Praxis des Sportarztes Mark S.
APA/dpa-Zentralbild/WichmannTV
Doping

40 Blutbeutel mit Tarnnamen gefunden

Zwei Tage nach den Dopingvorfällen bei der nordischen Ski-WM in Seefeld wartet der Sport auf neue Ergebnisse der Ermittler. Wichtige Details zum mutmaßlichen Dopingnetzwerk könnten neben den Aussagen des festgenommenen Sportarztes Mark S. die Auswertungen der im deutschen Erfurt sichergestellten Blutbeutel liefern.

In Erfurt seien bei den Hausdurchsuchungen mehr als 40 Blutbeutel sichergestellt worden, schrieb die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Die „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“) berichtete von mindestens einigen Dutzend kühl gelagerter Blutbeutel. Angeblich seien diese mit Tarnnamen versehen gewesen. Die Ermittler gehen von einem internationalen Dopingnetzwerk aus, in das neben den am Mittwoch festgenommenen neun Verdächtigen weitere Personen verwickelt sein könnten.

Die Besitzer könnten wahrscheinlich relativ rasch zu identifizieren sein. Der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) und den nationalen Anti-Doping-Agenturen (NADA) lägen Zehntausende individuelle Blutprofile vor. Das österreichische Bundeskriminalamt (BK) arbeite sehr eng mit WADA und NADA zusammen, erklärte Csefan vom BK. Er sieht laut „SZ“ „gute Möglichkeiten, die Blutbeutel über DNA-Tests den jeweiligen Besitzern zuordnen zu können“.

Alle fünf Sportler vorläufig suspendiert

Bei der nordischen Ski-WM in Seefeld waren die österreichischen Langläufer Max Hauke und Dominik Baldauf, die beiden Esten Karel Tammjärv und Andreas Veerpalu sowie der Kasache Alexei Poltoranin im Zuge einer Razzia festgenommen worden. Alle haben laut Staatsanwaltschaft inzwischen Eigenblutdoping gestanden und sind wieder auf freiem Fuß.

Hauke und Baldauf wurden am Freitag vorläufig von der NADA und die drei Ausländer vom Internationalen Skiverband (FIS) suspendiert. Außerdem leitete die Österreichische Anti-Doping Rechtskommission (ÖADR) wegen einer laut WADA-Regeln verbotenen Methode (Manipulation von Blut oder Blutbestandteilen) ein Anti-Doping-Verfahren gegen die beiden ÖSV-Läufer ein.

Grafik beschreibt Blutdoping
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Offen ist nun, ob weitere Athleten und andere Sportarten in die Affäre verwickelt sind. Der Erfurter Arzt Mark S. kooperiert laut seinem Anwalt „vollumfänglich mit den Ermittlungsbehörden“, zudem wurden in Erfurt und Seefeld drei mutmaßliche Komplizen festgenommen. Während Alfons Hörmann, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), ausschloss, dass auch deutsche Spitzensportler in die Affäre verwickelt sind, wiederholte ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel auf Nachfrage des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) seinen Vorwurf gegen deutsche Athleten.

Schlagabtausch zwischen Schröcksnadel und Hörmann

„Ich habe Informationen, dass auch deutsche Athleten betroffen sind“, sagte der 77-Jährige. In einem Interview mit dem „Kurier“ klagte er: „Die Zentrale ist schon in Deutschland, aber auf die Österreicher wird jetzt hingehaut.“ DOSB-Präsident Hörmann hatte die Aussagen seines Funktionärskollegen gegen deutsche Sportler bereits am Donnerstag als „Ablenkungsmanöver von den eigenen Problemen“ bezeichnet.

Erfurt als „Knotenpunkt des Sportbetrugs“

Deutsche Dopingexperten sind unterdessen nicht überrascht, dass die Spur gerade nach Erfurt führt. „Der Standort Erfurt ist mir in all den Jahren immer wieder im Zusammenhang mit Doping begegnet – in der DDR und auch danach“, sagte der bekannte Dopingjäger Werner Franke in einem Interview der „Welt“. Über die Landeshauptstadt Thüringens meinte der Molekularbiologe: „Man kann da schon von einem der Knotenpunkte des Sportbetrugs in Deutschland sprechen.“

Franke verglich das mutmaßliche Dopingnetzwerk mit dem des spanischen Arztes Eufemiano Fuentes, der im Mittelpunkt eines großen Dopingskandals vor 13 Jahren gestanden war: „Hinsichtlich der kriminellen Energie und der Organisation des Dopings kann man sicherlich vom deutschen Fuentes sprechen.“