Thomas Zajac
ORF.at/Thomas Hangweyrer
Segeln

Olympiadritter Zajac plant nächsten Coup

Thomas Zajac ist der bisher letzte männliche Athlet, der bei Olympischen Sommerspielen eine Medaille für Österreich geholt hat. Gemeinsam mit Tanja Frank ergatterte der Segler 2016 in Rio die Bronzemedaille in der Nacra-17-Klasse. Mit Neopartnerin Barbara Matz greift der 33-Jährige 2020 in Tokio an. Ein Jahr vor den Spielen sprach Zajac im Interview mit ORF.at über die Bedingungen in Tokio und die Situation im heimischen Sommersport.

Nach der einvernehmlichen Trennung von Vorschoterin Frank, die seit 2017 als Steuerfrau in der 49erFX-Klasse mit Lorena Abicht segelt, holte sich Zajac die 21-jährige Nachwuchshoffnung Matz an Bord. Das Nacra-17-Duo gewann zweimal die Kieler Woche und sicherte sich – wie Frank/Abicht – einen Quotenplatz für Olympia.

Das Duo pendelt in diesen Monaten zwischen Tokio und der Heimat, um sich für das Saisonhighlight kommendes Jahr vorzubereiten. Die speziellen Bedingungen erfordern eine besondere Vorbereitung.

ORF.at: Sie sind vergangene Woche aus Tokio zurückgekehrt und fliegen am Wochenende wieder nach Japan. Welchen Eindruck haben Sie vom Olympiarevier vor Enoshima gewonnen?

Thomas Zajac: Wir hatten bereits vergangenes Jahr unseren ersten Stopp in Tokio und wissen seither, dass Enoshima ein sehr vielfältiges Revier ist. Damals sind alleine zwei Taifune durchgezogen, die für uns Segler Bedingungen bringen, die wir nirgends haben, nämlich riesige Wellen. Wir waren im vergangenen Winter deswegen in Uruguay, um ähnliche Bedingungen vorzufinden. In Tokio vertrauen wir auch wieder auf eine Meterologin. Im Mai macht es etwa mehr Sinn zu trainieren als im Juni, weil da Regensaison herrscht. Wir waren drei Wochen im Juli dort, jetzt sind wir im August, wenn auch die Spiele sind, vor Ort und werden auch im September noch einmal dort trainieren.

Thomas Zajac
ORF.at/Thomas Hangweyrer
Zwischen seinen Tokio-Gastspielen stattete der Olympiadritte von 2016, Thomas Zajac, ORF.at einen Besuch ab

ORF.at: Wie unterscheidet sich Tokio von Rio in der Vorbereitung?

Zajac: Kultur, Menschen und Klima sind einfach anders, das ist eine große Umstellung. Es herrscht dort eine andere Hitze als hier, du schwitzt sofort, wenn du die Unterkunft verlässt. Es erdrückt dich fast. Das muss du gewohnt sein. Es ist gewinnbringend, so oft wie möglich vorher dort zu sein und nicht erst alles kennenzulernen, wenn die Olympischen Spiele beginnen. Zudem hat jedes Segelrevier seine Spezialitäten. Die wollen wir so gut kennen, dass wir quasi zu Hause sind. In Rio hatten wir viel mehr Segelstunden, denn dort konnten wir das gesamte Jahr trainieren. In Tokio gibt es Winter, es gibt Regen- und Taifunsaisonen. Wir haben ein kurzes Zeitfenster, jede Stunde zählt.

ORF.at: Vor allem weil Sie mit Barbara Matz eine neue und junge Partnerin an Ihrer Seite haben. Wie zufrieden sind Sie mit ihrer Entwicklung?

Zajac: Wir haben kurz vor Barbaras Matura zusammengefunden, da mussten wir im ersten Jahr noch Halbgas geben, seither ist sie beim Bundesheer und eine Vollblutsportlerin. Sie hat sehr schnell in dieses Team hineingefunden. Es war für sie ein Sprung ins kalte Wasser, weil sie zuvor in einer Jugenddisziplin war. Meistens brauchst du um die acht Jahre, um dich mit den Besten auf Olympianiveau messen zu können. Diese Entwicklungsphase hat man ihr genommen. Der Druck ist groß, aber den ersten großen Test, die WM in Aarhus, haben wir bestanden, weil wir uns gleich für Olympia qualifiziert haben. Sie ist damit toll umgegangen, und ich hoffe, das behält sie so bei.

ORF.at: Was können Sie ihr über Olympia berichten?

Zajac: Es ist eine ganz normale Regatta, aber auf der anderen Seite vertrittst du dein Land. Die Spiele sind nur alle vier Jahre, vielleicht hast du nur eine Chance und hast alles danach ausgerichtet. Es kann die beste oder schlimmste Woche deines Lebens sein. Aber am Ende musst du so segeln wie immer. Viele scheitern an dem Druck. Der kann dich aber auch beflügeln, wie es bei mir der Fall war. Du darfst nur nicht über das Ziel hinausschießen. Barbara ist jung, hat aber öfter weniger jugendlichen Leichtsinn als ich (lacht). Wir haben ihr auf der einen Seite Zeit gegeben, brauchten aber auch Ergebnisse. Aber es passt sehr gut, denn sie ist jung, ich habe Routine, wir tauschen uns aus, und so hoffen wir, dass sich das zu etwas sehr Gutem entwickelt.

ORF.at: Was wäre etwas sehr Gutes?

Zajac: Wir haben noch ein Jahr Zeit. Aus Sportlersicht ist das eine sehr kurze Zeit, aber wir müssen in diese noch viel reinpacken. Wir sind im Vergleich zu Rio ein Jahr vor den Spielen woanders als jetzt. Die Ergebnisse mögen ähnlich sein, aber die Lücke zu zwei, drei anderen Teams ist ein wenig größer als vor Rio. Damals waren es nur die Franzosen, die komplett dominiert haben, aber auch komplett nachgelassen haben. Hier müssen wir die Lücke noch schließen. Wir nähern uns. Wir sind aber eines der wenigen Teams, die neu zusammengestellt sind.

Thomas Zajac und Barbara Matz
GEPA/Mathias Mandl
Thomas Zajac und Barbara Matz bereiten sich auf die Olympischen Spiele in Tokio vor

ORF.at: Die 2016 bei Olympia neu aufgenommene Nacra-17-Klasse ist nun foilend, der Rumpf wird bei hohen Geschwindigkeiten aus dem Wasser gehoben. Wie groß ist der Unterschied zu vorher?

Zajac: Das foilende Boot belastetet die Mannschaft, den Körper und das Material um ein Vielfaches als das semifoilende Boot. Die Mädels müssen noch eine Spur tougher sein, die Verletzungsgefahr ist größer, und auch das Material müssen wir viel früher aussortieren. Alle Kräfte wirken viel mehr ein. Es ist auch anstrengender, man wird müder. Die muss man alle einkalkulieren. Vorschoterin und Steuermann müssen noch mehr zusammenspielen.

ORF.at: Der Segelverband holte die bisher letzte österreichische Medaille bei Sommerspielen und 2000 sowie 2004 insgesamt drei Goldmedaillen. Warum funktioniert der Segelsport in Österreich?

Zajac: Wir Segler stehen nur alle vier Jahre im Mittelpunkt, aber auch im Jahr nach Olympia waren wir extrem erfolgreich, da haben die Jungen den Hype nach Rio mitgenommen. Der Segelverband hat für sich ein Mikrosystem aufgebaut und war damit erfolgreich. Es ist dann auch immer jemand nachgekommen, wir haben uns die Gegner im eigenen Lager aufgebaut, das ist unser Anspruch, so werden wir auch gefordert. Ich habe die größten Karrieresprünge gemacht, wenn vorher etwas nicht geklappt hat.

ORF.at: Sie haben sich gegenüber dem „Standard“ 2018 kritisch über die Wahrnehmung österreichischer Sommersportler bei den Spielen 2016 geäußert. Welche Reaktion wünschen Sie sich 2020?

Zajac: Wir sind viel unterwegs, sprechen mit vielen Athletinnen aus anderen Verbänden. Es gibt Länder, da steht die Nation hinter den Sportlern und sieht sie als Testimonial für das eigene Land – unabhängig von den Medaillen. Natürlich will man ganz oben stehen, jeder bereitet sich so gut es geht darauf vor. Alleine schon der Weg ist extrem schwer. Du musst schon Weltklasse sein, um dort zu starten. Wenn das Land dann auf dich stolz ist und würdigt, dass du es überhaupt bis dorthin geschafft hast, wäre das ein großer Schritt in die richtige Richtung. Es wäre schön, wenn die Nation auch hinter dem Sommersport steht. Der Wintersport hat da weniger ein Problem.

ORF.at: Wie bewerten Sie allgemein die Situation des Sommersports in Österreich im Jahr 2019?

Zajac: Es geht in die richtige Richtung, wir kriegen immer bessere Förderungen. Das Projekt Rio war schon ein wichtiger Schritt. Es ist wichtig, dass die Politik langfristig und nicht in Legislaturperioden denkt. Ich hoffe, dass der Sport wieder ein eigenes Ministerium bekommt. Es soll jemanden geben, der für uns Leistungssportler kämpft und den Anspruch hat, immer besser zu werden. Wir Sportler haben diesen auch, aber erst wenn die Rahmenbedingungen passen, kann wirklich etwas Gutes dabei herausschauen.

ORF.at: Wo befindet sich eigentlich Ihre Bronzemedaille, und spiegelt sie die beste Woche ihres Lebens wider?

Zajac: Ich wollte mir einen Schrein bauen, kam aber nicht dazu (lacht). Ich glaube, die beste Zeit meines Lebens war vor dieser Medaille. Das habe ich erst danach erkannt. Ich habe vor den Spielen 2016 gesagt, dass ich beim Gewinn einer Medaille aufhören würde. Ich bin nicht nur wegen einer Medaille gesegelt. Deswegen wollte ich noch eine Olympiakampagne dranhängen, und es ist vielleicht nicht die letzte.