Radfahrer Thibaut Pinot im Ziel
APA/AFP/Anne-Christine Poujoulat
Tour de France

Franzosen jubeln auf dem Tourmalet

Sensationsmann Julian Alaphilippe hat das Gelbe Trikot der 106. Tour de France auch im Hochgebirge behauptet und sich damit immer mehr zu einem echten Anwärter auf den Gesamtsieg gemausert. Der Franzose belegte am Samstag bei der Bergankunft auf dem Col du Tourmalet knapp hinter seinem Landsmann Thibaut Pinot Platz zwei. Dritter wurde der Niederländer Steven Kruijswijk.

In Schwierigkeiten geriet dagegen der Brite Geraint Thomas (Ineos). Der Vorjahressieger verlor als Etappenachter wie am Vortag im Zeitfahren wertvolle Sekunden. Thomas liegt als Gesamtzweiter nach der 14. Etappe bereits 2:02 Minuten hinter Alaphilippe (Deceuninck-Quickstep), der am Sonntag den neunten Tag hintereinander im Gelben Trikot an den Start gehen wird. Kruijswijk (Jumbo-Visma) ist mit 2:14 Minuten Rückstand Dritter.

Pech hatte der österreichische Bora-Profi Patrick Konrad, der in der Anfangsphase des 2.150 Meter hohen Schlussanstiegs einen Defekt erlitt und abreißen lassen musste. Der Niederösterreicher, der später auch körperliche Probleme einräumte, verlor am Ende mehr als zwölf Minuten und fiel vom 14. Gesamtrang aus den Top 20. Sein deutscher Teamkollege Emanuel Buchmann kam mit den Favoriten als Vierter ins Ziel und ist Gesamtfünfter (+3:12 Min.).

Tour de France: Konrad lässt Zeit liegen

Bei der Tour de France wurden auf der Pyrenäen-Etappe von Tarbes auf den Tourmalet ordentlich Höhenmeter gemacht.

Nibali lanciert ersten Angriff

Die Etappe verlief kurzweilig. Gleich nach dem Start waren der italienische Ex-Tour-Sieger Vincenzo Nibali (Bahrain) und Peter Sagan (SVK/Bora), der Führende in der Punktewertung, dem Peloton enteilt. Nach der ersten Bergwertung auf dem Cote de Labatmale (4. Kategorie/Sieger Nibali) nach 18 km gesellten sich 15 weitere Fahrer – darunter der Österreicher Marco Haller (Katjuscha) und Bergtrikot-Träger Tim Wellens (Lotto) – zum Spitzenduo, das sich drei Minuten vor dem Hauptfeld dem Anstieg zum Col du Soulor (1. Kat.) rund 60 Kilometer vor dem Ziel näherte.

Während das Peloton um Spitzenreiter Alaphilippe und Konrad die Kräfte für den Schlussanstieg auf den Tourmalet (2.150 m) bündelte und den Abstand nach vorne kontinuierlich verkürzte, konnte u. a. Haller das Tempo an der Spitze nicht mehr halten. Auf dem Gipfel des Soulor (1. Wellens) umfasste die Spitzengruppe nur noch Wellens, Nibali und Elie Gesbert (FRA/FDJ). Auch das Hauptfeld war am Ende des zwölf Kilometer langen Anstiegs auf 30 Mann geschrumpft. Nach Haller, der durchgereicht wurde, waren auch Lukas Pöstlberger, der während der Rundfahrt erstmals Vater wurde, und Gregor Mühlberger (beide Bora) zurückgefallen.

Showdown auf dem Tourmalet

Alaphilippe und Konrad passierten die zweite Bergwertung 1:50 Minuten hinter der dreiköpfigen Spitze, die nach der Abfahrt wieder auf acht Mann anwuchs. Trotzdem schmolz der Vorsprung auch im folgenden Flachstück – 35 km vor dem Ziel – erstmals unter eine Minute. Vier Kilometer vor Beginn des Schlussanstiegs war es um sechs der nun acht Ausreißer geschehen, später auch um Gesbert und den Franzosen Romain Sicard, die noch einmal attackiert hatten und erst mitten im Anstieg zum Tourmalet als letzte Fahrer der Fluchtgruppe ein- und überholt werden konnten.

14 Kilometer vor dem Gipfel musste Konrad wegen eines Defekts die Favoritengruppe ziehen lassen. Der 27-Jährige fuhr in der Folge seinen eigenen Rhythmus – verlor aber viel Zeit, während vorne das Tempo hoch gehalten und immer mehr prominente Fahrer abgehängt wurden. Der kolumbianische Tour-Mitfavorit Nairo Quintana (Movistar) verlor zehn Kilometer vor dem Gipfel den Anschluss und damit endgültig alle Chancen auf seinen ersten Gesamtsieg bei der Frankreich-Rundfahrt.

„Es ist unglaublich“

Dagegen fuhren der Gesamtführende Alaphilippe und sein Verfolger Thomas noch Rad an Rad den Tourmalet hinauf. Der Franzose kämpfte sichtlich, ließ aber nicht locker – letztlich ließ er Thomas, der auf dem letzten Kilometer abriss, sogar hinter sich und baute seine Gesamtführung noch aus. Der Attacke seines Landsmanns Pinot 500 Meter vor dem Ziel wollte Alaphilippe offenbar nichts mehr entgegensetzen, das Gelbe Trikot blieb aber in seinem Besitz.

„Es ist unglaublich“, sagte Alaphilippe. „Der letzte Anstieg war Vollgas, ich habe nur starke Fahrer um mich herum gesehen. Am Ende war ich wirklich glücklich, dieses Gelbe Trikot verteidigt zu haben.“ Auch Tagessieger Pinot jubelte: „Der Tourmalet ist mythisch, ich bin glücklich.“

Radfahrer Julian Alaphilippe
AP/Thibault Camus
Alaphilippe mausert sich zum Favoriten auf den Sieg bei der 106. Tour de France

Körperliche Probleme bei Konrad

Konrad hat nach der Etappe seinen Rückfall bei Weitem nicht nur seinem technischen Problem zugeschoben. „Der Körper hat mir heute einfach meine Grenzen aufgezeigt“, schilderte der Niederösterreicher. Schon am ersten Anstieg hätte er Mühe gehabt, mit den Besten mitzuhalten. „Am Tourmalet ist es mir dann ganz schlecht gegangen.“

Konrad spürt laut eigenen Angaben immer noch die Folgen eines Zusammenpralls in der ersten Tour-Woche. „Die Rippenprobleme sind die letzten Tage nicht besser geworden.“ An einem so schwierigen Tag wirke sich das besonders aus. „Wenn da ein paar Prozent fehlen, kann man nicht mit den Besten der Welt mitfahren. Heute habe ich neue Grenzen kennengelernt.“ Für seinen deutschen Teamkollegen Emanuel Buchmann freute sich Konrad. „Emanuel ist jetzt unter den ersten fünf. Da ist natürlich ganz klar, dass wir das heimbringen müssen.“

106. Tour de France

14. Etappe

Tarbes - Tourmalet (117,5 km/BAK):
1. Thibaut Pinot FRA 3:10:20
2. Julian Alaphilippe FRA + 0:06
3. Steven Kruijswijk NED -"-
4. Emanuel Buchmann COL 0:08
5. Egan Bernal COL -"-
6. Mikel Landa ESP 0:14
7. Rigoberto Uran COL 0:30
8. Geraint Thomas GBR 0:36
9. Warren Barguil FRA 0:38
10. Jakob Fuglsang DEN 0:53
17. Nairo Quintana COL 3:24
39. Gregor Mühlberger AUT 12:39
40. Patrick Konrad AUT -"-
134. Lukas Pöstlberger AUT 24:24
147. Marco Haller AUT 26:21

Gesamtwertung

Stand nach 14 von 21 Etappen:
1. Julian Alaphilippe FRA 56:11:29
2. Geraint Thomas GBR + 2:02
3. Steven Kruijswijk NED 2:14
4. Egan Bernal COL 3:00
5. Emanuel Buchmann GER 3:12
6. Thibaut Pinot FRA -"-
7. Rigoberto Uran COL 4:24
8. Jakob Fuglsang DEN 5:22
9. Alejandro Valverde ESP 5:27
10. Enric Mas ESP 5:38
22. Patrick Konrad AUT 17:13
38. Gregor Mühlberger AUT 43:04
134. Lukas Pöstlberger AUT 2:08:43
160. Marco Haller AUT 2:22:14