Außenansicht des Khalifa-Stadions in Doha (Katar)
Reuters/Fabrizio Bensch
Leichtathletik

WM im größten Kühlschrank der Welt

Ausgerechnet inmitten der Klimadebatten veranstaltet der Leichtathletik-Weltverband (IAAF) in Doha eine WM, bei der man über den Energieverbrauch erst gar nicht nachdenken sollte. Temperaturen um die 40 Grad Celsius und ein Stadion, das zehn Tage lang auf 26 Grad heruntergekühlt wird. Dazu Ausdauersportler, die eine Kapsel schlucken können, um die Auswirkungen der Hitze auf ihren Körper zu messen.

„Die Tatsache, dass es die erste Weltmeisterschaft im Nahen Osten ist, ist enorm aufregend“, sagte Sebastian Coe, der am Mittwoch auf dem Kongress in Doha einstimmig als IAAF-Präsident wiedergewählt wurde. Gegenkandidaten hatte der 62-jährige Brite keinen. „Das bedeutet auch, dass wir Dinge anders machen können und sollten. Es bietet die Möglichkeit zu überdenken, was in angemessener Weise für ein neues Format geeignet ist, das die Zuschauer im Stadion und auf der Welt anzieht“, sagte Coe.

Seit der überraschenden Vergabe der Titelkämpfe an Doha vor fünf Jahren – die Gegenkandidaten waren Barcelona und Eugene in den USA – war klar, dass sich die Athleten auf ungewöhnliche Verhältnisse einstellen werden müssen, zumal die Wettkämpfe zu einer Jahreszeit stattfinden, wo die Sportler eigentlich schon im Urlaub sind. Wegen der extremen Hitze starten die Marthonläufer und Geher ihre Wettkämpfe erst um Mitternacht, das heißt 22.59 Uhr österreichischer Zeit, müssen sich aber dennoch bei Temperaturen von 30 bis 35 Grad bewähren, zudem ist die Luftfeuchtigkeit dieser Tage enorm hoch.

Letzte Vorbereitungen im Khalifa-Stadion in Doha (Katar)
AP/Martin Meissner
Während der WM soll die Temperatur im Khalifa International Stadium auf 26 Grad heruntergekühlt werden

Stadion wird auf 26 Grad heruntergekühlt

Um den Läufern, Springern und Werfern sowie in drei Jahren auch den Fußballern bei der WM im Wüstenstaat den Kampf um Sieg und Medaillen in dem Wüstenstaat mit Außentemperaturen um 40 Grad Celsius erträglicher zu machen, kann der Innenraum des Khalifa International Stadiums auf 26 Grad abgekühlt werden. Die Klimaanlage soll laut den katarischen Veranstaltern überwiegend durch erneuerbare Energie wie Solarzellen betrieben werden. Eine 70-prozentige Überdachung unterstützt den Kühlungseffekt.

Dabei sei die Hitze weniger das Problem als das hohe Erkältungsrisiko, wenn sich die Athleten zwischen klimatisierten Hotels, Bussen und Stadionräumen bewegen. Auch der ehemaligen Stabhochsprung-Weltmeister Raphael Holzdeppe sagte: „Die Wettkämpfe werden erst ab 17.30 Uhr stattfinden. Dann sind es in Doha um die 32 Grad, da war es in Deutschland bei manchen Wettkämpfen schon deutlich wärmer.“ Und hinsichtlich Energieverbrauch ergänzte die deutsche Weitsprung-Europameisterin Malaika Mihambo: „Man könnte das Stadion auch weniger heruntertemperieren, dann würde man weniger Energie verbrauchen.“

Die gigantische Klimaanlage im Khalifa-Stadion in Doha (Katar)
AP/Martin Meissner
Über große Öffnungen am Rande der Laufbahn wird kalte Luft in das Stadion eingeblasen

Hitzepille mit Chip für Sportler

Trotz aller Vorkehrungsmaßnahmen wird der Körper der Sportler auf eine enorme Belastungsprobe gestellt. Der Weltverband IAAF plant deshalb einen Hitzekongress mit Blick auf die Olympischen Sommerspiele im nächsten Jahr in Tokio, wo die Bedingungen aufgrund der extremen Luftfeuchtigkeit vielleicht sogar noch schlimmer werden könnten. Dabei geht es um eine neue Methode, wie der Zustand des Athleten kontrolliert werden kann – mit einer Art elektronische Hitzepille mit Chip, die geschluckt wird.

„Es ist eine Kapsel. Die misst die Körperkerntemperatur und zeigt, wie der jeweilige Athlet unter Belastung reagiert“, sagte Idriss Gonschinska, der Generaldirektor des Deutschen Leichtathletik-Verbands. „Wir wissen, dass bei hoher Hitze die Kerntemperatur im Körper steigt. Es kann eine hohe Schweißbildung und Natriumausschüttung in hohen Mengen sowie Störungen bis hin in Regelkreise (Blutdruck, Körpertemperatur, Anm.) geben.“

Korruptionsfall Diack als IAAF-Altlast

Abseits der Wettkämpfe werden in Doha auch wieder Erinnerungen an Coe-Vorgänger Lamine Diack als IAAF-Präsident wach. Der heute 86-jährige Senegalese steht seit vier Jahren in Paris unter Hausarrest, und nach vier Jahren hat die französische Justiz soeben die 90-seitige Anklageschrift gegen ihn und seinen Sohn Papa Massata vorgelegt. Wann Prozessbeginn ist, steht aber noch nicht fest.

Es geht um Korruption, Bestechung und Geldwäsche, darum, dass einer der einst mächtigsten Sportfunktionäre der Welt für die Vertuschung von positiven Dopingproben Bares erpresst haben soll. Und dass 2014 die Wahl Dohas als diesjähriger WM-Ort durch Millionenzahlungen auf ein Konto der Sportvermarktungsfirma von Papa Massata Diack mutmaßlich begünstigt worden sein könnte.