Dominik Baldauf und Max Hauke
GEPA/Christopher Kelemen
Doping

Ermittler: ÖSV-Duo Teil eines Netzwerkes

Teile des österreichischen Langlaufteams sind wie schon bei den Olympischen Spielen 2006 und 2014 in einen Dopingskandal verwickelt. Dominik Baldauf und Max Hauke sind am Mittwoch im Rahmen der nordischen Ski-WM in Seefeld unter Verdacht auf Eigenblutdoping festgenommen worden. Betroffen ist aber nicht nur das Duo, heimische und deutsche Behörden haben ein internationales Netzwerk ausgeforscht.

Die „Operation Aderlass“ hat Dopingabgründe bei der nordischen Ski-WM aufgedeckt und könnte auch noch andere Sportarten erfassen. Im Zuge der koordinierten Aktion in Österreich und Deutschland wurden von 120 Beamten insgesamt 16 Hausdurchsuchungen durchgeführt und neun Personen festgenommen, teilte das Bundeskriminalamt am Mittwoch mit. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

Unter den Festgenommenen befinden sich neben Hauke und Baldauf auch ein deutscher Sportmediziner als mutmaßlicher „Kopf“ einer kriminellen Gruppierung sowie ein kasachischer und zwei estnische Spitzensportler. Einer der fünf festgenommenen Sportler wurde in seiner Unterkunft in Seefeld „auf frischer Tat“ ertappt, sagte Dieter Csefan vom Bundeskriminalamt (BK).

„Mit Bluttransfusion im Arm aufgegriffen“

„Er wurde mit einer Bluttransfusion im Arm aufgegriffen“, so Csefan. Um welchen Sportler es sich dabei handelte, wollte der Ermittler unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht sagen. BK sowie Staatsanwaltschaft Innsbruck schlossen nicht aus, dass weitere Personen betroffen sein könnten und sprachen von einer „geschlossenen Indizienkette“.

Grafik beschreibt Blutdoping
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

So sei in der deutschen Stadt Erfurt ein komplettes Dopinglabor inklusive Equipment wie Blutkonserven und Zentrifugen ausgehoben worden, das dem 40-jährigen Sportmediziner, der als mutmaßlicher Haupttäter gilt, zugerechnet wird.

Der Sportmediziner ist ein ehemaliger Radsport-Mannschaftsarzt und stand dabei auch in Verbindung mit dem früheren Radprofi Bernhard Kohl, der bei der Tour de France 2008 des Dopings überführt worden war. In der Folge klagte Kohl den Sportmediziner 2010 wegen Mitwisserschaft und Mittäterschaft an, verlor diesen Rechtsstreit jedoch.

Sportler nach Überwachung enttarnt

Die aktuelle Dopingcausa dürfte indes noch weitere Kreise ziehen. In dem deutschen Dopinglabor seien viele Blutbeutel gefunden worden. Diese Spuren müssten aber noch ausgewertet werden. „Es sind sicher auch noch andere Sportarten betroffen“, erklärte Csefan.

Pressekonferenz nach mutmaßlichem Dopingskandal

Hansjörg Mayr, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Innsbruck, und Dieter Csefan von Bundeskriminalamt, informieren über die „Operation Aderlass“.

Die „kriminelle Organisation“ sei jedenfalls seit mehr als fünf Jahren weltweit tätig. Die Ermittler in Deutschland hätten Hinweise gehabt, dass der Sportmediziner aus Deutschland nach Seefeld habe reisen wollen, um dort die Sportler „auf illegale Weise zu behandeln“, so Mayr.

Anschließend habe es ein Rechtshilfeersuchen der deutschen Behörden gegeben, und in der Folge hätten Überwachungen stattgefunden. Dabei habe sich der Verdacht bestätigt. Vorher war laut den Ermittlern nicht bekannt, welche Sportler sich von dem Arzt behandeln ließen. Schlussendlich sei es in Deutschland und Österreich zu den Zugriffen bzw. Hausdurchsuchungen gekommen.

Dürr als Auslöser

Die Behörden ermittelten seit mehreren Monaten „wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Sportbetruges sowie der Anwendung von unerlaubten Wirkstoffen und Methoden zu Dopingzwecken“. Die Gruppierung in Erfurt sei dringend verdächtig, „seit Jahren Blutdoping an Spitzensportlern durchzuführen, um deren Leistung bei nationalen und internationalen Wettkämpfen zu steigern und dadurch illegale Einkünfte zu lukrieren“, hieß es weiter.

Johannes Dürr
APA/Roland Schlager
Aussagen von Johannes Dürr waren der Auslöser für die Ermittlungen

Bestätigt wurde auch von den österreichischen Ermittlungsbehörden, dass die Aussagen des Skilangläufers Johannes Dürr in einer ARD-Dokumentation „ausschlaggebend“ für die Dopingermittlungen und die Razzien in Seefeld und Erfurt waren.

Gandler unter „Schockstarre“

Der auch schon bei der folgenschweren Polizeirazzia bei Olympia 2006 in Turin und beim Dopingfall Johannes Dürr 2014 in Sotschi amtierende ÖSV-Langlaufchef Markus Gandler zeigte sich jedenfalls tief betroffen. „Das ist ein harter Schlag für den Langlauf im Allgemeinen. Ich stehe unter Schockstarre“, sagte der Tiroler.

Österreichische Athleten bei Dopingrazzia festgenommen

Markus Gandler, der sportliche Leiter des ÖSV, nimmt Stellung.

Gandler gab an, dass er und der Rest des Teams völlig unvorbereitet von der Causa getroffen worden seien. „Es steht jeder unter Schock. Ich hoffe, dass es mehr erwischt, nicht nur den ein oder anderen, sondern auch die Drahtzieher.“ In Österreich hatte es bereits bei der Biathlon-WM 2017 in Hochfilzen und beim dortigen Weltcup 2018 behördliche Aktionen gegen die Teams aus Kasachstan und Russland gegeben.

Erste Konsequenzen

Den des Dopings verdächtigten österreichischen Läufern drohen auch dienstrechtliche Konsequenzen. Beide absolvieren seit Kurzem die polizeiliche Grundausbildung, das könnte aber bald beendet werden.

„Wir haben aufgrund der heute bekannt gewordenen Umstände gemeinsam mit den Dienstbehörden der zuständigen Landespolizeidirektionen eine sofortige Prüfung des Ausschlusses aus dem Kader der polizeilichen Spitzensportler sowie eine Prüfung der Beendigung der Dienstverhältnisse eingeleitet“, erklärte der Leiter der Präsidialsektion im Innenministerium, Karl Hutter, in einer Aussendung, ohne die Namen der beiden Sportler zu nennen.