Ajax verbuchte in der 78. Minute noch einen Stangenschuss durch David Neres. Der niederländische Rekordmeister hat im Rückspiel am 8. Mai in der Johan Cruijff ArenA nun beste Aussichten. Tottenham, das zuletzt 1962 im Vorgängerbewerb Meistercup im Halbfinale gestanden war, muss auf Auswärtstore hoffen. Im zweiten Halbfinale stehen einander am Mittwoch der FC Barcelona und Liverpool gegenüber.
Das im vergangenen Herbst aus der Qualifikation gestartete junge Ajax-Team – Gegner war unter anderem Sturm Graz – setzte den Sensationslauf fort. Die aktuelle Generation des Champions-League-Siegers von 1995 war mit Erfolgserlebnissen gegen Real Madrid und Juventus Turin im Gepäck auf die Insel gereist. Da die Ehrendivision am Wochenende pausierte, trat der Tabellenführer auch ausgerastet an.
Champions League: Ajax nimmt Kurs auf Finale
Die Niederländer bleiben in dieser Saison auch im neunten Auswärtsspiel in der Champions League ungeschlagen.
Mit Pressing zum Führungstor
Während Ajax im neuen Tottenham Stadium auf die stärkste Formation bauen konnte, fehlten bei Tottenham mit dem verletzten Harry Kane und dem gesperrten Son Heung Min die besten Angreifer. Mit Christian Eriksen und den Verteidigern Toby Alderweireld, Jan Vertonghen und Davinson Sanchez standen vier ehemalige Ajax-Profis in der Spurs-Elf.
Die Nordlondoner begannen mutig, mussten sich jedoch schnell mit dem Pressing der Gäste auseinandersetzen. Ajax attackierte tief in der gegnerischen Spielhälfte, bei Ballgewinn ging es rasant Richtung gegnerischen Strafraum. Nach einer Viertelstunde wurde das Team von Trainer Erik ten Hag belohnt. Hakim Ziyech fand mit einem Lochpass Van de Beek, der vor Hugo Lloris eiskalt abschloss. Tottenhams Fünferkette war indisponiert, Rechtsaußen Kieran Trippier hob bei der Aktion die Abseitsstellung des Torschützen auf.
Tottenham nur bei Standards gefährlich
Van de Beek hätte nachlegen können, scheiterte nach einer schnellen Kombination aber an der Fußabwehr von Lloris (24.). In der Abwehr hatte der 19-jährige Kapitän Mattijs de Ligt mit seinen Nebenleuten vorerst alles im Griff. Gefährlich wurde Tottenham nur noch nach zwei Freistößen. Zunächst setzte Fernando Llorente einen Kopfball neben das Tor (26.), in der Nachspielzeit der ersten Hälfte köpfelte Alderweireld über die Latte.
Tottenham hatte da bereits einen weiteren Ausfall zu beklagen. Vertonghen lag nach einem Zusammenstoß mit Ajax-Keeper Andre Onana und Teamkollegen Toby Alderweireld im Gesicht stark blutend am Boden. Der Belgier versuchte es nach langer Behandlung noch einmal, ging aber kurz darauf benommen vom Feld. Trainer Mauricio Pochettino hatte zu diesem Zeitpunkt bereits umgestellt, im 4-3-3-System waren die Spurs besser im Spiel.
Ajax nach der Pause souverän
Der unauffällige Dele Alli hätte für den Premier-League-Dritten kurz nach Seitenwechsel ausgleichen können, sein Volley ging aber zu zentral auf Onana. Ajax tat nun weniger für die Offensive, die Niederländer versuchten, in der Defensive keine Räume zu bieten. Erst im Finish tauchten sie wieder einmal vor Lloris auf, Neres’ Abschluss hätte das Ende der Träume der Spurs bedeuten können, wäre er ins Tor und nicht an die Stange gegangen.
So bleibt für die Engländer die Hoffnung im Rückspiel. Für Österreich bleibt es interessant: Gewinnt Ajax die CL-Trophäe, hätten die Amsterdamer einen Fixplatz für kommende Königsklassensaison, während der Bundesliga-Meister um diesen umfallen würde.
Stimmen zum Spiel:
Mauricio Pochettino: (Tottenham-Coach): „Wir haben nicht gut begonnen. Ajax war energischer als wir in der Anfangsphase. Als wir das Tor kassiert haben, war es schwer, ins Spiel zurückzukommen. In der zweiten Hälfte waren wir dann besser und haben sie bedrängt. Ich denke, dass ein Remis gerecht gewesen wäre. Es ist alles offen, jetzt geht es darum, mit einer anderen Mentalität nach Amsterdam zu fahren.“
Erik ten Hag: (Ajax-Trainer): "Wenn man das Spiel gesehen hat, wäre mehr für uns drinnen gewesen. Wir können nicht zu 100 Prozent zufrieden sein. Aber wenn man bei Tottenham gewinnt, ist das schon eine sehr gute Leistung. Tottenham hatte zu Beginn Probleme mit unserem System. Danach haben sie umgestellt, darauf hätten wir besser reagieren können.
Christian Eriksen (Tottenham-Mittelfeldspieler): „Wir waren heute nicht auf unserem besten Niveau. In den ersten 20 Minuten haben wir nur zugeschaut. Für das Rückspiel müssen wir vieles ändern.“
Mattijs de Ligt (Ajax-Kapitän): „Es ist ein gutes Ergebnis für uns, aber es könnte noch besser sein, wenn der Stangenschuss reingegangen wäre. In den ersten 20, 25 Minuten waren wir sehr gut, dann hat Tottenham das System umgestellt. Damit kamen wir nicht so gut zurecht. Das Rückspiel wird vielleicht ein bisschen anders, weil wir mehr Ballbesitz haben werden.“
Champions League, Halbfinal-Hinspiel
Dienstag:
Tottenham – Ajax Amsterdam 0:1 (0:1)
London, Tottenham Stadium, 60.000 Zuschauer, SR Lahoz (ESP)
Tor: Van de Beek (15.)
Tottenham: Lloris – Alderweireld, D. Sanchez, Vertonghen (39./Sissoko) – Trippier (80./Foyth), Eriksen, Wanyama, Rose (79./Davies) – Alli, Llorente, Lucas
Ajax: Onana – Veltman, De Ligt, Blind, Tagliafico – Van de Beek, Schöne (65./Mazraoui), De Jong – Ziyech (87./Huntelaar), Tadic, Neres
Gelbe Karten: keine bzw. Tagliafico, Veltman
Rückspiel am 8. Mai in der Johan Cruijff ArenA – Sieger im Finale am 1. Juni im Estadio Metropolitano in Madrid