 und im Stoßen 265 kg in die Luft – beides Weltrekorde. Mit insgesamt 488 kg im Zweikampf erzielte Talakhadze auch in dieser Kategorie eine neue Weltbestmarke. Silber ging mit 441 kg an Ali Davoudi aus dem Iran, Bronze holte sich der Syrer Man Asaad mit 424 kg.

Lasha Talakhadze (GEO)
Reuters/Edgard Garrido
Talakhadze stemmte seine Gewichte in einer eigenen Liga

Martirosjan „nicht ganz zufrieden“

Unter den sechs Athleten der B-Gruppe belegte davor Martirosjan Rang vier. Mit Rang zehn verbesserte sich der gebürtige Armenier im Vergleich zu seinem Olympiadebüt um einen Platz. 2016 in Rio de Janeiro hatte er in der Klasse bis 105 kg mit einer Leistung von 389 (179/210) kg den elften Platz belegt. Diese Marke wollte der Linzer nun in Tokio überbieten, davon war er letztlich neun Kilogramm entfernt. „Ich bin zufrieden, aber nicht ganz zufrieden“, lautete sein Resümee.

Ihm war aber natürlich bewusst, dass er um ein Haar gar nicht in der Wertung gewesen wäre. „Ich habe es wirklich spannend gemacht. Gott sei Dank ist es noch gut ausgegangen“, sagte Martirosjan. Die Steigerung ohne gültigen Versuch von 175 auf 180 kg sei ein Risiko gewesen, aber er habe ein gutes Gefühl gehabt. Bei den beiden ersten Versuchen habe er aber wohl zu spät gegengespannt, sei zu weit hinten gewesen. „Im dritten hab ich mir gesagt: ‚Sargis, jetzt reiß dich zusammen, du bist im Reißen ein Spezialist. Hol das!‘“ Beim Aufstehen mit der Last sei es dann nicht hundertprozentig gewesen, letztlich zähle der Erfolg.

Sargis Martirosjan (AUT)
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Martirosjan musste sich nach den ersten beiden Fehlversuchen neu sammeln

Bestmarke trotz Ellbogenproblemen

Allerdings habe er beim 15-minütigen Aufwärmen für das Stoßen Probleme mit dem linken Ellenbogen gehabt. „Da habe ich seit eineinhalb Jahren Schmerzen. Am anderen habe ich eine Schleimbeutelentzündung.“ Vor dem Wettkampf habe er etwas gespürt, mit dem Reißen habe es sich verschlimmert. Kurz habe er wegen der Blockade eines Brustwirbels auch keine Luft bekommen. Nach einer kurzen Behandlung durch den Physiotherapeuten ging es für den von Montreal-Olympiateilnehmer (1976) Gottfried Langthaler und Ewald Fischer betreuten Athleten aber dann als Ersten der B-Gruppe zum Stoßen.

Die Steigerung von 190 auf 201 kg war gut überlegt, hat er in der recht neuen Gewichtsklasse damit doch einen österreichischen Zweikampfrekord fixiert. Der war davor für 380 kg festgelegt worden. Durch seine Leistung fühlte sich Martirosjan wieder motiviert, auch wegen seines Status als Heeressportler bis zumindest Ende 2022 blickt er so weit voraus. Nach der Rückkehr am Donnerstag geht es schon am Freitag in ein zweiwöchiges Camp, danach direkt zu den Staatsmeisterschaften. Nach einer ein- bis zweiwöchigen Pause soll dann die Vorbereitung auf die WM im Spätherbst beginnen. „Und nächstes Jahr bei der EM möchte ich wieder eine Medaille im Reißen gewinnen.“

Denn er wisse nun wieder, dass er 180 kg reißen und wohl auch 210 kg stoßen könne. so Martirosjan: „Ich bin bald 35, und das Alter spielt bei uns eine Rolle. Aber ich habe jetzt gesehen, was möglich ist, wenn ich gut vorbereitet und motiviert bin. Ich habe erst die letzten fünf, sechs Wochen normal trainieren können. Davor war ich verletzt und hatte Schmerzen.“ Wegen Paris 2024 müsse man abwarten, so der 34-Jährige. „Man muss schauen, ob Gewichtheben olympisch bleibt, wie die Qualifikation ist und was mein Körper dann sagt.“