Paul Pogba (Manchester United)
AP/Martin Rickett
Fußball

Premier League in Angst vor Brexit

Rund zwei Monate vor dem geplanten EU-Austritt Großbritanniens am 29. März geht in der englischen Premier League die Angst um, dass es nach dem Brexit schwieriger wird, Spieler aus dem europäischen Ausland zu verpflichten – vor allem, wenn sich London und Brüssel nicht auf ein Abkommen einigen.

Für die Spieler der Premier-League-Clubs aus den EU-Ländern, die derzeit noch uneingeschränkt für jeden Verein spielen dürfen, könnten bald dieselben Regeln gelten wie bisher für die Profis aus Ländern außerhalb der Europäischen Union. Für Letztere gelten strenge Auflagen. Eine Arbeitserlaubnis erhalten diese Spieler nur nach Zustimmung des nationalen Fußballverbands (FA).

Voraussetzung für diese Arbeitserlaubnis ist, dass der Profi – vereinfacht gesagt – ein etablierter Teamspieler ist. Die FA orientiert sich bezüglich der Einsatzzeiten an der FIFA-Rangliste der Nationalmannschaften. Von einem Profi Venezuelas, das derzeit Platz 31 belegt, werden demach mehr Einsätze verlangt als von einem Spieler Brasiliens, das Dritter der FIFA-Weltrangliste ist.

Dass solche Regelungen in Zukunft für alle nicht-britischen Profis gelten könnten, sorgt in der Liga für Unsicherheit und Unruhe. Aus Österreich stehen derzeit Marko Arnautovic (West Ham), Sebastian Prödl (Watford) und Christian Fuchs (Leicester) bei einem Premier-League-Club unter Vertrag. Fuchs hat seine Nationalteamkarriere nach der EM 2016 in Frankreich beendet.

Neil Warnock Cardiff-City-Trainer
Reuters/Rebecca Naden
Cardiff-Trainer Warnock ist als Brexit-Befürworter eher die Ausnahme in der Premier League

Cardiff-Trainer als Brexit-Befürworter

Eine Ausnahme bildete Trainer Neil Warnock von Aufsteiger Cardiff City, der sich unlängst regelrecht in Rage redete. „Zur Hölle mit dem Rest der Welt“, schimpfte der Coach, als er auf den Brexit angesprochen wurde. „Ich kann es ehrlich gesagt nicht abwarten, (aus der Europäischen Union, Anm.) rauszukommen. Ich glaube, wir sind außerhalb des Mistdings deutlich besser dran, in jeder Hinsicht, im Fußball sowieso.“

Eine Begründung für seine Meinung blieb der 70-Jährige jedoch schuldig, befinden sich in seinem Kader doch auch Spieler aus den EU-Ländern Irland, Dänemark, Island, Frankreich und Spanien. Und als Brexit-Befürworter ist der Engländer Warnock in der Premier League eher die Ausnahme.

Die Clubführung von Cardiff City – mit dem malaysischen Besitzer Vincent Tan und dem Vorsitzenden Mehmet Dalman, einem Briten mit türkisch-zypriotischen Wurzeln – reagierte wenig erfreut auf Warnocks Tiraden. Der Verein ließ erklären, Warnocks Aussagen entsprächen nicht der politischen Position des Clubs und der Vereinsführung. Der Trainer allerdings steht zu seinen Ansichten, wie er letzte Woche erneut betonte.

Nachteile bei Suche nach Nachwuchs befürchtet

Dabei müssten doch auch die Waliser an internationalen Talenten interessiert sein. Aber bei der Suche nach dem Nachwuchs könnte die Premier League bald Nachteile gegenüber anderen europäischen Ligen haben. Noch können die Clubs Talente schon im Alter von 16 Jahren verpflichten. So trat der heutige französische Superstar Paul Pogba als Teenager der Jugendakademie von Manchester United bei. Der Spanier Cesc Fabregas wechselte als 16-Jähriger zu Arsenal.

Ob das auch nach dem Brexit noch möglich ist, hängt vom Ausgang der Verhandlungen ab. Gut möglich, dass britische Clubs bald nicht mehr mitmischen dürfen, bevor die Spieler volljährig sind. Diese Sorge äußerte Huw Jennings, Direktor der Jugendakademie von Fulham. „Der Preis (für junge Talente, Anm.) geht dann durch die Decke“, sagte Jennings, der ein Transferwettrennen innerhalb Englands befürchtet. „Das ist nicht gesund für junge Spieler.“

Cesc Fabregas bei der EURO 2016 für die spanische Nationalmannschaft
APA/AFP/Philippe Lopez
Der Spanier Fabregas – hier bei der EM 2016 in Frankreich – startete seine Karriere bei Arsenal als 16-Jähriger

Im Umkehrschluss dürften britische Spieler dann auch nicht mehr ins Ausland wechseln, bevor sie 18 Jahre alt sind. Der englische Teamspieler Jadon Sancho, der mit 17 zum deutschen Bundesligisten Borussia Dortmund kam und dort für Furore sorgt, wäre unter derartigen Bedingungen wohl nicht beim BVB gelandet. Scheidet Großbritannien ohne einen Deal aus der EU aus, könnte Sancho im schlimmsten Fall seine Arbeitserlaubnis verlieren und müsste Deutschland verlassen.

FA wittert im Brexit eine Chance

Schon 2016 forderten die Premier-League-Bosse nach einem gemeinsamen Treffen die britische Regierung auf, den Profifußball vor drohendem Schaden zu bewahren. Es müsse nach dem Brexit Ausnahmen geben, damit Spitzenkicker auch in Zukunft nach England wechseln. Doch während die Premier League in Sorge ist, wittert der englische Fußballverband im Brexit eine Chance.

„Es muss eine vernünftige Basis geben, auf der Weltklassespieler in die Premier League kommen“, sagte FA-Präsident Greg Clarke im vergangenen Jahr, „aber nicht Legionäre, die junge englische Talente verdrängen.“ Clarke hofft, dass die englische Nationalmannschaft profitiert, wenn langfristig weniger mittelmäßige Spieler nach England kommen. An Ausnahmeregelungen scheint er wenig Interesse zu haben.

Vorerst ist aber noch die Politik am Zug. Die Labour-Opposition im britischen Parlament will über ein zweites Brexit-Referendum abstimmen lassen. Es besteht auch die Möglichkeit, dass der Brexit vorerst verschoben wird. Die Unsicherheit bleibt. Und die Verantwortlichen der Premier League werden weiter gespannt nach Westminster schauen müssen.