Zerstörtes Auto von Aytron Senna
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Chronik

Tragödie von Imola jährt sich zum 30. Mal

Das tragischste Wochenende der Formel-1-Historie jährt sich heuer zum 30. Mal. Beim Grand Prix von San Marino in Imola rasten am 30. April 1994 zuerst der Österreicher Roland Ratzenberger im Qualifying und einen Tag später die brasilianische Ikone Ayrton Senna im Rennen in den Unfalltod. Am 1. Mai, dem Todestag von Senna, erreicht das Gedenken zu Ehren der beiden im Autodrome Enzo e Dino Ferrari seinen Höhepunkt. In der Tamburello-Kurve wird es um 14.17 Uhr, dem genauen Zeitpunkt des Unfalls von Senna, ein Gedenkevent geben.

„Es war, als hätte man Jesus live gekreuzigt“, sagte der damalige Formel-1-Chef Bernie Ecclestone über die Tragödie, die den Motorsport nachhaltig verändert hat. Ratzenberger verunglückte nach einem Bruch des Frontflügels an seinem Simtek-Ford bei über 300 km/h. Tod durch Schädelbasisbruch beim Einschlag in die Betonbegrenzung – der 33-jährige Salzburger verstarb noch am Unfallort.

Senna prallte am Tag darauf mit etwa 220 km/h in eine Betonmauer. Der dreifache Weltmeister wurde mit schweren Kopfverletzungen in ein Spital nach Bologna geflogen, wo sein Tod festgestellt wurde. Trümmer der Vorderradaufhängung hatten den Helm durchbohrt, außerdem war er vom rechten Vorderrad getroffen worden. Vermutlich war auch er kurz nach dem Einschlag bereits tot.

F1: 30. Todestag von Senna und Ratzenberger

Es war das schwärzeste Wochenende der Formel 1-Geschichte: Imola 1994. Vor genau 30 Jahren verunglückt Roland Ratzenberger im Qualifying in Italien tödlich, und am 1. Mai jährt sich Ayrton Sennas Todestag zum 30. Mal.

„Das Schicksal war grausam an diesem Wochenende“, sagte Gerhard Kuntschik, der den PS-Zirkus seit fast 50 Jahren als Journalist und Autor begleitet. Keine Stunde vor dessen Tod am 30. April 1994 hat der Reporter noch mit F1-Rookie Ratzenberger gesprochen. „Er war total gut drauf und optimistisch“, berichtete Kuntschik. „Als wir dann seinen Kopf taumeln gesehen haben, habe ich schon gewusst: Das kann nicht gut ausgehen. Er war mit Sicherheit auf der Stelle tot“, betonte Kuntschik. Ihm zufolge hat sich der Unfall um 13.22 Uhr ereignet.

Erinnerung nicht erloschen

„Roland Ratzenberger und Ayrton Senna haben nicht umsonst das Leben verloren, die Formel 1 hat nach ihrem Tod reagiert und vieles in Sachen Sicherheitsmaßnahmen unternommen“, betonte Stefano Domenicali, der aktuelle CEO der Motorsportkönigsklasse. Nach Imola wurden die Crashtests verschärft und die Rennstrecken mit größeren Auslaufzonen versehen. Die Betonmauern verschwanden. Die Cockpits bekamen höhere Seitenwände, später verbesserte sich dank des HANS-Systems auch der direkte Schutz von Kopf und Nacken.

Für Senna und Ratzenberger kam all das zu spät – doch die Erinnerung an die beiden ist nicht erloschen. „30 Jahre sind eine lange Zeit. In all diesen Jahren wurde uns durch unzählige Kontakte, Briefe, Mails, Ehrungen in Imola bewiesen, dass Roland nicht vergessen ist. Allen Freunden, Bekannten und Fans unseren herzlichen Dank“, sagte Vater Rudolf Ratzenberger am Beginn der mehrteiligen YouTube-Doku von Peter Levay über seinen Sohn. Rudolf und auch Mutter Margit werden bei den Gedenkevents an Ort und Stelle sein, ebenso wie Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP).

Roland Ratzenberger
GEPA
In seiner ersten Formel-1-Saison ist Ratzenberger im Qualifying von Imola gestorben

Ratzenberger kam nicht aus einer Motorsportfamilie, in der dem Fortkommen des Filius alles untergeordnet wurde. „Wir hatten beide kein Geld, aber die große Vision, dass wir Rennen fahren wollen. Irgendwie haben wir das immer wieder hinbekommen“, sagte Franz Tost, langjähriger Formel-1-Teamchef und Wegbegleiter des Verunglückten. „Ich habe mit ihm sehr gerne zusammengearbeitet. Vom technischen Wissen hat er alles mitgebracht.“

Sennas Vorahnung

Senna hingegen drehte damals als größter Star der Formel 1 seine Runden. Beim seinerzeitigen Topteam Williams hoffte er auf seinen vierten Titel. Auch heute noch fasziniert der Vollblutrennfahrer aus Sao Paulo Millionen von Menschen – in und außerhalb des Motorsports. Es gibt eine eigene Merchandise-Linie, ein Senna-Musical, mehrere Filme und eine Comicbuchreihe, die Senna zu Lebzeiten initiierte, um mit den Einnahmen Straßenkindern eine Ausbildung zu finanzieren. „Wenn er nicht umgekommen wäre, wäre er heute vielleicht Präsident Brasiliens“, meinte der damalige Williams-Designer Adrian Newey.

Senna, damals klarer WM-Favorit im Williams-Renault, war nach Ratzenbergers Tod laut mehreren Weggefährten tief betroffen. „Senna war am Boden zerstört, er hat das nicht wahrhaben wollen. Er hat seine Zweifel gehabt, ob er überhaupt starten soll, aber im Gespräch mit Chefarzt Sid Watkins gesagt, dass er fahren muss“, so Kuntschik. In den ersten beiden Rennen war der dreifache Weltmeister zweimal nach Poleposition ausgeschieden. „Er war vor Imola schon massiv unter Druck. Man hat in allen Phasen gemerkt, wie fahrig er war.“

Ayrton Senna
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Senna hatte Zweifel gehegt, ob er beim Rennen überhaupt an den Start gehen sollte

Der 34-jährige Senna hatte vor dem Rennen in Imola eine böse Vorahnung. In einem Beitrag für die deutsche Zeitung „Welt am Sonntag“ gestand er Probleme mit der Abstimmung seines Williams in Imola und gab auch zu, dass der Tod Ratzenbergers seine Bedenken wegen des wachsenden Risikos verstärkt habe. Er werde im Rennen trotzdem „alles geben, einen spannenden Kampf zu inszenieren“, beendete Senna die Kolumne. Zu lesen war sie an seinem Todestag.

Wenig später verunfallt auch Wendlinger

Mit der Verkettung des Unheils war es nach Imola nicht vorbei. Weiter ging es in Monaco, dort raste Karl Wendlinger am 12. Mai mit seinem Sauber in die Begrenzungsmauer der Hafenschikane. Der Tiroler erlitt schwere Verletzungen und lag mehrere Wochen im Koma. Er konnte 1994 kein einziges Rennen mehr fahren. „Die französische ’L’Equipe’ hat danach nur zwei Wörter am Titel gehabt: Arrete ca – hört damit auf!“, sagte Kuntschik. Warum sich in diesem Jahr in der Formel 1 so viele verhängnisvolle Unfälle ereigneten, ist dem langjährigen Beobachter auch 30 Jahre danach ein Rätsel.