Die Läufer Peter Herzog, Christian Steinhammer, Lemawork Ketema, Valentin Pfeil,  Eva Wutti
APA/Barbara Gindl
Vienna City Marathon

Österreicher haben in Wien Großes vor

Nach der sensationellen Team-Bronzemedaille bei der Leichtathletik-EM 2018 in Berlin haben sich Österreichs beste Marathonläufer zu einer Mannschaft zusammengeschlossen. Ein Quintett aus dem achtköpfigen VCM Team Austria geht am Sonntag (9.00 Uhr, live in ORF eins) in den 36. Vienna City Marathon (VCM) und hat sich dabei große Ziele gesetzt.

Sowohl die EM-Helden Lemawork Ketema, Peter Herzog und Christian Steinhammer als auch Valentin Pfeil und Eva Wutti peilen deutliche Verbesserungen ihrer persönlichen Bestzeiten an – bis hin zum sehr schwer zu erfüllenden Limit für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio.

Als Tempomacher unterstützt wird die in Wien so geballt wie noch nie antretende Marathon-Elite von ihren Mannschaftskollegen Stephan Listabarth und Christian Robin. Listabarth musste auf seine geplante VCM-Teilnahme ebenso verletzungsbedingt verzichten wie Österreichs aktuell zweitbeste Marathonläuferin Katharina Zipser.

Ketema spekuliert mit Olympialimit

Besonders hoch sind die Erwartungen beim EM-Achten Ketema, der sich in Topform fühlt. Der gebürtige Äthiopier will nicht nur seine in Berlin aufgestellte Bestmarke von 2:13:22 Stunden unterbieten, sondern möglichst auch das Olympialimit von 2:11:30. Damit wäre der 33-Jährige der zumindest zweitschnellste Österreicher auf der 42,195-km-Distanz hinter ÖLV-Rekordler Günther Weidlinger (2:10:47) und noch vor dem dreifachen VCM-Sieger Gerhard Hartmann (2:12:22).

Lemawork Ketema, Christian Steinhammer und Peter Herzog
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Lemawork Ketema, Christian Steinhammer und Peter Herzog jubelten im Vorjahr sensationell über EM-Bronze

EM-Bronze sei für ihn eine „große Geschichte“ gewesen, sagte Ketema, der sich auf einem Höhentrainingslager in Kenia vorbereitet hat, am Freitag bei der VCM-Pressekonferenz in Wien. "Ich habe nachher fleißig weitergearbeitet, und mein Training ist jede Woche besser geworden“, betonte der ehemalige Flüchtling, der 2015 die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten hat.

Pfeil und Herzog mit hohem Anfangstempo

Sehr optimistisch im Hinblick auf eine klare Verbesserung ihrer „Hausrekorde“ sind auch der 30-jährige Pfeil (bisher 2:14:50) und der 31-jährige Herzog (2:15:29). Beide wollen den ersten Halbmarathon in etwa 66 Minuten absolvieren und das Tempo möglichst durchhalten.

Pfeil, der 2017 als 23. für die bisher beste ÖLV-WM-Platzierung im Marathon gesorgt hatte, will nach gesundheitlichen Problemen im Vorjahr wieder durchstarten und hat sein Training umgestellt. Mit einem elfwöchigen Trainingslager in Neuseeland, forcierten Geländeläufen und dem Verzicht auf Testwettkämpfe wurden neue Reize gesetzt, berichtete der Oberösterreicher.

Karte zeigt Strecke des Wien-Marathon
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA
Die 42,195-km-Strecke ist gegenüber dem Vorjahr unverändert

Herzog trainierte wegen des strengen Winters in Salzburg viel auf dem Laufband, wich aber auch einige Wochen nach Spanien oder Portugal aus. Einzig eine Lebensmittelvergiftung behinderte die Vorbereitung, erklärtes Ziel ist dennoch eine „deutliche Bestzeit“. „Das habe ich, glaube ich, auch drauf“, sagte der EM-Zehnte, der auch auf eine gute Schlussphase hofft. „Das ist mir in den letzten Jahren nicht gelungen, da bin ich immer ins Ziel gestorben.“

Ein Trainingslager hat Herzog gemeinsam mit Steinhammer absolviert. Der 30-Jährige möchte seine Bestmarke von 2:17:54 ebenfalls verbessern und traut sich eine Zeit von 2:14 oder 2:15 zu. Damit hätte er wie seine Landsleute auch das Limit für die WM 2019 in Doha (2:16) erbracht. Über einen eventuellen Start beim Nachtmarathon im Herbst in Katar wollen die Österreicher aber erst nach dem VCM nachdenken.

Wutti versucht es mit Lauftraining

Die Damen-WM-Norm von 2:36 will auch Wutti unterbieten, einem Start in Doha steht sie aber eher skeptisch gegenüber. Die 30-jährige Kärntnerin, die als Triathletin ihren ersten Marathon 2018 in Wien in sehr guten 2:37:59 Stunden absolviert hatte, hält eine Steigerung auf 2:34 für möglich. Trotz einer Viruserkrankung im Herbst hat sie im Gegensatz zum Vorjahr diesmal ein Langstreckenlauftraining durchgezogen, was Hoffnung auf eine klare Verbesserung gibt.

Österreicher vor VCM sehr ambitioniert

Österreichs beste Marathonläufer gehen am Sonntag in Wien mit sehr hohen Ambitionen an den Start.

Ob sich für Wutti der Traum von einer Olympiateilnahme erfüllt, bleibt aber abzuwarten. Zur Qualifikation müsste sie innerhalb des nächsten Jahres 2:29:30 laufen und damit den von Andrea Mayr bei ihrem VCM-Sieg 2009 aufgestellten österreichischen Rekord von 2:30:43 knacken.

VCM-Veranstalter Wolfgang Konrad freute sich natürlich über die Teilnahme der gesamten heimischen Elite. „Die Veranstaltung lebt ja auch von ihren Erfolgen“, sagte Konrad, der nach der EM-Bronzenen mit der Gründung des VCM Teams Austria die Initiative ergriffen hatte. „Da war uns völlig klar, das ist eine Riesenchance, die wir wahrnehmen müssen, und haben das Team geformt. Das ist für uns gut, das ist aber auch für die Sportler gut.“

Schweizer sagt Kenianern den Kampf an

Mit dem Kampf um den Sieg in Wien dürften die Lokalmatadore aber trotz Leistungssteigerungen nichts zu tun haben. Als Favorit geht der Schweizer Tadesse Abraham ins Rennen. Der aus Eritrea stammende EM-Zweite des Vorjahres, dessen Schweizer Rekord bei 2:06:40 Stunden steht, gab sich jedenfalls optimistisch. „Ich sehe mich immer als Erster auf der Ziellinie, dafür habe ich trainiert. Ich habe großen Respekt vor der Konkurrenz, aber wenn ich das laufe, was ich trainiert habe, werde ich erfolgreich sein“, sagte der 2004 aus seinem Heimatland in die Schweiz ausgewanderte 36-Jährige.

Ende Jänner misslang in Dubai sein Angriff auf den Europarekord des Briten Mo Farah (2:05:11), Abraham kam dabei nicht über 2:09:50 hinaus. Sollte er sich gegen das ansonsten ausschließlich aus Afrikanern bestehende restliche Elitefeld durchsetzen, wäre er der erste europäische VCM-Gewinner seit dem Portugiesen Luis Novo 2001 und der erste Schweizer Wien-Sieger überhaupt.

Österreicher wollen angreifen

Österreichs Marathonelite will beim Vienna City Marathon das Limit für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio schaffen.

Abrahams größte Herausforderer kommen aus Kenia, darunter befinden sich mit Gilbert Kirwa (2009) und Robert Chemosin (2016) auch zwei ehemalige VCM-Sieger. Während Kirwa, mit einer Bestzeit von 2:06:14 der nominell Schnellste im Feld, nicht in Topform ist, will Chemosin sogar den Streckenrekord des Äthiopiers Getu Feleke aus dem Jahr 2014 (2:05:41) angreifen. Der 30-Jährige, dessen Bestmarke 2:08:05 lautet, hat laut eigenen Angaben viel vom gemeinsamen Training mit Weltrekordler Eliud Kipchoge (2:01:39) gelernt. Angriffslustig gab sich auch Chemosins 22-jähriger Landsmann Kenneth Keter vor seinem erst zweiten Marathon nach einem starken Debüt 2018 in Frankfurt (2:07:34): „Ich bin besser in Form als damals.“

Kiprop kann VCM-Geschichte schreiben

Bei den Damen kann Nancy Kiprop als erste Läuferin der VCM-Geschichte zum dritten Mal gewinnen – und das sogar in Serie. Auch der Streckenrekord von 2:23:47 der Italienerin Maura Viceconte aus dem Jahr 2000 sollte bei diesmal guten Wetterbedingungen machbar sein. Bei ihren Siegen 2017 und 2018 war die 39-jährige Kenianerin wegen heftiger Windböen bzw. viel zu hoher Temperaturen nur knapp daran gescheitert. „Ich werde wieder versuchen, dieses Ziel zu erreichen. Ich habe sehr hart gearbeitet, mit dem gleichen Programm wie vor meiner Bestzeit von 2:22:46“, erklärte Kiprop.

Nancy Kiprop
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Im Vorjahr trotzte Nancy Kiprop der Hitze und feierte in 2:24:18 Stunden in zweiten Wien-Sieg in Folge

Mit Maja Neuenschwander geht eine weitere VCM-Siegerin an den Start. Die Schweizer Rekordhalterin (2:26:49) hatte 2015 überraschend in 2:30:09 gewonnen. In den letzten zwei Jahren ist die 39-Jährige wegen Verletzungen keinen Marathon mehr zu Ende gelaufen. „Ich denke, dass ich dieses Kapitel abschließen werde. Ich bin sehr zuversichtlich, weil ich gut trainiert habe“, sagte Neuenschwander, die das Rennen aber trotzdem eher defensiv anlegen will.