Michel Platini
Reuters/Pierre Albouy
Fußball

WM-Vergabe an Katar holt Platini ein

Der ehemalige Präsident des Europäischen Fußballverbands (UEFA), Michel Platini, befindet sich laut französischen Medienberichten, die sich auf namentlich nicht genannte Aussagen aus Justizkreisen stützen, seit Dienstagmorgen in Polizeigewahrsam. Der frühere Weltklassespieler werde zur umstrittenen Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2022 an Katar befragt.

Die französische Finanzstaatsanwaltschaft leitete im Fall der Doppelvergabe der WM 2018 an Russland und 2022 an Katar im Jahr 2016 vorläufige Ermittlungen unter anderem wegen Korruption und Bildung einer kriminellen Vereinigung ein. Besonders interessiert sich die Justiz für ein „Geheimtreffen“ im Elysee-Palast Ende November 2010, kurz vor der WM-Vergabe an Katar.

Im Zentrum der Untersuchungen steht wohl jenes Essen vom 23. November 2010, über das französische Medien schon vor Jahren ausführlich berichteten. Im Elysee-Palast von Paris waren neben Platini der damalige französische Präsident Nicolas Sarkozy, der Emir von Katar Tamim bin Hamad Al Thani und der damalige Premierminister Katars Hamad bin Dschasim anwesend.

Katar erhält WM 2022 und kauft PSG

Thema war der Kauf des französischen Spitzenclubs Paris St. Germain (PSG), des Lieblingsvereins von Sarkozy, durch Katar. Dafür machte sich der damalige einflussreiche UEFA-Chef Platini stark für eine WM-Vergabe an Katar.

Nicolas Sarkozy
APA/AFP/Lionel Bonaventure
Frankreichs ehemaliger Präsident Nicolas Sarkozy war angeblich in die Vergabe der WM 2022 involviert

Im Dezember 2010 wurden die Fußballtitelkämpfe 2022 im Rahmen einer Doppelvergabe, Russland erhielt den Zuschlag für 2018, auch tatsächlich an das Golfemirat vergeben. Im Juni 2011 kaufte sich das Emirat bei PSG ein und investierte seither Millionenbeträge in den Verein, unter anderem allein 2017 222 Millionen Euro für den brasilianischen Stürmer Neymar.

Blatters Vorwurf

Der später gestürzte FIFA-Präsident Joseph Blatter hatte Platini und Sarkozy Ende 2015 beschuldigt, die WM-Vergabe an Katar eingefädelt zu haben. Sarkozy habe Platini überzeugt, mit weiteren Vertrauten für das Land zu stimmen. Das habe den Ausschlag für das Emirat gegeben, so Blatter.

Auch Sarkozy-Vertraute befragt

Im Zuge der Untersuchung zu diesem Treffen im November 2010 wurden am Dienstag auch Vertraute von Frankreichs Ex-Präsident Sarkozy befragt. Die frühere Sportberaterin Sarkozys, Sophie Dion, befinde sich wie Platini in Polizeigewahrsam, wie es von den Ermittlern hieß.

Zudem wurde der Sarkozy-Vertraute Claude Gueant verhört, der damals Generalsekretär des Elysee-Palastes war. Er befindet sich laut einer Justizquelle aber nicht mehr in Haft. In Frankreich können Verdächtige für Befragungen bis zu 48 Stunden inhaftiert werden.

Platini stolpert über Millionenzahlung

Platini war von der Ethikkommission des Internationalen Fußballverbands (FIFA) 2015 bereits für acht Jahre für alle Fußballaktivitäten gesperrt worden, der Bann wurde später auf vier Jahre reduziert. Grund war eine dubiose Zahlung von zwei Millionen Schweizer Franken, die er 2011 von Ex-FIFA-Chef Joseph Blatter erhalten hatte. Laut Blatter und Platini handelte es sich um eine verspätete Honorarzahlung für Platinis FIFA-Arbeit in den Jahren 1998 bis 2002.

Platini galt vor seiner Sperre als Favorit auf die Nachfolge von Blatter als FIFA-Präsident. Nach seinem Ausschluss setzte sich überraschend sein ehemaliger enger Vertrauter Gianni Infantino bei der Wahl zum Weltverbandsboss durch. Platinis Sperre läuft im Oktober 2019 aus. Ob der ehemalige Weltklassespieler wieder in die Sportfunktionärswelt zurückkehren kann, ist nun offener denn je.