Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger, 2012
Reuters/Thomas Peter
Chronik

WM 2006: Ehemalige DFB-Bosse angeklagt

Die Schweizer Bundesanwaltschaft hat am Dienstag in der Affäre um die Fußball-WM 2006 in Deutschland Anklage gegen die früheren DFB-Funktionäre Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt erhoben. Das Verfahren gegen den damaligen WM-Organisationschef Franz Beckenbauer wird separat weitergeführt.

Zwanziger und Schmidt sowie dem früheren FIFA-Generalsekretär Urs Linsi wird Betrug in Mittäterschaft vorgeworfen. Niersbach, wie Zwanziger später als DFB-Präsident im Amt, wird die Gehilfenschaft zu Betrug angelastet, wie die Behörde am Dienstag mitteilte. Eingestellt wurde im Juli laut Bundesanwaltschaft das Verfahren wegen des Verdachts auf Geldwäscherei. Die Beschuldigten haben die Vorwürfe stets zurückgewiesen.

Der Anklage sieht Zwanziger ohne Sorgen entgegen, er beklagt das Handeln der Strafverfolger. „Ich mache mir um diesen Vorgang gar keine Gedanken, weil er mit rechtsstaatlichem Vorgehen nichts zu tun hat“, sagte der 74-Jährige Zwanziger der dpa. „Auch Unsinn hat seinen Marktwert. Die Schweizer Ermittler sind Getriebene, die Millionen für Ermittlungen in den Sand gesetzt haben.“

Anklage gegen Niersbach und Schmidt

13 Jahre nach der Weltmeisterschaft in Deutschland wurde Anklage gegen ehemalige DFB-Funktionäre erhoben. Ihnen wird Betrug im Zusammenhang mit der WM-Vergabe vorgeworfen.

„Das Ganze ist lächerlich“

Die Schweizer Behörden würden einen Vorgang zur Anklage bringen, der in Deutschland „längst verjährt“ sei, kritisierte Zwanziger und nannte die Anklage „blindwütiger Eifer“: „Das Ganze ist lächerlich und unter der Würde einer seriösen Strafverfolgungsbehörde.“

Niersbach wies die Vorwürfe erneut zurück. „Es ist bezeichnend für dieses unsägliche Verfahren, dass man als Betroffener nach über drei Jahren erfahren muss, dass Anklage erhoben wird“, teilte er in einem schriftlichen Statement mit. „Materiell kann ich nur wiederholen, dass die erhobenen Vorwürfe völlig haltlos sind“, sagte Niersbach.

Beckenbauers Verfahren abgetrennt

Das Verfahren gegen den damaligen WM-Organisationschef Franz Beckenbauer war im Juli abgetrennt worden. Als Grund nannte die Bundesanwaltschaft dessen Gesundheitszustand, der „nach derzeitiger Prognose eine Teilnahme oder Einvernahme an der Hauptverhandlung vor Bundesstrafgericht (BStGer) nicht zulässt.“

Franz Beckenbauer
APA/AFP/Sascha Schuermann
Der Gesundheitszustand der deutschen Fußballlegende Franz Beckenbauer lässt laut Bundesanwaltschaft keine Einvernahme zu

In dem Verfahren geht es um die nicht geklärten Zahlungen von 6,7 Millionen Euro aus den Jahren 2002 und 2005. Beckenbauer hatte vom Unternehmer Robert Louis-Dreyfus einen Kredit in dieser Höhe erhalten. Das Geld floss auf Konten des damaligen FIFA-Funktionärs Mohammed Bin Hammam. Die Rückzahlung drei Jahre später wurde von einem DFB-Konto über die FIFA abgewickelt.

Verjährung möglich

Um die Rückzahlung zu ermöglichen, hätten die Beschuldigten gegenüber dem Präsidialausschuss des WM-OK den Vorgang „wahrheitswidrig als einen Mitfinanzierungsbeitrag des DFB bzw. des OK WM 2006 an die FIFA- Auftaktveranstaltung der WM 2006“ ausgewiesen, schrieb die Bundesanwaltschaft in einer Mitteilung. Um eine Verjährung zu verhindern, muss bis April 2020 ein erstinstanzliches Urteil gefällt werden.

In der Affäre um das „Sommermärchen“ 2006 hatten die früheren DFB-Präsidenten Niersbach und Zwanziger sowie der ehemalige Generalsekretär Schmidt im vergangenen Oktober einen juristischen Erfolg erzielt. Die Staatsanwaltschaft hatte alle drei wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung angeklagt. Das Landgericht Frankfurt lehnte die Eröffnung eines Hauptverfahrens gegen das Trio ab. Es habe keinen hinreichenden Tatverdacht gesehen, hieß es.