Clement Noel (FRA)
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Ski alpin

Shootingstar Noel greift nach Hattrick

Das Nightrace in Schladming steht am Dienstag (17.45 Uhr und 20.45 Uhr, live in ORF eins) ganz im Zeichen der Jagd auf Senkrechtstarter Clement Noel. Als erst dritter Läufer kann der Franzose nach den Siegen in Wengen und Kitzbühel den Klassiker-Hattrick einfahren. Im Hexenkessel mit 45.000 Fans verspricht die Konkurrenz aber vollen Angriff.

Das Kunststück, die drei Slalom-Highlights Wengen, Kitzbühel und Schladming hintereinander zu gewinnen, ist bisher erst Benjamin Raich (2001) sowie dem Norweger Henrik Kristoffersen (2016) gelungen. Das Schladminger Flutlichtspektakel ist zwar noch ein Rennen mit weniger Tradition als seine Gegenstücke, steht es doch erst seit 1997 im Kalender. Dennoch hat sich das Nightrace binnen kurzer Zeit den Status eines echten Klassikers verdient.

„Ja, natürlich. Kitzbühel, Schladming, Wengen, Adelboden sind die großen Rennen für die Slalom-Fahrer“, sagte Noel. Einschüchternd wirkt die Länderspielstimmung auf ihn offenbar nicht, 2018 fuhr der 21-Jährige auf Anhieb auf Platz sechs – sein bis dahin bestes Resultat. „Natürlich ist es besser, wenn so viele Leute da sind“, betonte der Franzose. „Es gibt perfekte Sicht beim Nightrace, und die Atmosphäre ist wirklich toll. Ich habe schöne Erinnerungen vom letzten Jahr, und als Marcel gewonnen hat, war der Sound der Menge überragend.“

Noel in Schladming der Gejagte

Mit dem Nightrace in Schladming steht am Dienstag der dritte Slalom-Klassiker binnen zehn Tagen auf dem Programm. Dabei jagen alle Clement Noel (FRA), der in Wengen und Kitzbühel nicht zu schlagen war.

Unglaubliche Nervenstärke

Trotz seines Alters – laut Teamkollege Julien Lizeroux ist er der „älteste 21-Jährige, den ich im Skirennsport je gesehen habe“ – beweist Noel unglaubliche Nervenstärke. Schon in Wengen brachte er seine Halbzeitführung trocken ins Ziel, und in Kitzbühel verwies er einen im zweiten Durchgang furios fahrenden Marcel Hirscher auf Platz zwei. „Ich versuche, am Start ruhig zu sein und nicht wirklich an das Resultat zu denken, nur daran, was ich zu tun habe. Das ist leicht gesagt, aber nicht so leicht, es wirklich zu tun“, sagte Noel.

Diese Abgeklärtheit kommt nicht von ungefähr. Aufgewachsen ist Noel in der 1.000-Einwohner-Gemeinde Le Menil in den Vogesen, im Nordosten Frankreichs. Doch als Jugendlicher verließ er das Elternhaus und wechselte in ein Skigymnasium in Albertville. Für die schulfreien Winter pendelte er nach Val d’Isere, wo er mit 18 Jahren seine eigene Wohnung bezog. „Ich habe zuerst bei einer Gastfamilie gewohnt und dann alleine. Das hat mir geholfen, etwas früher unabhängig und reifer zu sein als andere in meinem Alter.“

Hirschers Krux mit Durchgang eins

Noels Rivalen sind in Schladming nach zwei Niederlagen en suite jedenfalls auf Revanche aus. Hirscher, der in Kitzbühel von Zwischenrang neun noch auf zwei fuhr, fehlten auf dem Ganslernhang 0,29 Sekunden, um den Youngster noch auszubremsen. Vom Stellenwert her sieht er die beiden Rennen auf dem gleichen Niveau. „Ich will keinem Rennen den Vortritt geben. Es ist die nächste Megaaufgabe, ich bin gespannt, was uns dort erwarten wird“, sagte er über sein Quasiheimrennen. „Hoffentlich kann ich dort, das wäre mein großes Ziel, vom Beginn an ordentlich performen.“

Marcel Hirscher (AUT)
APA/Erwin Scheriau
Im Vorjahr setzte sich Hirscher beim Nighrace gegen Kitzbühel-Gewinner Kristoffersen durch

Zuletzt meinte Hirscher, es gebe zahlreiche Ansatzpunkte, warum ihm seine ersten Läufe in den jüngsten Rennen (Wengen 5., Kitzbühel 9.) nicht so aufgingen wie gewohnt. Gleichzeitig ließ er aber die Hoffnung auf Besserung durchschimmern, weil die Probleme behoben sein könnten. Am Sonntag, dem zusätzlichen freien Tag nach dem Kitzbühel-Slalom, der wegen der Verschiebungen zustande kam, testete Hirscher jedenfalls kein Material, sondern machte Pause. „Das ist natürlich besser, als wenn es gleich weitergehen würde.“

Kristoffersen will Durststrecke beenden

Auch Kristoffersen, der vor Noel als das Slalom-„Wunderkind“ galt, will in der Steiermark zurückschlagen. Der Norweger, in Kitzbühel undankbarer Vierter, gewann 2014 in Schladming als 19-Jähriger sein erstes Rennen und hatte im Alter von Noel bereits zehn Siege auf dem Konto. Im Moment durchlebt er seine erste längere Durststrecke. Kristoffersens bis dato letzter Sieg, 2018 in Kitzbühel, ist bereits über zwölf Monate her.

Allerdings ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis diese Durststrecke endet. Immerhin ist der 24-jährige Norweger neben Raich nicht nur einer von nur zwei Fahrern, die Wengen, Kitzbühel und Schladming in Folge gewinnen konnten, sondern auch einer von nur sechs, die hintereinander in Kitzbühel und Schladming (2016) ganz oben standen. Das ist bisher erst Mario Matt (2000), Raich (2001), Kalle Palander (2003), Manfred Pranger (2005) und Jean-Baptiste Grange (2011) und ihm selbst 2016 gelungen.