Individualtrainer Stefan Weissenboeck
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NBA

Brooklyn setzt auf „Guru“ aus Mistelbach

Die Brooklyn Nets stehen erstmals seit 2015 wieder im Play-off der National Basketball Association (NBA). Das wird auch einem Österreicher zugeschrieben. Der Mistelbacher Stefan Weissenböck ist beim New Yorker Club Individualtrainer „auf Leihbasis“. Die US-Website CloseUp360.com bezeichnet ihn als „Wurfguru“, die Spieler sind voll des Lobes.

Weissenböck, selbst ehemaliger österreichischer Basketball-Teamspieler und nach Verletzungspech seit 15 Jahren in der Trainerbranche, arbeitet seit 2010 beim deutschen Bundesligisten Brose Bamberg. Dort hat sich der Niederösterreicher als „Head of Player Development“ hervorgetan, wovon nun auch Spieler in der größten und teuersten Basketball-Liga der Welt profitieren.

In Bamberg hatte der 45-Jährige bereits in den vergangenen Jahren u. a. mit P. J. Tucker (2017 Teamkollege von Jakob Pöltl bei den Toronto Raptors), Brian Roberts (2012 bis 2017 in der nordamerikanischen Profiliga) und Daniel Theis (Boston Celtics) gearbeitet. Das Trio hat es mitunter Weissenböck zu verdanken, in der NBA gelandet zu sein. Seit Sommer 2018 arbeitet Weissenböck nun selbst in den USA – zumindest ab und an. Sein deutscher Arbeitgeber „verleiht“ ihn jeweils für einige Tage an die Nets. Wenn er nicht an Ort und Stelle ist, schickt er Videos an die Spieler.

„Blick auf die Fingernägel“

Die Spieler sind angetan von den Fähigkeiten ihres Individualtrainers aus Österreich. „Er schaut auf dein Gleichgewicht, wie du den Ball fängst und sogar darauf, wie lang meine Fingernägel sind“, sagte Shooting Guard Caris LeVert. Weissenböck sei „detailorientiert“ und „ein großartiger Instruktor und Lehrer“. Er „hat mir geholfen, von meinem Wurf überzeugt zu sein“, sagte Center Jarrett Allen. Er „hat viele Dinge gesehen, an denen ich arbeiten musste“, ergänzte Guard Treveon Graham. „Ich denke, er hat mein Spiel auf die nächste Stufe gebracht.“ Der Deutsche Maximilian Kleber, seit 2017 bei den Dallas Mavericks, meint: „Er ist einer der Besten, wenn es um den Wurf geht.“

Caris LeVert
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Caris LeVert, Shooting Guard der Brooklyn Nets, profitiert von den detaillierten Ratschlägen Weissenböcks

Auch der heimische NBA-Pionier Pöltl hat die „Wurfschule“ bereits besucht. Er setze auf Weissenböcks „detaillierte Ratschläge“, so der Center der San Antonio Spurs. Im Sommer wird sich mit Luka Brajkovic (Davidson College) auch das aktuell größte heimische Basketball-Talent unter die Fittiche des „Wurfgurus“, der im Weinviertel geboren wurde und aufwuchs, begeben.

In die Wiege gelegt

Das Unterrichten schien ihm dabei in die Wiege gelegt worden zu sein, schließlich waren beide Elternteile Lehrer. Selbst sein Bruder wurde Lehrer. „Das scheine ich in mir zu haben“, so der Sohn einer Tschechin und eines Österreichers, der in den 90ern als Spieler drei Meisterschaften mit St. Pölten in der heimischen Basketball-Bundesliga bejubeln durfte und später mit Traiskirchen auch den Cup holte.

Michael James, Stefan Weissenboeck, Serguei Orekhov (St.Pölten), 1999
GEPA
Stefan Weissenböck (Mitte) holte in den 90ern drei Meisterschaften mit St. Pölten

Nachdem er seine Karriere 2004 aufgrund von Verletzungen hatte beenden müssen, wurde Weissenböck Trainer. Seit 2010 steht er mit einer Unterbrechung im Jahr 2014 bei Bamberg unter Vertrag, war zunächst Assistenztrainer unter dem damaligen Headcoach Chris Fleming und wurde anschließend Individualcoach. In diesem Jahrzehnt holte Bamberg nur zweimal nicht die deutsche Meisterschaft. Fleming, von 2014 bis 2017 deutscher Nationalteamtrainer, ist seit 2016 bei den Nets als Assistenztrainer tätig, zuvor war er bei den Denver Nuggets.

Bereits 2017 hätte Weissenböck nach Übersee wechseln können, ein Jahr später folgte er dem Ruf Flemings. Der zweifache Vater hat nie viel Aufhebens um seine Tätigkeit gemacht. „Die Spieler transportieren meinen Ruf“, sagte Weissenböck im vergangenen Sommer der APA. Das NBA-Engagement mache ihn aber schon ein wenig „stolz“. Offenkundig ist damit allen Seiten ein großer Wurf gelungen.