Enttäuschung bei Leipzig-Spieler Marcel Sabitzer
Reuters/Matthias Rietschel
Europa League

Schonungslose Selbstkritik bei RB

Ralf Rangnick war „extrem enttäuscht“. Das 2:3 seiner Leipziger zum Auftakt der Europa League im „Stallduell“ mit FC Salzburg hinterließ am Donnerstag einen Trainer, der nicht zuletzt am Charakter einiger Spieler zweifelte. Die Kicker selbst sparten nicht mit Selbstkritik. Worte wie „Katastrophe“, „inferior“ und „fast schon ein Skandal“ fielen.

Vor allem die erste Hälfte, in der zwei Salzburger Tore fielen (20., 22.) hinterließ bei den Leipziger „Bullen“ einen höchst bitteren Nachgeschmack. „Die erste Hälfte war ein Totalausfall auf zu vielen Positionen“, befand Rangnick. Am Tag davor hatte er noch von der Favoritenrolle seiner Truppe gesprochen, gut 30 Stunden später sah er sich genötigt, über den Charakter zu sinnieren.

Rangnick kündigt Strafen für Spieler an

Angeblich sollen sich einige Spieler zudem in der Spielvorbereitung unprofessionell verhalten haben, weshalb Rangnick Sanktionen ankündigte. „Ich habe die Dinge leider erst heute erfahren. Dann hätte ich nicht in der Halbzeit dreimal gewechselt, sondern schon vor dem Spiel“, sagte der 60-Jährige am Freitag in Leipzig. Weitere Details wollte er nicht verraten, doch es habe „was mit Abläufen und Vorbereitungen vor dem Spiel zu tun, diese wurden sicherlich ignoriert, das erklärt sicherlich vieles, aber nicht alles“.

Salzburg siegt in Leipzig

Der FC Salzburg hat zum Auftakt der Europa League im Prestigeduell mit RB Leipzig nach spannendem Spielverlauf auswärts einen 3:2-Sieg gefeiert und ist damit optimal in die Gruppe B gestartet.

„Wir fliegen drei Monate durch ganz Europa und qualifizieren uns für die Gruppenphase, und dann meinen einige Spieler, es ist nur eine lästige Pflicht. Man lernt auch mit 60 Jahren als Trainer noch nicht aus. Wir werden diese Spieler in die Spur bringen“, betonte Rangnick.

Bedeutung des Spiels nicht verstanden?

„Ich stelle mich sonst gerne vor meine Jungs, aber das fällt heute nach dem Auftritt in der ersten Hälfte wirklich schwer“, meinte der 60-Jährige. „Ich hatte nicht das Gefühl, dass alle verstanden haben, was da auf uns zukommt.“ Die Ex-Salzburger Konrad Laimer und Marcel Sabitzer, die über die gesamte Spielzeit im Einsatz waren, sahen es ähnlich. „Das war eine inferiore erste Hälfte, wo wir alles vermissen haben lassen. So schlecht wie schon lange nicht“, so Sabitzer.

„Wir haben die ersten 45 Minuten komplett verschlafen, das war fast schon ein Skandal. Wir haben keine Lösungen nach vorne gehabt und keine fünf Pässe hintereinander zusammengebracht“, konstatierte Laimer. Für Rangnick war aber eines zu sehen: „Bei den Spielern mit Salzburger Vergangenheit hat man gemerkt, dass sie dieses Spiel unbedingt gewinnen wollten.“

Die Leipzig-Spieler Stefan Ilsanker und Yussuf Poulsen mit Trainer Ralf Rangnick
GEPA/Roger Petzsche
Ralf Rangnick bearbeitete Yussuf Poulsen und Stefan Ilsanker, die noch zu den besten Leipzigern zählten

Rangnick versuchte zur Pause, seiner Mannschaft mit einem Dreifachwechsel neues Leben einzuhauchen. Yussuf Poulsen, Marcel Halstenberg und Diego Demme kamen für Jean-Kevin Augustin, Nordi Mukiele und Bruma. Ob das ein Zeichen gewesen sei, wurde Rangnick gefragt: „Ich weiß nicht, wann ich das zum letzten Mal gemacht habe. Mehr Zeichen geht nicht.“ Sabitzer sagte, man habe die Probleme in der Pause „knallhart angesprochen“, der geschonte und schmerzlich vermisste Spielmacher Emil Forsberg gab Poulsen folgende Worte mit: „Geh auf den Platz und zeig denen, was Mentalität ist.“

Nur zweimal in elf Saisonspielen zu null

Das alles blieb nicht wirkungslos – dennoch war es erst ein Patzer von Ulmer, der seinem ehemaligen Teamkollegen Laimer das Anschlusstor (70.) ermöglichte. Poulsen sorgte zwölf Minuten später für den Ausgleich und schien das Blatt gewendet zu haben – doch Fredrik Gulbrandsen setzte im Finish nach. „Wie wir wie beim 2:3 verteidigen, ist fast schon traurig“, meinte Sabitzer. Kevin Kampl, ebenfalls Ex-Salzburger, war sich bewusst, dass man sich „in der Defensive schleunigst stabilisieren“ müsse. In nur zwei von elf Partien stand die „Null“.

Am Sonntag folgt der Gang zu Trainer Adi Hütter und Cupsieger Frankfurt, der sein EL-Auswärtsspiel bei Olympique Marseille mit 2:1 gewann. Nach drei Runden hält man bei vier Punkten, eine weitere Niederlage ist verboten. „Wenn der ein oder andere wieder an Bord ist, sind wir schon in der Lage, gegen Frankfurt ein anderes Spiel zu machen“, war sich Rangnick sicher. Dann hat er auch Stürmerstar Timo Werner und Außenverteidiger Marcelo Saracchi wieder zur Verfügung.