Jakob Pöltl
GEPA/Philipp Brem
NBA

Pöltls Schlüsselsaison wirft Schatten voraus

Während die Toronto Raptors und Golden State Warriors ab Donnerstag (Ortszeit) die aktuelle Saison der National Basketball Association (NBA) finalisieren, wirft für Jakob Pöltl die neue Spielzeit bereits ihre Schatten voraus. „Man spürt es schon ein bisschen“, erklärte Österreichs NBA-Legionär am Montag in Wien. 2019/20 geht es um einen neuen Vertrag.

Drei Saisonen hat der erste und bisher einzige heimische Spieler in der NBA hinter sich gebracht. Das bedeutet allerdings auch, dass sein Kontrakt nach der kommenden Saison endet. Die San Antonio Spurs mussten den Vertrag des Centers übernehmen, nachdem sie im vergangenen Jahr Pöltl via Trade von den Raptors geholt hatten.

Sein aktuelles Team hat 2020 die Option, ihn für ein weiteres Jahr zu verpflichten. „Da ist ein bisschen ein anderer Fokus auf der Saison. Ich merke es im Sommer schon ein wenig, dass das Training ein bisschen intensiver ist, dass ein bisschen mehr Aufmerksamkeit auch von der Spurs-Seite da ist“, erklärte Pöltl bei seinem mittlerweile schon traditionellen Wien-Termin nach Saisonende.

Jakob Pöltl zieht Saisonbilanz

NBA-Legionär Jakob Pöltl ist derzeit auf Heimatbesuch in Wien. Nach seiner ersten Saison bei San Antonio zieht er eine positive Bilanz.

„Cooles Jahr“

Auch wenn Pöltl das Leben der pulsierenden Metropole Toronto vermisst, würde dem 23-Jährigen eine Zukunft im weitläufigeren San Antonio nichts ausmachen. „Es wird sich nächstes Jahr, wenn es um meine Vertragsverlängerung geht, zeigen, ob es in eine langfristige Richtung geht oder nicht. Von mir aus gerne. Ich hatte echt ein cooles Jahr“, erklärte der 2,13-m-Hüne, der in Texas Fuß gefasst hat.

Jakob Pöltl
Reuters/Soobum Im
Österreichs erster und einziger NBA-Spieler, Jakob Pöltl, bilanziert nach der ersten Spurs-Saison zufrieden

Spielte er bei den Raptors 2017/18 in jedem der 82 Spiele der Regular Season, so war er nun in 77 Partien dabei – in der Vorsaison gehörte Pöltl kein einziges Mal den Starting Five an, in der aktuellen 24-mal. In puncto Punkte pro Spiel kam er zwar auf weniger (5,5) als zuvor (6,9), steigerte sich aber in anderen Kategorien wie etwa Rebounds (von 4,8 auf 5,3) und Assists (0,7 auf 1,7). Vor allem auf die deutlich gesteigerte Spielzeit in den Play-offs blickt Pöltl besonders gerne zurück.

Positive Entwicklung

In den sieben Partien gegen die Denver Nuggets, die in der ersten Runde im „Best of seven“ mit 4:3 gewannen, absolvierte Pöltl im Schnitt 25,3 Minuten pro Spiel. Bei den Raptors kam er die beiden Saisonen zuvor auf 15,5 bzw. 4,4. „Es war eine coole Sache und nicht selbstverständlich. Da war ich schon stolz drauf“, sagte Pöltl zum Vertrauensbeweis. Es war dies auch ein Resultat der Entwicklung, die er während der ersten Saison in Texas nahm. „Es war am Anfang ein bisschen eine toughere Phase, eine Umstellung, es war zu Beginn nicht einfach. Im Laufe der Saison habe ich mich im System und persönlich weiterentwickelt, deswegen bilanziere ich auch positiv.“

Während in Toronto eine klare Aufgabenverteilung geherrscht hatte, hat Pöltl unter Trainerlegende Gregg Popovich mehr Freiheiten. „Jetzt bin ich mehr involviert. Ich finde mich in Situationen, in denen ich bei den Raptors nie gewesen wäre, wo ich dann trotzdem etwas mit dem Ball anfangen soll. Es macht Spaß, dass ich mehr Verantwortung übernehmen kann, mehr ausprobieren kann“, unterstrich Pöltl.

Kein Nachtrauern

Deswegen trauert der Wiener auch einem Verbleib bei den Raptors, die nun um ihren ersten NBA-Titel kämpfen, nicht nach. „Immer wieder ist mir aufgefallen, dass ich mich doch noch freue, wenn sie ein Spiel gewinnen. Hin und wieder passiert es mir auch, dass ich mir denke: Zach, da hätte ich dabei sein können. Das sind sozusagen meine Teamkollegen, die den Erfolg feiern, und ich kann nicht dabei sein. Alles in allem ist meine Reaktion immer positiv gewesen“, schilderte der Center, der die Warriors favorisiert („Sie kennen die Stage“) und auf ein 4:2 tippt. Die Raptors gaben 2018 DeMar DeRozan, Pöltl und einen Erstrundenpick ab, bekamen Kawhi Leonard und Danny Green.

„Der Trade ist für mich eh auch sehr gut ausgegangen. Ich habe einiges gelernt. Wenn ich mir die Spielzeit in den Play-offs anschaue und die bei Toronto, dann ist das sicher eine Entwicklung nach vorne“, so Pöltl, der bei seinem Wien-Besuch auch ein wenig aus dem Nähkästchen plauderte, vor allem was seine Beziehung zu Coach Popovich betrifft. „Basketballerisch ist alles klar. Aber auf einem persönlichen Level kann es sein, dass er dich manchmal ein bisschen, mir fällt jetzt kein besseres Wort ein, verarscht. Er hat schon alles erlebt, der Respekt ist da und (er, Anm.) nützt das gerne mal aus.“

Gregg Popovich und Jakob Pöltl
Reuters/Trevor Ruszkowski
Pöltl und Co. profitieren vom Know-how der Trainerlegende Gregg Popovich

Und wenn der 70-Jährige, der seit 1996 die Spurs coacht und in dieser Zeit fünfmal den Titel holte, eine Lektion in puncto Teamgeist geben will, dann muss sich das Team wohl oder übel eine Dokumentation über Pinguine ansehen. „Er wollte uns damit zeigen, wie sich das Leben der Pinguine auf den Basketball übertragen lässt“, erzählte Pöltl, der ein gutes Verhältnis mit „Coach Pop“ pflegt. „Von Anfang an ein sehr gutes, lockeres und persönliches, das gefällt mir sehr gut.“

„Noch weiter Weg in Österreich“

Für die neue Saison bekam Pöltl von den Coaches den Auftrag, „dass ich ein bisschen mehr unter dem Korb arbeiten sollte“. Weiterhin wird er die Zeit nützen, um in der Kraftkammer an sich zu arbeiten. Dazu kam auch eine Krafttrainerin der Spurs nach Wien. „Ich bin voll im Training“, so Pöltl, der zwischendurch Urlaub in Zypern machen wird.

In Wien kann sich Pöltl unterdessen auch nach der dritten NBA-Saison frei bewegen. „Am Samstag war ich am Flughafen, um meine Schwester abzuholen, und wurde dort öfter von Leuten aus Toronto angesprochen als von Österreichern. So viel dazu, dass wir im Basketball in Österreich immer noch einen weiten Weg zu gehen haben.“ Um das zu ändern, veranstaltet Pöltl von 20. bis 23. Juni ein Basketball-Camp für Kinder in Wien („Darauf freue ich mich sehr“). Zudem steht eine Unterstützung der Vienna D.C. Timberwolves im Raum. Das Team der heimischen Basketball-Bundesliga (ABL) hat finanzielle Schwierigkeiten, Pöltl könnte seinem ehemaligen Verein unter die Arme greifen.