Max Verstappen (Red Bull)
GEPA/Matic Klansek
Formel 1

Hitze als große Herausforderung

Die ungewöhnlich hohen Temperaturen Ende Juni setzen auch der Formel 1 zu. „So hohe Temperaturen haben wir heuer noch nirgendwo gehabt“, sagte Helmut Marko, der Motorsportberater von Red Bull, vor dem Grand Prix von Österreich am Sonntag (15.10 Uhr, live in ORF1) in Spielberg. Das habe Auswirkungen auf Bremsen, Motorkühlung und Reifen.

„Eventuell muss man Karosserieteile verändern oder aufschneiden“, sagte Marko am Mittwoch bei einem Medientermin auf dem Grazer Schloßberg. Die Wiederholung des Vorjahressieges von Max Verstappen gelingt wohl nur mit „ein bisschen Glück“. Mercedes diktiert in der Formel 1 aktuell das Geschehen, für Red Bull Racing wäre das Erwarten eines erneuten Erfolgs daher „etwas optimistisch“, wie Marko erklärte. Seine Hoffnung: Die Hitze soll das Feld durcheinandermischen.

„Aus eigener Kraft können wir es nicht gewinnen, aber es gibt Umstände wie diese unglaubliche Temperatur“, sagte der Steirer, der hofft, dass dadurch „ein paar Unwägbarkeiten ins Rennen kommen“. Eine dieser Unwägbarkeiten ist die Reifenentscheidung. In der Phase der besonders heißen Hochsommerrennen spielt diese eine noch größere Rolle als sonst. Wie vor einer Woche in Le Castellet ist auch in Spielberg eine wahre Hitzeschlacht zu erwarten. Was höchste Anforderungen an die Pneus von Pirelli stellt und die Fans wieder mit vielen offenen Fragen zurücklassen wird.

Bis zu 60 Grad Celsius Asphalttemperatur

Zuletzt in Frankreich sorgten Streckentemperaturen von 55 Grad Celsius dafür, dass der härtere Reifen im Qualifying unerwartet der schnellere war. Ähnliches ist nur wenige Tage später auf der Powerstrecke in Österreich zu erwarten, wo sich der Asphalt des Red Bull Rings aufgrund der hohen Temperaturen auf bis zu 60 Grad Celsius aufheizen könnte.

Die Reifen sind bei einem Auto die einzige Verbindung zur Straße und die taktischen Entscheidung darüber, welche wann und warum auf die Autos kommen, ist oft rennentscheidend. Aber auch verwirrend für viele Fans, die von außen oft nicht mitvollziehen können, warum manche Piloten plötzlich besser oder schlechter unterwegs sind.

Marko plädiert für weniger Reifenmischungen

Auch deshalb plädiert Marko nicht nur für eine Rückbesinnung auf alte Gummimischungen, sondern auch generell für eine Rücknahme der großen Auswahl. „Man sollte schon mehr auf den Fan eingehen und die Reifenmischungen reduzieren“, sagte der 76-Jährige und plädierte vor dem Heimrennen in Spielberg für eine Änderung. „Zwei Mischungen über die Saison sind meiner Meinung nach genug.“

2019 haben die Formel-1-Reifen unter anderem dünnere Laufflächen. Aber wieder hat Mercedes auch diese Änderung am besten verarbeitet und deshalb seinen Vorsprung auf die Konkurrenz noch ein Stück ausgebaut. „Man hat das geändert, ohne die Teams zu fragen“, sagte Marko. „Pirelli ist natürlich bedacht, keinen Imageschaden zu haben. Ist der Reifen zu weich, bildet er Blasen. Ist er aber zu hart, wird es fad, weil es keinen oder nur einen Boxenstopp gibt. Also ist unter dem Strich die Situation momentan die, dass die Rennen über die Reifen noch langweiliger geworden sind.“

Verstappen erwartet schwieriges Wochenende

Red-Bull-Pilot Verstappen, der 2018 von Ausfällen der Mercedes-Piloten Lewis Hamilton und Valtteri Bottas profitierte, weiß, dass sein Team nach acht WM-Läufen vom Grundspeed her nicht mit den Silberpfeilen mithalten kann. „Wir verlieren noch immer zu viel auf der Geraden, und in den Kurven ist es nicht so wie letztes Jahr, dass wir einen Vorteil hatten gegenüber Mercedes und Ferrari. Ich erwarte sowieso ein schwieriges Wochenende“, sagte der Niederländer. „Aber wir werden natürlich alles machen, um ein gutes Resultat zu holen am Sonntag.“

Max Verstappen (Red Bull)
APA/AFP/Srdjan Suki
Dass Verstappen seinen Vorjahressieg in Spielberg wiederholt, ist eher unwahrscheinlich

Zweimal stand der 21-jährige Niederländer heuer als Drittplatzierter auf dem Podest – eine noch bescheidene Ausbeute, wenn man bedenkt, dass Marko vor Saisonbeginn mit zumindest fünf Red-Bull-Siegen 2019 spekuliert hatte. Bei Verstappen scheint der Glaube ungebrochen, im Team arbeite man kontinuierlich an Updates. „Ich habe viel Vertrauen, dass die auch kommen in den nächsten Rennen und dass wir dann auch richtig um das Podium kämpfen können, und hoffentlich auch um den Sieg.“ Zuletzt am Sonntag gab es in Le Castellet wieder einmal Rang vier.

Spielberg bereit für Formel 1

In Spielberg ist alles bereit für das Gastspiel der Formel 1. Das Rennen am Sonntag könnte heuer ein besonders spektakuläres werden.

Motorleistung als Manko bei Red Bull

Ein Manko machte Marko offenbar punkto Motorleistung aus. Red Bull ist im ersten Jahr der Partnerschaft mit Honda, der Anschluss an Mercedes und Ferrari gelang aber noch nicht. „Mit den Updates sind wir gegenüber den anderen Motorherstellern etwas zurückgefallen“, sagte der Ehrenbürger der Stadt Graz. „Wir versuchen jetzt, mit unseren japanischen Partnern ein bisserl mehr Risiko einzugehen. Das ist halt schwierig, die haben eine andere Kultur, eine andere Denkungsweise. Aber vom nächsten Motor erwarten wir uns eine deutliche PS-Steigerung.“ Wann der kommt, ist offen.

Trotz der nicht optimalen Vorzeichen ist der Glaube an einen weiteren Triumph in Spielberg intakt. „Max holt das Double“, kündigte der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) vollmundig an. Marko pflichtete bei: „Ich schließe mich dem an. Das ist vielleicht etwas optimistisch, aber vielleicht schaffen wir das.“ Abseits von der sportlichen Action hofft man bei Red Bull auf ein Zuschauerplus. „Wir hoffen, dass wir die 200.000 Zuschauer überspringen werden“, sagte Marko.

Mit „RB7“ den Schloßberg erklommen

Das Pressegespräch vor dem Red-Bull-Heimrennen fand in einer außergewöhnlichen Location für einen solchen Anlass statt. Verstappen war kurz vor 12.00 Uhr vom Karmeliterplatz den Schloßberg hinaufgefahren, und zwar direkt in die Freilichtbühne Kasematten.

Dabei hüllte er die Umgebung in eine mächtige Geräuschkulisse, schließlich pilotierte er einen „RB7“ aus dem Jahr 2011, als der Formel-1-Sound dank V8-Motor noch um einiges brachialer daherkam. „Ich glaube, sportlich ist das eines der wertvollsten Events“, sagte Marko und berichtete von der Streckenbesichtigung mit Verstappen in der Früh. „So einen steilen Berg gibt es in ganz Holland nicht. Da hat er geschaut.“

Das damalige Weltmeistergefährt von Vettel wurde maximal in die Höhe getrimmt, um die Unebenheiten auffangen zu können. „Es war ein bisschen ‚bumpy‘, aber es war natürlich etwas Besonderes“, meinte Verstappen nach knapp einer Minute Fahrzeit.