Nicole Hosp (AUT), 2007
GEPA/Andreas Troester
Ski-WM

Wie Hosp in Aare die Skination erlöste

Die Möglichkeit einer WM 2019 ohne Medaille der ÖSV-Damen ist groß, denn die Chance auf Schadensbegrenzung in den technischen Bewerben ist eher gering. Mut gibt Nicole Hosp, die vor zwölf Jahren in Aare dem WM-Erwartungsdruck standgehalten und im Riesentorlauf damals für die erste und einzige Goldmedaille der Damen gesorgt hatte.

Die Stimmung im ÖSV-Team war 2007 zu diesem Zeitpunkt der WM mit der aktuellen nicht zu vergleichen, weit schlechter, die Ausgangslage war aber auch ganz anders gewesen. Der Erwartungsdruck galt als enorm, waren die ÖSV-Damen als heiße Anwärterinnen auf Gold in jeder Disziplin nach Aare gekommen. Ein WM-Titel blieb in den Speed-Disziplinen und in der Kombi aber aus, die Raunzerei begann. Im Vergleich zur laufenden WM war es jedoch Jammern auf sehr hohem Niveau.

Hosp war schon als Dritte der Abfahrt zu ihrer ersten Medaille 2007 gefahren, im Super-G holte Renate Götschl sogar Silber. Dass die Speed-Queen an Gold vorbeifuhr, sorgte für ein Raunen. Bronze hatte Marlies Schild in der Superkombination draufgepackt. Trotzdem war die Stimmung vor den technischen Bewerben im Keller. Österreich wartete auf das erlösende Gold – auch die Herren waren mit Silber durch Fritz Strobl im Super-G bis dahin hinter den Erwartungen geblieben.

Pulverfass vor dem Explodieren

Diesmal erging es den Speed-Damen noch schlimmer, die Stimmung im ÖSV-Team blieb aber gut. Die mit ebenso hohen Erwartungen angereisten Österreicherinnen – immerhin holten sie sechs Weltcup-Siege in der laufenden Saison – mussten sich in Abfahrt und Kombination mit dem ersten Platz neben dem Podest begnügen. Von Gold war danach gar nicht die Rede. Doch von einer medialen Schelte oder kippender Stimmung im Team vor dem Riesentorlauf war vorerst nichts zu bemerken.

2007 war sprichwörtlich das Pulverfass vor dem Explodieren. Der Druck einer ganzen Nation lastete auf den Technikerinnen und damit auch auf Hosp, die sich noch bestens daran erinnert. Gegenüber ORF.at sagte die Tirolerin: „Die Situation vor dem Riesentorlauf war mannschaftsintern ein bisschen schwierig, weil jeder eine Goldene für Österreich gefordert hat. Bis dahin hatte das ja niemand geschafft. Da war es für mich natürlich doppelt so schwer. Es war natürlich in erster Linie das eigene Ziel da, aber man fährt für das Land, die Nation, und will die ja auch gut vertreten.“

Nicole Hosp (AUT) jubelt im Ziel, 2007
APA/Barbara Gindl
Nicole Hosp holte 2007 bei der Skiweltmeisterschaft in Aare die Goldmedaille im Riesentorlauf

„Riesentorlauf meines Leben“

Die Nerven lagen blank. Und das WM-Rennen entwickelte sich zunächst nicht wie erhofft, obwohl der Schnee aggressiv war, was Hosp besonders mochte. „Weil man gefühlvoll fahren muss. Das war immer eine meiner Stärken.“ Trotzdem sollte sie im damaligen Flutlicht-Riesentorlauf nach Lauf eins nur auf Platz vier mit rund drei Zehntelsekunden Rückstand auf die führende US-Amerikanerin Julia Mancuso liegen. Die Goldene war nicht verloren, aber besetzt. Hosp wusste: „Ich muss im zweiten Durchgang den besten Riesentorlauf meines Lebens fahren.“

„Unglaublich konzentriert und fokussiert“ war die damals 23-Jährige vor dem Finale und „konnte das im Rennen dann zum Glück umsetzen“. Entfesselt stürmte Hosp in Laufbestzeit den Riesentorlauf-Hang hinunter und jubelte im Ziel befreit auf. An der Bestzeit gab es kein Rütteln mehr. Hosp holte Gold und war überwältigt.

Die Skination Österreich atmete auf und tief durch – alles gut. Um fast neun Zehntelsekunden hatte Hosp die schwedische Überraschungsläuferin Maria Pietilä-Holmner auf Platz zwei verwiesen. Im damals vierten WM-Damen-Rennen ging die Goldmedaille erstmals an Österreich – und erstmals nicht an Superstar Anja Pärson.

Hosps Erfolsgeheimnis

WM-Gold in Aare blieb einer der größten Momente in Hosps Karriere, die nach weiteren vier WM-, insgesamt drei Olympiamedaillen und zwölf Weltcup-Siegen im Juli 2015 zu Ende gegangen war. Ihren Nachfolgerinnen zeichnete sie vor zwölf Jahren in Aare den Weg vor. Ihr Erfolgsgeheimnis? „Dass ich einfach optimal darauf vorbereitet war. Skifahrerisch und im Kopf, ich war bereit dafür. Und ich habe auch das Glück gehabt, dass es mir aufgegangen ist. Nur bereit zu sein, heißt ja nicht zwingend, dass man auch eine Medaille machen wird. Wenn diese Basis aber nicht passt, hat man von vornherein keine Chance.“