Manuel Feller
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Ski-WM

Angriff der zweiten Garde im Riesentorlauf

Österreichs zweite Garde will im WM-Riesentorlauf in Aare aus dem Schatten von Superstar und Titelverteidiger Marcel Hirscher treten. Das Motto für Freitag (14.15 bzw 17.45 Uhr, live in ORF eins und im Livestream) lautet: Angriff ohne Rücksicht auf die Bedingungen bei prognostizierten Plusgraden. Nur WM-Debütant Stefan Brennsteiner wäre mit einem Top-15-Platz schon sehr zufrieden.

Ob Manuel Feller oder Marco Schwarz, der nach Bronze in der Kombi und Silber im Teambewerb befreit drauflosfahren könnte: Das Ziel für den RTL lautet Edelmetall. Das gilt auch für Vizeweltmeister Roland Leitinger, der nach seinem Kreuzbandriss in der Olympiasaison wieder in der Weltspitze Fuß fassen will. Da kommt die WM gerade recht. Schon in St. Moritz vor zwei Jahren war der Tiroler ohne davor einziges Top-Ten-Ergebnis im Weltcup völlig überraschend zur Silbermedaille im Riesentorlauf gefahren.

Zuletzt war Leitinger mit mäßigem Erfolg sogar nur im Europacup unterwegs. Trotzdem sei er positiv gestimmt. Beim Blick auf die Weltcup-Saison mit zwei 23. Plätzen begann er aber zu grübeln. „Eine Verkettung von unglücklichen Umständen. Mit dem Material nicht zurecht gekommen, das eigene Skifahren, auch körperlich hat vieles nicht gepasst. All das hat gegen mich gespielt“, sagte der 27-Jährige. Seinen Optimismus fand er rechtzeitig zur WM wieder. „Was war, ist Vergangenheit. Ich schaue zuversichtlich nach vorne.“

Positive Energie für Aare

Leitingers Erinnerungen an 2017 („Eine super Erfahrung“) seien vital und würden positive Energie für Aare geben. Ein ähnliches Husarenstück wollte er nicht ausschließen. „Dafür muss viel passen. Wenn ich aber den Speed in den Kurven vom Training ins Rennen bringe, ist alles möglich. Mit einer mittelmäßigen Leistung darf ich mir keine Medaille erwarten. Drauf hätte ich es. Zumal ich im Weltcup oft unter meinem Wert geschlagen worden bin. Was mir im Vergleich zu St. Moritz fehlt, ist die Lockerheit. Vielleicht gelingt mir der nächste Schritt. Möglich ist alles“, so Leitinger vor seinem einzigen Bewerb.

Roland Leitinger
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Roland Leitinger holte im WM-Riesentorlauf in St. Moritz vor zwei Jahren überraschend die Silbermedaille

Schwarz erstmals nur Jäger

Schwarz und Feller starten am Sonntag auch im Slalom. Der Riesentorlauf ist zwar deren weniger geliebte Disziplin, nur dem Aufwärmen soll er aber nicht dienen. Vielstarter Schwarz lud seine Akkus nach den Medaillen zum Auftakt im Kreis seiner Familie und abseits der Pisten wieder auf. Feller kam erst eine Woche später in Aare an und erlebte als Zuschauer und Daumendrücker für seine Kameradinnen und Kameraden am Dienstag beim Teambewerb erstmals die WM-Atmosphäre.

„Ich schaue dem Riesentorlauf entspannt entgegen, ich kann relativ locker reingehen“, sagte Doppelmedaillengewinner Schwarz, der als Zehnter von Adelboden ansteigende Form hatte erkennen lassen. Dennoch blieb der Riesentorlauf die einzige seiner vier Disziplinen, die Schwarz nicht als WM-Favorit in Angriff nimmt. „Ich bin Außenseiter“, so Schwarz. Trotz besserer Startnummer als im Weltcup – mit Bronze in der Kombination knackte der Kärntner die Marke von 500 Weltcup-Punkten. Er darf nun als 16. in den Riesentorlauf starten.

Marco Schwarz
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Marco Schwarz gewann in Aare bereits zwei Medaillen, zuletzt am Dienstag im Teambewerb

„Das ist sicher gut für mich“, sagte der 23-Jährige. „Mal abwarten, wie die Piste in Schuss ist, wie sie sich entwickelt. Ich bin jedenfalls der Jäger.“ Sein Ziel? „Wenn man am Start steht, ist das Ziel immer eine Medaille. Dafür müsste mir aber alles aufgehen. Ich müsste auch das notwendige Glück auf meiner Seite haben. Nur dann wäre ein Platz auf dem Podest möglich. Schwierig wird es für mich so oder so“, betonte Schwarz, der wie Feller erstmals in seiner Karriere einen Flutlicht-Riesentorlauf bestreitet.

Feller bereit für eine Medaille

Feller gab sich als „Morgenmuffel“ über die Startzeit besonders glücklich. Nach seiner Anreise auf Etappen und schwierigen Trainingsbedingungen fand er in Aare rechtzeitig in die Spur. „Mein Befinden ist gut, ich bin bereit und freue mich riesig auf das Rennen“, sagte der 26-jährige Tiroler, der als Vizeweltmeister im Slalom wie Schwarz und Leitinger schon eine Medaille um den Hals hatte. Doch Feller ist hungrig auf mehr. „Um die Medaille von damals kann ich mir jetzt nichts mehr kaufen. Ich weiß zwar, dass die WM kein Wunschkonzert ist – schon gar nicht bei der Dichte an Spitzenfahrern. Mein Ziel ist aber wieder eine Medaille.“

Unter welchen Pistenbedingungen der Riesentorlauf und später der Slalom in Szene gehen, sei ihm egal. „Weil ich es sowieso nicht ändern kann, und das Wetter und damit die Verhältnisse jeden Tag anders sind.“ So sei es im Training gewesen, so wird es vor dem Rennen sein. „Wir müssen jeden Tag neu auf die Situation reagieren, erst am Freitag in der Früh wissen wir ungefähr, wie im Riesentorlauf die Bedingungen vermutlich sein werden“, so Feller. Von daher könne er die Situation locker nehmen – dem Rennen ohne Nervosität entgegen schauen, weil er in die Piste keine Hoffnungen setzt, die enttäuscht werden könnten. „Ich bin sowieso ein Instinktskifahrer.“

Risikobereitschaft unverändert

Fehler dürfe sich der Tiroler unter keinen Bedingungen erlauben. Und ins Ziel muss er kommen, was Feller in dieser Weltcup-Saison in 15 Rennen siebenmal nicht gelungen war. „Da habe ich selbst verschissen“, so Feller. „Ich muss es so nehmen, wie es ist, aufstehen und weitermachen. Trotz der zahlreichen Ausfälle fühle ich mich stabil wie nie zuvor. „Hätte ich Rennen gewonnen, wäre ich wiederum mit mehr Druck nach Schweden gekommen.“

Seine Risikobereitschaft sei unverändert, für die WM gelte erst recht nur Vollgas. „Wenn ich weiß, dass ich momentan das Potenzial für ganz vorne habe, dann fahre ich nicht mit 95 Prozent runter. Das würde vielleicht für den sechsten Platz reichen. Ich gehe an den Start, um zu gewinnen“, sagte Feller. „Es wird nicht einfach, aber ich werde alles daran setzen, um mein Ziel zu erreichen. Jetzt heißt es, Gas zu geben. Mehr kann ich nicht machen.“